Hamburg. Anbieter wie N26 und Bunq locken mit Zinsen auf Girokonten und werden meist per Handy genutzt. Was potenzielle Kunden wissen sollten.

Sie heißen C24, Revolut, N26, Bunq oder Monese und sie machen es möglich, Bankgeschäfte per Smartphone praktisch überall zu tätigen: Sogenannte Neo-Banken haben in den zurückliegenden Jahren die Geldhaus-Branche kräftig in Bewegung gebracht.

Im Unterschied zu den Direktbanken wie der DKB, der Diba (heute: ING) oder der inzwischen nur noch als Commerzbank-Marke existierenden Comdirect, die in den 1990er-Jahren in Deutschland aufkamen und für den Kundenkontakt zunächst allein das Telefon und den Computer nutzten, setzen Neo-Banken von Beginn an voll auf ihre Appals hauptsächlichen Zugangsweg.

Auch ein Unternehmen aus Hamburg ist dabei: Tomorrow ging Mitte 2018 an den Start und hat aktuell nach eigenen Angaben 120.000 Kundinnen und Kunden. Weltweit kamen die Neo-Banken laut einer Erhebung der Unternehmensberatung Simon-Kucher vom Oktober 2023 auf zusammen rund 1,1 Milliarden Kunden, was einem Wachstum von mehr als 30 Prozent in den zurückliegenden 18 Monaten entspreche.

Typisch für die App-Banker ist die schnelle und unkomplizierte Kontoeröffnung, die meist nur wenige Minuten benötigt. Für die Verifizierung genügt in der Regel ein „Selfie“ über die Smartphone-Kamera mit einem Ausweisdokument.

Ein Überblick über wichtige Smartphone-Banken

Allen diesen Anbietern gemeinsam ist, dass sie durch besonders günstige Konditionen mit einem üblicherweise kostenlosen Einstiegs-Kontomodell punkten wollen, dafür aber nur eine vergleichsweise übersichtliche Palette an Finanzprodukten vorhalten. Dennoch sind die Neo-Banken durchaus unterschiedlich ausgerichtet. Hier ein kurzer Überblick über die jeweiligen Eigenarten einiger wichtiger Marktteilnehmer:

N26

Das seit 2013 bestehende Berliner Unternehmen N26 hat nach eigenen Angaben mehr als acht Millionen Kunden in 24 Staaten. Auf dem Standard-Konto wird das Geld mit 1,26 Prozent verzinst. Gebühren für Zahlungen im Nicht-Euro-Ausland fallen nicht an. Außerdem gibt es – im Gegensatz zu manchen Wettbewerbern – die Möglichkeit, nach entsprechender Prüfung einen Dispokredit einrichten zu lassen. Wegen Defiziten bei der Geldwäsche-Prävention verhängte die Finanzaufsichtsbehörde BaFin im Jahr 2021 eine Wachstumsbeschränkung und stellte einen „Sonderbeauftragten“. Von der Bewertungsplattform Trustpilot erhält das N26-Angebot 3,7 von 5 Sternen („Akzeptabel“).

Bunq

Die 2012 in den Niederlanden gegründete FinTech-Firma bezeichnet sich mit EU-weit elf Millionen Nutzern als zweitgrößte Neo-Bank Europas. Bunq hat zwar ein kostenloses Sparkonto und lockt Neukunden mit Tagesgeldzinsen von 4,5 Prozent, ein nach eigenen Angaben „vollwertiges Bankkonto“ kostet aber mindestens 2,99 Euro im Monat. Die Guthabenverzinsung beträgt dafür 1,56 Prozent, für Zahlungen im Nicht-EU-Ausland fällt eine Gebühr von 2,0 Prozent an. Auch gibt es keine kostenlosen Bargeld-Abhebungen im Inland. Bei Bunq ist es möglich, sehr einfach ein Gemeinschaftskonto einzurichten, um mit Freunden zusammen zu sparen oder die Ausgaben gemeinsam zu verwalten. Die Trustpilot-Bewertung: 3,6 Sterne.

Tomorrow

Das Hamburger Unternehmen ist stark auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. So wird bei jeder Kartenzahlung ein „Klimaschutzbeitrag“ abgeführt. Allerdings kassierte Tomorrow im Zusammenhang mit dieser Ausrichtung auch schon einmal eine Abmahnung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Das damalige Versprechen, mit dem Kontomodell „Zero“ für monatlich 15 Euro den CO2-Fußabdruck des Kunden zu kompensieren, haben die Hamburger inzwischen fallen gelassen.

Bei ihnen lässt sich ein Gratis-Depot einrichten, über das man in einen „nachhaltigen“ Aktienfonds investieren kann. Wie bei Bunq ist auch bei Tomorrow schon das günstigste reguläre Girokonto nicht kostenlos. Man zahlt dafür 3 Euro im Monat, zum 1. März steigt der Preis auf 4 Euro. Zahlungen im Nicht-Euro-Ausland sind gebührenfrei. Seit dem vorigen Jahr kann man einen Dispokredit in Anspruch nehmen. Von Trustpilot wird Tomorrow mit 3,4 Sternen bewertet.

Revolut

Mit 35 Millionen Kundinnen und Kunden, darunter gut eine Million in Deutschland, ist das im Jahr 2015 gegründete britische Unternehmen der führende Anbieter in mehreren europäischen Ländern. Man kann weltweit gebührenfrei bezahlen und Geld abheben, eine Überziehungsmöglichkeit gibt es beim kostenlosen „Standard“-Konto allerdings nicht. Es lassen sich Gemeinschaftskonten einrichten, auch für Personen unter 18 Jahren. Trustpilot vergibt immerhin 4,2 Sterne („Gut“).

C24

Hierbei handelt es sich um ein seit 2020 aktives Angebot des Vergleichsportals Check24. Die Neo-Bank-Tochter gewährt einen Guthabenzins von 2,5 Prozent. Außerdem gibt es Guthabenpunkte bei Kartenumsätzen unter anderem mit Netflix, Lieferando oder Shell-Tankstellen. Eine Gebühr für Zahlungen im Nicht-Euro-Ausland fällt nicht an. C24 bietet einen Dispokreditrahmen. Trustpilot vergibt 4,9 Sterne („Hervorragend“).

Monese

Wie Revolut wurde auch Monese im Jahr 2015 in Großbritannien gegründet. Zielgruppe sind offenbar Personen, die viel international unterwegs sind oder Freunde im Ausland haben. So kann man zwischen Monese-Konten kostenlos Geld senden, unabhängig von Land oder Währung. Außerdem lassen sich auch Vielflieger-Punkte (Avios) unter anderem von British Airways und Vueling in der App verwalten. Kostenlose Geldabhebungen in Deutschland sind aber nicht vorgesehen. Es gibt keine Überziehungsmöglichkeit und Guthaben bei Monese sind nicht durch eine Einlagensicherung geschützt. Bei Trustpilot wird das Angebot mit 4,3 Sternen bewertet.

Trotz der Branchenbezeichnung Neo-Banken sind strenggenommen gar nicht alle diese Anbieter wirklich eine Bank. So hat unter anderem Tomorrow keine eigene Banklizenz, sondern kooperiert dafür mit dem Berliner Kreditinstitut Solaris. Revolut unterliegt der litauischen Einlagensicherung, die Konten haben eine litauische IBAN-Kennung. Das dürfte sich bald ändern: Spätestens ab Mitte 2024 sollen deutsche Kunden eine „DE“-IBAN bekommen können, heißt es vom Unternehmen.

Die schlechte Erreichbarkeit bei Problemen kann zum Ärgernis werden

Generell müssen Kundinnen und Kunden von Neo-Banken jedoch eine Reihe von Besonderheiten beachten. Von Finanztip.de heißt es dazu: „Das Konto ist fest mit dem einen Smartphone verbunden, das du beim Eröffnen des Kontos verwendet hast. Wenn dein Handy kaputt ist oder verloren geht, kannst du also erst einmal keine Bankgeschäfte erledigen.“

Außerdem handelt es sich bei den Bankkarten des Einstiegs-Kontenprodukts meist nicht um die früher weit verbreiteten Giro-Karten, sondern um Debit-Karten. Obwohl sie häufig als Kreditkarten bezeichnet werden, haben sie nicht die gleichen Eigenschaften. Das bedeutet: Es kann Probleme geben, wenn man damit einen Mietwagen oder ein Hotelzimmer im Ausland buchen möchte. Ratsam ist es in solchen Fällen, vorher zu fragen, ob die Karte akzeptiert wird.

„In Deutschland wiederum gibt es immer noch Einzelhändler, die lieber die Giro-Karte nehmen“, sagt Martin Faust, Professor für Bankbetriebslehre an der Frankfurt School of Finance and Management. Aus seiner Sicht ist es nicht erstaunlich, dass Neo-Banken vor allem bei jüngeren Menschen gut ankommen: „Sie benötigen vor allem einfache Finanzprodukte und in der Regel noch nicht solche, für die man dann doch gern eine persönliche Beratung hätte, wie zum Beispiel eine Baufinanzierung.“

Nach den Erfahrungen von Kerstin Föller, Finanzexpertin bei der Verbraucherzentrale Hamburg, ist die mangelnde Erreichbarkeit von Neo-Banken immer wieder ein Thema in der Beratung: „Bei technischen Problemen kann es sehr schwer sein, bei solchen Anbietern Hilfe zu bekommen.“ Föller sagt daher: „Ich würde zu dem Konto bei einer Neo-Bank gern noch eine Alternative nutzen können.“

Experte: „Es werden einige wenige übrig bleiben“

Allerdings verschwimmen laut Faust derzeit die Grenzen zwischen den unterschiedlichen Bankengruppen. Auch Geldhäuser mit Filialnetz bieten inzwischen Banking-Apps. Und bisherige Onlinebroker wie Trade Republic machen nun den Neo-Banken Konkurrenz: Trade Republic hat vor wenigen Wochen eine eigene Vollbanklizenz erhalten und startet nun mit einer Debit-Karte. Umgekehrt steigen Revolut und N26 in das Geschäft mit dem Wertpapierhandel ein.

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„Es ist eben sehr schwierig, allein mit dem Kerngeschäft der Neo-Banken, dem Zahlungsverkehr, Geld zu verdienen“, sagt Faust. Investorengelder zur Finanzierung weiteren Wachstums werden aber knapper. In den nächsten Jahren wird sich nach Einschätzung des Experten der Markt daher bereinigen: „Es werden einige wenige übrig bleiben.“