Hamburg. Beim Taxi weiß der Fahrgast immer erst am Ziel, was der Service kostet. Das soll sich nun ändern. Nicht zuletzt wegen Moia & Co.
Beim Abschied vom Verbrennermotor gilt die Hamburger Taxibranche bundesweit als Vorreiter. Bereits etwa jeder fünfte der knapp 3000 Wagen umfassenden Flotte in der Hansestadt wird von einem Elektromotor angetrieben. Alles andere als zeitgemäß ist das Gewerbe dagegen in Sachen Preistransparenz unterwegs. Beim Taxi weiß der Fahrgast immer erst am Ziel, was der Service kostet. Das soll sich nun ändern.
Die Verkehrsbehörde bereitet gemeinsam mit der Branche die Einführung von Taxifahrten zum Festpreis vor. Der Vorteil für die Kunden ist: Sie zahlen nur für die kürzeste Strecke zwischen Start und Ziel. Und sie müssen nicht draufzahlen, wenn das Taxi lange im Stau steht.
„Die Taxiverbände, -vermittler und -unternehmen haben uns zurückgemeldet, dass immer mehr Kundinnen und Kunden sich die Möglichkeit wünschen, bei Bestellung eines Taxis einen Festpreis zu bekommen“, sagt Verkehrs- und Mobilitätswende-Senator Anjes Tjarks (Grüne). Diesem sich ändernden Verbraucherverhalten wolle man gemeinsam Rechnung tragen und die Taxi-Angebote in der Stadt weiterentwickeln.
Taxi Hamburg: Verkehrsbehörde plant Fahrten zum Festpreis
Jan Grupe, der Vorsitzende des Branchenverbands Taxen-Union Hamburg, hält das angesichts der Konkurrenz durch Moia und Co. für dringend notwendig. „Gerade jüngere Menschen haben durch Firmen wie Uber, FreeNow oder Mobilitäts-Apps wie Switch die verbindliche Vorabpreiszusage kennen- und schätzen gelernt“, sagt er. Da nicht mitzugehen könne für das Taxigewerbe zum Wettbewerbsnachteil werden. Und beim Hamburger Marktführer sagt Vorstand Werner Möllmann: „Hansa-Taxi ist für die Einführung von Festpreisen.“
Im Grundsatz habe sich das Taxi-Gewerbe für die Einführung von Festpreisangeboten ausgesprochen, die Details würden derzeit mit der Branche abgestimmt, heißt es in der Verkehrsbehörde. „In Prüfung“ sei ein Start im Herbst. Schon klar ist: Einen Festpreis können Taxi-unternehmen und -vermittler nur anbieten, wenn ein Kunde die Fahrt vorab bestellt. Winkt ein Fahrgast dagegen einen Wagen am Straßenrand heran oder steigt er am Taxistand ein, bestimmt weiter allein das Taxameter den Preis.
Taxi Hamburg: So könnte es mit den Festpreisen laufen
Wie es in Hamburg mit den Festpreisen laufen könnte, zeigt das Beispiel München, die sie im Herbst 2023 als erste Stadt in Deutschland eingeführt hat. Bestellt ein Kunde per App oder telefonisch eine Fahrt von A nach B, ermittelt eine Software den kürzesten Weg vom Start zum Ziel, berechnet den Festpreis und bietet ihn an. Der Kunde kann akzeptieren oder eine Fahrt zum herkömmlichen Tarif wählen. An den sind die Festpreise eng angelehnt. Sie dürfen in München vom voraussichtlichen Taxameter-Preis um allenfalls fünf Prozent nach unten und 20 Prozent nach oben abweichen.
Was aber hat der Fahrgast vom festen Fahrpreis außer der Kostentransparenz schon vor dem Start? Vor allem wohl zwei Dinge: Der Kunde zahlt nur für den kürzesten Weg und nicht drauf, wenn der Taxifahrer einen Umweg nimmt. „Das Vertrauen in unsere Dienstleistung wird wachsen, weil die Kunden am Ende der Fahrt keine Überraschung erleben“, erwartet Taxifunktionär Grupe.
Taxi Hamburg: Festpreiskunden zahlen nicht für Staustillstand
In der Praxis wohl noch wichtiger: Wenn das Taxi lang im Stau steht, wird es für den Gast ebenfalls nicht teurer. Derzeit gilt in Hamburg: Nach mehr als 60 Sekunden Stillstand des Wagens springt das Taxameter an, alle 9,5 Sekunden Wartezeit kommen 10 Cent hinzu. „Einige Unternehmerinnen und Unternehmer geben zu bedenken, dass sich bei extremen Staus Festpreistouren nicht mehr rechnen würden“, sagt Hansa-Taxi-Vorstand Möllmann. Er ist aber überzeugt: „Insgesamt überwiegen eindeutig die Vorteile von Festpreisen.“
Die Branche setzt darauf, Kunden zurückzugewinnen, die zu anderen Mobilitätsdiensten abgewandert sind, und verstärkt jüngere Fahrgäste anzulocken, die eher Moia statt Taxi ordern. Die sind Festpreisangebote schließlich längst gewohnt. „Einige werden feststellen, dass Taxifahren doch nicht so teuer ist wie gedacht“, glaubt Möllmann. Zudem sei für Geschäftskunden ein verlässlicher Preis zunehmend wichtig bei Planung und Abrechnung von Reisekosten.
Taxi Hamburg: Pauschaltarife gibt es schon – nur kennt sie kaum jemand
Offenbar kaum bekannt ist, dass Taxifahrten mit Preisgarantie in Hamburg längst möglich sind. Kunden können zwischen drei Pauschaltarifen wählen. Eine bis zu fünf Kilometer lange Fahrt kostet 20 Euro, ist die Strecke zwischen fünf und zwölf Kilometer lang, werden 37 Euro fällig, bei zwölf bis 20 Kilometern 50 Euro. Doch genutzt wird das wenig. „Die Mehrheit der Kunden kennt die Pauschalpreise gar nicht, viele Fahrerinnen und Fahrer wissen nicht, mit welcher Tastenkombination am Taxameter sie den Pauschalpreis schalten“, sagt Jan Grupe. Werner Möllmann schätzt: „Der Anteil der Fahrten zum Pauschaltarif liegt bei weit unter einem Prozent.“
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Die Erwartungen an den geplanten Festpreis für jede gewünschte Strecke sind erheblich größer. Grupe sagt: „Das wird aus unserer Sicht ein Erfolgsmodell. Die Erfahrungen in München sind durchweg positiv.“