Hamburg. Viele Objekte lassen sich derzeit nicht vermarkten, sie sind zu teuer. Wie die Verkäufer jetzt versuchen, sie trotzdem loszuschlagen.
- Käufer für Neubauwohnungen verzweifelt gesucht
- Makler locken mit reduzierten Kaufpreisen und subventionierten Finanzierungszinsen
- Warum Käufer aktuell rar sind
Neugebaute Eigentumswohnungen lassen sich in Hamburg nur noch schwer verkaufen. Bereits fertiggestellte Objekte stehen oft monatelang leer, weil sich kein Käufer findet. Das Angebot an bezugsfertigen Wohnungen wächst dennoch weiter. Denn jetzt kommen Objekte auf den Markt, die angeschoben wurden, als die Zinsen von Immobilienkrediten noch niedrig und die Interessenten zahlreich waren. Die Folge des Baubooms in der Niedrigzinsphase ist ein Überangebot an Eigenheimen, die sich kaum noch jemand leisten kann oder will.
Das setzt Makler und Projektentwickler gehörig unter Druck. Sie müssen sich etwas einfallen lassen, um die Ladenhüter doch noch an die Frau oder den Mann zu bringen. Die Anbieter locken mit massiv reduzierten Kaufpreisen und subventionierten Finanzierungszinsen, sie spendieren eine Kücheneinrichtung oder übernehmen die Grunderwerbsteuer, die eigentlich der Käufer zahlen müsste. Doch selbst solche verkaufsfördernden Zugeständnisse und Geschenke helfen nicht immer.
Immobilien Hamburg: Käufer für Neubauwohnungen verzweifelt gesucht
An der Ecke Tönninger Weg und Langelohstraße in Osdorf steht der Neubau Tönninger Duo. Die 23 Wohnungen sind einzugsbereit. Doch neun davon sind noch nicht verkauft. Vor rund einem Monat schrieb der Vermarkter des Neubauprojekts, die Immobilien Projekt Marketing (IPM), an interessierte Kunden: „Die Kaufpreise für die Eigentumswohnungen am Tönninger Duo werden signifikant reduziert.“
Je nach Wohnung liegen die Preisabschläge zwischen sechs und 17 Prozent. Eine Zweizimmerwohnung mit rund 70 Quadratmetern Wohnfläche kostet jetzt 539.000 Euro statt vorher 619.000 Euro. Das Penthouse mit 143 Quadratmetern Wohnfläche wird jetzt für 250.000 Euro weniger angeboten als zuvor – es kostet „nur noch“ 1.249.000 Euro.
„Wir haben jetzt eine größere Nachfrage, so eine Preisreduzierung zeigt schon Wirkung“, sagt Björn Bahnsen von IPM. Doch alle neun Wohnungen sind immer noch „verfügbar“, wie es auf der Angebotsseite heißt. Das Wort „reserviert“ steht hinter keinem der Objekte. Das ist meist dann der Fall, wenn es einen Kaufinteressenten gibt, der sich gerade um eine Finanzierung bemüht.
Wer später kauft, hat größere Chancen auf Preisnachlässe
Doch die Finanzierung ist für Kaufwillige derzeit besonders schwierig, weil die Zinsen eben nicht mehr bei einem Prozent liegen, sondern eher bei 3,50 bis 4,00 Prozent. „Die Abschlüsse für Neubauten sind bei uns deutlich weniger geworden“, sagt Frank Lösche, Baufinanzierungsberater beim Baugeldvermittler Dr. Klein in Hamburg. „Von zehn vermittelten Abschlüssen entfällt vielleicht einer auf einen Neubau. Der ist deutlich teurer als Bestandsobjekte und für viele durch die gestiegenen Zinsen nicht mehr finanzierbar.“
Preisreduzierungen waren der Branche bis zum Beginn der Immobilienkrise praktisch unbekannt. In der Regel lief es so: Kaum hatte die Vermarktung der Neubauten begonnen, setzte der Ansturm der Kaufwilligen ein. Bei niedrigen Zinsen konnten sie auch hohe Kaufpreise finanzieren. Für die Vermarkter war eine hohe Nachfrage ein sicheres Indiz, dass die Preise sogar noch erhöht werden können. Belohnt wurde, wer früh und noch vor dem Baustart kaufte, Spätentschlossene mussten für die letzten Einheiten in einem Projekt nicht selten draufzahlen. Jetzt läuft es oft umgekehrt: Wer lange wartet, hat die Chance, dass der Preis gesenkt wird.
Trotz Preissenkungen: Seit Monaten keine Wohnung verkauft
Doch Preisreduzierungen sind kein Allheilmittel. Seit mehr als zwei Jahren wird beispielsweise die Villa am Park in Groß Borstel von Icon Immobilien vermarktet. Anfang August 2023 gab es Preisreduzierungen von bis zu 18 Prozent für die sechs exklusiven Wohnungen. Zwei davon konnten danach verkauft werden. Doch die restlichen Objekte, Wohnungen zum Preis zwischen 1,2 und 1,6 Millionen Euro, warten noch immer auf neue Eigentümer. Für eine Wohnung mit knapp 140 Quadratmetern werden statt 1.649.000 jetzt 1.345.000 Euro aufgerufen, also gut 300.000 Euro weniger.
Auch wenn es nicht um Millionenprojekte geht, sind Preisreduzierungen kein Selbstläufer, wie sich beim Objekt Habichthorst in Niendorf zeigt. Die Vermarktung der sechs Eigentumswohnungen (72 bis 113 Quadratmeter) begann bereits im Sommer 2021. Drei Wohnungen konnten noch vor der Immobilienkrise verkauft werden. Mitte August 2023 gab es dann Preissenkungen von bis zu 70.000 Euro. Doch noch immer sind die anderen drei Wohnungen verfügbar.
Behrendt übernahm für Käufer Grunderwerbsteuer und kurbelte Verkauf an
Andere Anbieter gehen andere Wege. So bietet die Sparda Bank derzeit Ferienwohnungen auf Fehmarn mit einem ermäßigten Finanzierungszins von knapp zwei Prozent an, also deutlich unter den marktüblichen Konditionen. In Othmarschen hingegen soll ein Gutschein Käufer locken. Elf Stadthäuser des Projekts 11 Freunde für Kaufpreise von rund 1,5 Millionen Euro warten in dem Stadtteil bereits seit Herbst 2023 auf Käufer. Lediglich ein Haus ist bisher von Hanseatic Living Estates verkauft. Bis Mitte März wurde den ersten drei neuen Käufern ein Gutschein für eine Kücheneinrichtung im Wert von 20.000 Euro angeboten. Gemessen am Kaufpreis eine eher bescheidene Draufgabe. Fraglich ist, ob sie ausreicht, um die teuren Reihenhäuser zu verkaufen.
Erfolgreicher agierte da der Hamburger Projektentwickler Behrendt. Seit Frühjahr 2023 sind die 20 Wohnungen des Projekts 371 Barmbek-Süd fertiggestellt. Um Käufer anzulocken, übernimmt Behrendt die Grunderwerbsteuer in Höhe von 5,50 Prozent beim Kauf der Immobilie. Bis auf zwei kleine Zweizimmerwohnungen sind inzwischen alle Einheiten verkauft. Die Aktion mit der Grunderwerbsteuer gilt noch. Bei der 59 Quadratmeter großen Wohnung für 599.000 Euro bedeutet sie immerhin eine Ersparnis von rund 33.000 Euro Kaufnebenkosten.
Schon der zweite Makler versucht sich an dem Projekt Louise in Barmbek
An den 63 Wohnungen in Barmbek mit dem Projektnamen Louise dagegen versucht sich jetzt mit Grossmann & Berger schon das zweite Maklerunternehmen. Bei diesem Objekt gab es leichte Preisreduzierungen. Erst 19 Einheiten sind verkauft. Im Oktober 2023 waren es 14, also wird etwa pro Monat eine Wohnung verkauft. Nicht verwunderlich bei Quadratmeterpreisen von rund 9000 Euro. Im Frühjahr sollen die Wohnungen bezugsfertig sein.
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Detailliert möchte Grossmann & Berger nicht über die Vermarktung einzelner Projekte sprechen. Stattdessen heißt es in einer Stellungnahme: „Bereits im Jahr 2023 stellten wir eine deutliche Abnahme der gestarteten Neubau-Eigentumsprojekte fest. Dieser Rückgang wird sich weiter fortsetzen.“ Das soll offenbar heißen: Da künftig weniger neue Wohnungen auf den Markt kommen, werde sich das Problem des Überangebots mit der Zeit wohl selbst erledigen.
Auch bei dem Projekt Eimslinde in Eimsbüttel läuft es für Grossmann & Berger nicht gut. Binnen vier Monaten wurde gerade mal eine Wohnung verkauft. Neun kleine Wohnungen zu Preisen zwischen 459.000 und 529.000 Euro sind noch verfügbar.
Ein Quadratmeter Wohnfläche kostet jetzt 5600 statt 6600 Euro
Noch schwieriger ist der Verkauf von Neubauwohnungen außerhalb Hamburgs, etwa bei dem Behrendt-Projekt Reinlage in Rellingen. Von den 53 Wohneinheiten waren im Oktober 2023 noch 22 verfügbar. Das Unternehmen setzte zunächst auf den Faktor Zeit, weil die Fertigstellung erst für den Sommer 2024 geplant ist. Doch inzwischen hat Behrendt eine andere Strategie eingeschlagen und die Preise um rund 15 Prozent reduziert. Statt 6600 Euro kostet der Quadratmeter Wohnfläche jetzt 5600 Euro. Weitere neun Wohnungen konnten seit Oktober 2023 verkauft werden, 13 sind trotzdem noch verfügbar.
Behrendt räumt offen ein, dass der Markt jetzt so schwierig geworden ist, dass man bei Neubauprojekten nicht wisse, wie hoch ein für Käufer akzeptabler Preis sein kann. „Wir testen und wollen herausfinden, was der Markt akzeptiert“, sagt Jan Philip Werner, Vertriebsleiter bei Behrendt. Da man das Unternehmen wetterfest aufgestellt habe, könne man sich das leisten. „Wir sind erst mal auf einen Preis gegangen, den wir von unserer Seite noch für möglich halten. Aber das muss nicht so bleiben. Der Preis kann auch wieder steigen, je nachdem wie der Markt reagiert“, sagt Werner.
Beim bezugsfertigen Projekt Rosenredder von Bonava in Uetersen mit 36 Einheiten warten noch zehn Wohnungen auf Käufer. „Um Familien angesichts der erschwerten Finanzierungssituation den Einstieg zu erleichtern, haben wir für eine Aktion die größeren Wohnungen im Quartier ausgewählt. Die Sparaktion bietet den Käufer-Familien einen Preisvorteil, wenn sie bis zum 31. März 2024 kaufen“, sagt eine Firmensprecherin. Die Höhe des Nachlasses wird nicht beziffert, dürfte aber bei zehn bis 15 Prozent liegen. So kostet jetzt eine 103 Quadratmeter große Wohnung rund 400.000 Euro.
Immobilien Hamburg: Im Umland sind Neubaupreise bis zu 25 Prozent gefallen
Während bei Bestandsbauten Preisreduzierungen beim Verkauf inzwischen die Regel sind, argumentierte die Branche lange, dass das im Neubaubereich gar nicht möglich sei. „Doch es hat auch bei Neubauten Preisabschläge von 10 bis 15 Prozent gegeben, um den Absatz anzukurbeln“, sagt ein Branchenkenner. Das zeigt auch die breite Marktentwicklung, die über Einzelbeispiele hinaus geht.
Nach den Daten des Immobiliendienstleisters Empirica AG sind die Angebots-Neubaupreise seit dem zweiten Quartal 2022 in Hamburg und dem Umland überwiegend gefallen. So verbilligten sich neue Eigentumswohnungen in Hamburg um 4,30 Prozent. Bei neuen Einfamilienhäusern beträgt der Abschlag sogar 10,7 Prozent.
Die größten Preisabschläge gab es bei Häusern in den Kreisen Steinburg (25 Prozent), Lüneburg (15,6 Prozent) und Herzogtum Lauenburg (14,7 Prozent). Bei Eigentumswohnungen fallen die Preisrückgänge etwas niedriger aus. Deutlich günstiger wurden neue Wohnungen in den Kreisen Steinburg (17,4 Prozent), Segeberg (10,3 Prozent) und Harburg (9,1 Prozent).