Hamburg. Wie oft wird Einspruch eingelegt? Wie viel muss nachgezahlt werden? Welche Fristen gelten? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Zehntausende Hamburgerinnen und Hamburger erhalten in diesen Tagen ihren „Ausdruck der elektronischen Steuerbescheinigung für 2023“. Spätestens dieses Schreiben erinnert viele an eine unangenehme Pflicht: Die Steuererklärung muss gemacht werden. Doch wer ist dazu überhaupt verpflichtet? Welche Fristen gelten? Wie oft gibt es Geld zurück, wie oft muss nachgezahlt werden – und wie viel? Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.
Wie viele Steuerpflichtige gibt es in Hamburg?
Nach Angaben der Finanzbehörde belief sich die Anzahl der „aktiven Steuerkonten“ im Einkommensteuerbereich im Dezember auf 741.601. Die Zahl der steuerpflichtigen Personen ist aber höher, da Eheleute und eingetragene Lebenspartnerschaften, die eine Zusammenveranlagung beantragen, unter einer gemeinsamen Steuernummer geführt werden.
Wer sind diese Steuerpflichtigen?
In den gut 740.000 Steuerkonten sind rund 5,6 Prozent mit gewerblichen Einkünften und etwa 14,7 Prozent mit anderen selbständigen Einkünften enthalten. Die große Mehrzahl der Steuerkonten entfällt also auf Personen, die ausschließlich „Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit“, Renten, Vermietung und Verpachtung und Kapitalvermögen erklären, so die Behörde.
Wie viele Personen geben pro Jahr eine Steuererklärung ab?
Im vergangenen Jahr seien 471.227 Einkommensteuererklärungen für das Jahr 2022 und 204.788 Erklärungen für das Jahr 2021 eingereicht worden – letztere „weit überwiegend“ mithilfe von Steuerberatern, weswegen sie mit „deutlich längerer Abgabefrist“ versehen seien, so die Finanzbehörde.
Auf welchem Weg werden die meisten Steuererklärungen in Hamburg abgegeben?
Überwiegend digital. Die Quote der elektronisch abgegebenen Einkommensteuererklärungen lag im Jahr 2023 bei 80,5 Prozent, so die Behörde. Nur noch 19,5 Prozent der Erklärungen wurden in Papierform eingereicht. In 256.251 Fällen seien die Angaben mithilfe von Steuerberatern und Lohnsteuerhilfevereinen übermittelt worden.
Welchen Abgabeweg bevorzugen die Finanzämter?
Eindeutig den elektronischen, wie Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) unterstrich: „Die Steuerverwaltung bewertet die Entwicklung zu einer hohen elektronischen Abgabequote sehr positiv. Hier kann man nur sagen: Weiter so!“ Denn Papiererklärungen hätten in der Regel eine deutlich schlechtere Datenqualität. „Deswegen empfiehlt die Hamburger Steuerverwaltung, die Abgabe der Steuererklärung via der kostenlosen Elster-Software oder vergleichbarer kommerzieller Produkte anderer Anbieter“, so Dressel.
Gibt es spezielle Programme für Rentner?
Ja. Die Finanzbehörde ermuntert ältere Menschen, die lediglich Renteneinkünfte oder Pensionen erhalten, ihre Einkommensteuererklärung über die Webseite „einfachELSTER“ abzugeben. „Durch die besonders übersichtliche Benutzerführung werden sie Schritt für Schritt durch die papierlose Erstellung der Steuererklärung geführt“, heißt es. Daten zu Renteneinkünften oder Pensionen sowie zur Kranken- und Pflegeversicherung lägen dem Finanzamt bereits vor und müssten bei „einfachELSTER“ nicht mehr eingetragen werden. Es müssten „lediglich ein paar Fragen“ – etwa zu Spenden, Arztrechnungen, haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerkosten – beantwortet werden.
Welche Vorteile kann die elektronische Steuererklärung haben?
Zwei liegen auf der Hand: Man spart Papier und kann jede Eingabe beliebig oft korrigieren – während man bei Fehlern auf Papier mitunter ganz neu beginnen muss. Darüber hinaus ist es bei der elektronischen Steuererklärung möglich, persönliche Daten aus dem Vorjahr zu übernehmen und auch die Angaben aus der Steuerbescheinigung direkt einfließen zu lassen. Weitere Vorteile: Die Programme führen eine Plausibilitätsprüfung durch und berechnen, ob und wie viel man nachzahlen muss oder erstattet bekommt. Das schützt vor Fehlern und vermeidet Rückfragen durch das Finanzamt.
Welche Nachteile hat die elektronische Steuererklärung?
Kommerzielle Programme kosten Geld. Das weit verbreitete „WISO Steuer“ in der aktuellen Version gibt es zum Beispiel ab 24,99 Euro – diese Ausgabe kann man aber in der nächsten Steuererklärung geltend machen. Obwohl man Schritt für Schritt durch die Programme geleitet wird und viele nützliche Tipps erhält, sind sie doch an die komplizierte deutsche Steuergesetzgebung gebunden und haben daher das Potenzial, Menschen in den Wahnsinn zu treiben – vor allem solche, die sich nur einmal im Jahr mit dem Thema Steuern beschäftigen. Das gilt allerdings für die Papierform ebenso. Daher sollte man hier wie dort nur mit viel Muße an die Steuererklärung herangehen.
Wer ist überhaupt zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet?
Für Arbeitnehmer gilt nach Angaben der Finanzbehörde: Zur Abgabe verpflichtet ist oder sind:
- wer einen Lohnsteuerfreibetrag hat
- wer „steuerliche Nebeneinkünfte“ wie Mieteinnahmen von mehr als 410 Euro im Jahr hat
- wer steuerfreie Lohnersatzleistungen wie Arbeitslosen-, Kurzarbeiter-, Insolvenz-, Kranken-, Eltern- oder Mutterschaftsgeld über 410 Euro im Jahr bezogen hat
- Immobilien: Neue Grundsteuer – Bescheide in Hamburg kommen später
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- wenn in einer Ehe oder Lebenspartnerschaft einer der Partner eine einzeln veranlagte Steuererklärung abgegeben, dann muss auch der andere Partner eine Steuererklärung einreichen
- zusammenveranlagte Partner, die beide Lohn bezogen haben und die Steuerklassenkombination III und V haben
- nicht verheiratete oder geschiedene Eltern, die einen Freibetrag für das gemeinsame Kind anders als hälftig aufteilen wollen
- Arbeitnehmer mit mehreren, gleichzeitig bestehenden Arbeitsverhältnissen
- wer Kapitalerträge hatte, für die keine Abgeltungsteuer abgeführt wurde
- wer einen steuerlichen Verlust aus den Vorjahren hat. Wenn beispielsweise im Steuerbescheid 2022 ein verbleibender Verlustvortrag festgestellt worden ist, dann muss für 2023 eine Steuererklärung abgegeben werden.
Wie sind die Abgabefristen?
Für alle, die zur Abgabe der Steuererklärung für das Steuerjahr 2023 verpflichtet sind, endet die Frist am 2. September 2024. Wer das über einen Steuerberater oder einen Lohnsteuerhilfeverein tut, hat damit bis zum 2. Juni 2025 Zeit. Wer freiwillig eine Steuerklärung abgeben will, zum Beispiel, weil hohe Werbungskosten geltend gemacht werden sollen, kann damit vier Jahre warten – für 2023 muss die Erklärung also bis zum 31. Dezember 2027 abgeben werden.
In wie vielen Fällen kommt es zu Erstattungen oder Nachzahlungen?
Nach Angaben der Finanzbehörde kam es im vergangenen Jahr in 317.999 Fällen zu Nachzahlungen und in 696.990 Fällen zu Erstattungen, dabei waren mehrere „Veranlagungszeiträume“ betroffen. Die Höhe der Nachzahlungen lag im Durchschnitt bei 3555 Euro, die der Erstattungen bei 1960 Euro. Insgesamt wurde also jeweils gut eine Milliarde Euro in die eine und in die andere Richtung bewegt.
Wie oft legen Bürger Einspruch gegen ihre Steuerbescheide ein?
Die Zahl liegt nach Angaben der Finanzbehörde seit Jahren zwischen 33.000 und gut 38.500: Im vergangenen Jahr wurden 37.742 Einsprüche registriert. Die Schwankungen seien vor allem auf sogenannte „Massenrechtsbehelfe“ zurückzuführen, wenn also zum Beispiel die mögliche Verfassungswidrigkeit von Steuergesetzen von einem Gericht überprüft wird und sich Einsprüche vorerst erübrigen.
Was sind häufige Fehler in Hamburger Steuererklärungen?
„Fehlerquellen in Steuererklärungen sind außerordentlich vielfältig“, teilte die Finanzbehörde mit. Sie reichten von unleserlicher Schrift in Papiererklärungen über Eintragungen in falschen „Kästchen“ und Tippfehlern (etwa 10.000 Euro Werbungskosten statt 100,00 Euro) bis zur Einbeziehung von Materialkosten bei Handwerkerleistungen. Denn bei diesen dürfen nur die Lohnkosten geltend gemacht werden. Mitunter würden auch Kosten des aktuellen Jahres angegeben statt des Jahres, für das die Steuererklärung gemacht werde, so die Behörde. Und natürlich werde auch manchmal „vergessen“, Einnahmen anzugeben.
Welche Fehler machen die Finanzämter?
Sowohl bei der Steuerberaterkammer als auch beim Steuerzahlerbund äußerte man sich generell positiv über die Hamburger Finanzämter. Man arbeite gut zusammen, wiederkehrende Probleme gebe es kaum. Punktuelle Meinungsverschiedenheiten würden die 4000 Steuerberater und die Ämter in regelmäßigen Runden direkt besprechen.
„Grundsätzlich machen die Finanzämter selten Fehler“, sagte Knut Heymann, der in Hammerbrook eine Lohnsteuerberatungsstelle leitet. Wenn es doch mal Auseinandersetzungen gebe, dann gehe es zum Beispiel um die korrekte Höhe der Sonderausgaben oder die Anerkennung eines Arbeitszimmers. Da frage ein Finanzamt schon mal nach und verlange eine Skizze, so der Steuerfachwirt. „Aber meistens geht es um kleine Beträge, da einigt man sich schnell.“