Hamburg. Die Vor- und Nachteile beider Wohn-Varianten. Eine Beispielrechnung zeigt, was unter den aktuellen Bedingungen günstiger ist.
Auch in Hamburg sind die Mieten im vergangenen Jahr weitergestiegen. Zwar liegt laut offiziellem Mietenspiegel die durchschnittliche Nettokaltmiete frei finanzierter Objekte bei 9,83 Euro pro Quadratmeter. Doch diese Zahl bezieht sich im Wesentlichen auf bestehende Verträge. Wer eine neue Wohnung sucht, sieht sich häufig mit ganz anderen Konditionen konfrontiert: Angebotsmieten variieren je nach Studie zwischen 12 und 15 Euro, in begehrten Lagen sind auch 20 Euro und mehr pro Quadratmeter längst keine Seltenheit mehr.
Immobilien Hamburg: Quadratmeterpreis für Eigentumswohnungen geht zurück
Kaufpreise für Häuser und Wohnungen in der Hansestadt sind dagegen über die zurückliegenden zwei Jahre spürbar gefallen. Darin sind sich alle Marktbeobachter einig, auch wenn ganz unterschiedliche Beträge ermittelt werden. So ist nach Erhebungen des Hamburger Maklerkonzerns Engel & Völkers der durchschnittliche Angebotspreis für Eigentumswohnungen vom vierten Quartal 2021 bis zum Schlussquartal 2023 um 19 Prozent auf 5624 Euro pro Quadratmeter zurückgegangen.
Nach Angaben des Hamburger Maklerunternehmens Grossmann & Berger hat sich der Quadratmeterpreis für Einfamilienhäuser seit 2021 von 5600 Euro auf 4500 Euro verringert – das ist ein Minus von immerhin annähernd 20 Prozent. Bei den Eigentumswohnungen ging es laut Grossmann & Berger um fast 18 Prozent nach unten (von 5100 auf 4200 Euro).
Der Mietmarkt in Hamburg wird immer enger, weil der Neubau lahmt
Kein Wunder also, dass man bei einem ohnehin anstehenden Umzug auf den Gedanken kommen kann, Kaufen sei langfristig gesehen womöglich inzwischen attraktiver als Mieten. Zumal die Befürchtung naheliegt, die Mieten könnten noch weiterzulegen. Denn der Markt wird immer enger: Konnte der Senat über mehrere Jahre sein Ziel von mindestens 10.000 neuen Wohnungen pro Jahr erreichen, waren 2022 nur noch gut 7500 fertig geworden, und für 2023 lassen die Quartalszahlen erwarten, dass nicht einmal 5000 Wohnungen fertiggestellt wurden.
Schließlich hat das Mieten eindeutig seine Nachteile. „Zum einen bestehen mehr Grenzen im Hinblick auf die Gestaltung der Immobilie“, sagt Bettina Harms-Goldt, Geschäftsführerin der Hamburger Immobilienmarktanalysefirma Quis. Zweitens müssten Mieterinnen und Mieter mit Kostensteigerungen durch Mieterhöhungen rechnen. „Drittens laufen die monatlichen Kosten für die Miete auch im Alter weiter. Viertens wird kein Wohneigentum aufgebaut, das an die Nachkommen vererbt werden könnte“, so Harms-Goldt.
Doch während die Immobilienpreise gesunken sind, haben sich die Hypothekenzinsen seit Anfang 2022 sehr stark erhöht. Nach Daten der FMH-Finanzberatung sind sie in diesem Zeitraum von etwa 1,2 Prozent auf knapp 3,7 Prozent gestiegen (15-jährige Zinsbindung).
Mieten oder kaufen: Was eine Beispielrechnung für Hamburg ergibt
Wie es mit der finanziellen Seite der Frage „Mieten oder Kaufen“ derzeit bestellt ist, zeigt eine Beispielrechnung für Hamburg: Bei einer durchschnittlichen Angebotsmiete von 13,66 Euro, wie sie im Marktreport 2023/2024 von Engel & Völkers für Bestandswohnungen in der Hansestadt genannt wird, kosten 80 Quadratmeter knapp 1093 Euro im Monat.
Bei einem Kaufpreis von 5624 Euro je Quadratmeter, einem Eigenkapitalanteil von 20 Prozent, zwei Prozent Tilgungsrate und einem Zinssatz von 3,7 Prozent ergibt sich eine Monatsrate von fast 1710 Euro. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass außer dem Eigenkapital von fast 90.000 Euro noch Kaufnebenkosten von knapp 50.000 Euro (angenommen werden elf Prozent des Preises) aufzubringen sind.
„20 Prozent Eigenkapital sind schon ideal“, sagt Dirk Scobel, Baufinanzierungsexperte der Verbraucherzentrale Hamburg. Kommt man nur auf zehn Prozent, erhöht sich die Monatsrate auf 1923 Euro. Auch wenn ein Kredit mit 15-jähriger Zinsbindung etwas teurer ist als einer mit 10-jähriger Zinsbindung, rät Scobel unter den aktuellen Marktbedingungen zu der längerfristigen Variante: „Man hat viel länger Zeit, sich um eine Anschlussfinanzierung zu kümmern.“
Wie viele andere Experten hält auch der Verbraucherschützer eine Tilgungsrate von zwei Prozent für empfehlenswert. „Wenn man allerdings gut mit Geld umgehen kann, gibt es die Alternative, mit nur einem Prozent Tilgung zu starten und alle Beträge, die für die Instandhaltung der Immobilie eingeplant waren, aber nicht benötigt wurden, für Sondertilgungen einzusetzen“, so Scobel. Heute sehen die Darlehensverträge die Möglichkeit solcher Sonderrückzahlungen in der Regel vor.
Grossmann & Berger: „Das Preistief dürfte Mitte 2024 erreicht sein“
Relativ betrachtet noch deutlich stärker zugunsten des Mietens fällt eine Beispielrechnung von Quis vom November 2023 aus. Hierbei geht man von einer 30 Jahre alten 60-Quadratmeter-Wohnung in Hamburg, einem Eigenkapitalanteil von 20 Prozent, einem Zinssatz von 4,2 Prozent bei zehnjähriger Zinsbindung und einer Tilgungsrate von einem Prozent aus. Das Resultat: Die Quis-Experten kommen auf eine Miete von 775 Euro und eine monatliche Belastung von 1414 Euro nach dem Kauf eines vergleichbaren Objekts.
Unklar ist derzeit, ob es sich auszahlt, auf weiterfallende Kaufpreise in Hamburg zu setzen. „Das Preistief dürfte Mitte 2024 erreicht sein, sofern sich das Zinsniveau bis dahin stabil unterhalb von vier Prozent einpendelt“, erwartet Andreas Gnielka, Geschäftsführer von Grossmann & Berger. Er rechnet lediglich noch mit einer Abnahme der Quadratmeterpreise für Häuser und Wohnungen von jeweils 100 Euro in diesem Jahr.
Ohnehin sollte man sich von den Marktberichten über kräftig gefallene Preise nicht täuschen lassen, meint Verbraucherschützer Scobel. „In vielen Fällen ist der Kaufpreis nicht ohne Grund gesunken – die scheinbare Ersparnis gegenüber dem früheren Preis muss man womöglich für die Sanierung des Objekts ausgeben.“ Tatsächlich sind es vor allem ältere Häuser mit schlechter Energieeffizienz, die jetzt wesentlich günstiger angeboten werden als eine ähnliche Immobilie noch vor zwei oder drei Jahren.
Immobilien Hamburg: Instandhaltungs- und Sanierungskosten nicht unterschätzen
Scobel warnt potenzielle Käufer davor, eventuell notwendig werdende Renovierungsaufwendungen zu unterschätzen und keinen hinreichenden finanziellen Spielraum für solche Ausgaben zu lassen. Allein für die laufende Instandhaltung eines Hauses könne man ohne Weiteres mit 1500 Euro pro Jahr rechnen. Die Erneuerung der Heizung kann dagegen leicht einen fünfstelligen Betrag kosten, für ein neues Dach werden schon einmal 30.000 Euro oder auch deutlich mehr fällig.
„Es ist bei einer älteren Immobilie auf jeden Fall empfehlenswert, vor einer Kaufentscheidung mit einem Sachverständigen durch das Objekt zu gehen“, sagt Scobel. Generell seien Instandhaltungsaufwendungen und Sanierungskosten für eine Eigentumswohnung besser kalkulierbar als für ein Haus, zumal für Mehrparteienhäuser häufig eine entsprechende Rücklage besteht.
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Doch auch wenn nicht mit bösen Überraschungen nach dem Einzug in die eigenen vier Wände zu rechnen ist, bleibt für viele schon aus finanziellen Gründen der Traum davon genau das – ein Traum. Einer aktuellen Umfrage der ING-Bank zufolge können sich rund 60 Prozent der Mieter in Deutschland derzeit den Kauf einer Immobilie nicht leisten, jedenfalls nicht in der Stadt oder Region, in der sie leben möchten.