Hamburg. Wird es teurer oder günstiger? Das können Eigentümer und Mieter schon jetzt herausfinden. Nur ein wichtiges Detail ist noch offen.

Eines der aufwendigsten und wichtigsten Projekte der Hamburger Finanz- und Steuerpolitik geht auf die Zielgerade: Bis Mitte des Jahres will der Senat den Hebesatz für die neue Grundsteuer beschließen, sodass dann bald klar wird, welche Kosten mit Inkraftreten der Reform Anfang 2025 auf die Besitzer von mehr als 420.000 Immobilien in der Hansestadt zukommen. Indirekt betrifft dies auch alle Mieterinnen und Mieter, denn Vermieter dürfen die Steuer auf sie umlegen.

Klar ist: Es kann für die Betroffenen teurer oder günstiger werden, in Einzelfällen auch erheblich. Für viele Steuerzahler wird sich dagegen kaum etwas ändern. Gewissheit werden die Immobilienbesitzer erst haben, wenn der endgültige Steuerbescheid bei ihnen eingeht – deren Versand soll aber erst rückwirkend im März 2025 beginnen, wie Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) kürzlich unter Verweis auf den großen Aufwand der Reform mitgeteilt hatte.

Grundsteuer: Wer nicht auf den Bescheid warten will, kann selbst rechnen

Die gute Nachricht: Wer darauf nicht warten will, kann selbst errechnen, wie hoch seine Grundsteuer künftig ungefähr sein wird. Alle nötigen Eckdaten hatte die Finanzbehörde bereits vor drei Jahren mitgeteilt, und diese Daten sind noch aktuell, wie sie auf Anfrage bestätigte. Zwar gibt es mit dem Hebesatz und der Messzahl für Nutzflächen noch zwei Variablen, doch für einen Eindruck, in welche Richtung sich die Steuerbelastung für Wohnimmobilien entwickeln wird, reicht es.

Dazu muss man zunächst wissen: Das Bundesverfassungsgericht hatte die Reform der Grundsteuer 2018 angeordnet, weil die bisherige Berechnungsmethode zum Teil auf völlig veralteten Immobilienwerten basiert und daher extrem ungerecht ist. So kann es sein, dass für zwei gleich große Wohnungen in ähnlicher Lage in ein und derselben Straße mal 300 Euro Grundsteuer im Jahr fällig werden und mal 900 Euro – nur weil die dazugehörigen Gebäude unterschiedlich alt sind.

Bundesverfassungsgericht hatte alte Grundsteuer als ungerecht verworfen

Als Faustregel gilt, dass vor allem Altbauten und andere vor 1964 erbaute Immobilien sehr günstig bewertet wurden, während Neubauten vergleichsweise teuer sind – und das, obwohl in Städten wie Hamburg die Altbauviertel zu den beliebtesten und teuersten Gegenden zählen. Ziel der Reform ist es, diese Ungerechtigkeit zu beseitigen, sodass, grob vereinfacht, im obigen Beispiel künftig für beide Wohnungen je 600 Euro Grundsteuer im Jahr zu zahlen sind.

Am Gesamtaufkommen aus der Steuer, so haben es alle Bundesländer versprochen, soll sich nichts ändern. Es liegt bundesweit bei rund 14 Milliarden Euro im Jahr, wovon gut 500 Millionen auf Hamburg entfallen.

Grundsteuerwertbescheid sagt noch nichts über die künftige Steuerhöhe

Hamburg hat dafür ein Modell entwickelt, das vor allem auf der Größe der Grundstücks- und Wohnflächen basiert, dazu gibt es Lagefaktoren sowie weitere dämpfende Messzahlen für Sozialwohnungen und Denkmäler. Seit Mitte 2022 mussten alle Immobilienbesitzer neue Steuererklärungen einreichen. Für mehr als 250.000 Hamburger Immobilien wurden bereits Grundsteuerwertbescheide verschickt, die jedoch noch nicht die künftige Grundsteuerhöhe ausweisen. In weiteren 170.0000 Fällen soll das in den kommenden Monaten erfolgen. So oder so kann man aber schon selbst rechnen.

Schritt 1: Die Berechnung beginnt mit der Ermittlung des Grundsteuerwertes: Dafür werden je Quadratmeter Wohnfläche 50 Cent und je Quadratmeter Grund und Boden 4 Cent angesetzt. Ein 100-Quadratmeter-Reihenhaus, zu dem 500 Quadratmeter Grundstück gehören, kommt also auf einen Grundsteuerwert von 70 Euro (50 Euro für die Wohnfläche und 20 Euro für das Grundstück). Nur dieser Wert steht in den bislang verschickten Bescheiden.

Für Wohnungen in normaler Lage gibt es Abschläge bei der Steuer

Schritt 2: Nun muss der Grundsteuerwert mit verschiedenen Messzahlen multipliziert werden. Jene für Grund und Boden beträgt 1,0 und ändert an den 20 Euro aus dem Beispiel also nichts. Was das Gebäude angeht, muss zwischen Wohnen und Nicht-Wohnen unterschieden werden. Für Wohnimmobilien gilt die Messzahl 0,7, für alle anderen gilt 1,0 – diese „Messzahl für Nutzflächen“ kann nach Auskunft der Finanzbehörde aber noch justiert werden, daher wird das hier nicht weiter verfolgt.

Für eine Wohnimmobilie muss der Grundsteuerwert für die Wohnfläche mit 0,7 multipliziert werden, im obigen Beispiel also 50 Euro mal 0,7 gleich 35 Euro. Nun kommt der Lagefaktor ins Spiel: Wird die Wohnlage als „gut“ eingestuft, beträgt die Messzahl 1,0 – es bleibt also bei 35 Euro. Ist die Lage „normal“, was auf die Mehrheit der Hamburger Wohnungen zutrifft, ist die Messzahl 0,75 – so werden aus den 35 Euro also 26,25 Euro. Plus die 20 Euro für das Grundstück ergibt das einen Grundsteuermessbetrag von 46,25 Euro. Wie die Wohnlage eingestuft wird, geht aus dem vom Mietenspiegel bekannten Wohnlagenverzeichnis hervor.

Der Grundsteuerhebesatz wird erst ganz zum Schluss festgelegt

Schritt 3: Der Grundsteuermessbetrag wird abschließend mit dem Hebesatz multipliziert. Diesen soll nach Mitteilung der Finanzbehörde das Statistikamt Nord festlegen, sobald der Großteil der Grundsteuerwertbescheide verschickt wurde. Ziel: Noch vor der Sommerpause. Bislang hatte die Finanzbehörde für ihre Beispielrechnungen einen Hebesatz von 1000 Prozent zugrunde gelegt, was Finanzsenator Dressel auch als „halbwegs realistisch“ bezeichnet hatte. Da dies der entscheidende Hebel für die versprochene Aufkommensneutralität ist, kann er am Ende aber auch zum Beispiel bei 900 oder 1100 Prozent liegen.

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In unserem Beispiel wird bei einem Hebesatz von 1000 Prozent aus den 46,25 Euro eine jährliche Grundsteuer von 462,50 Euro, bei 900 Prozent wären es 416,25 Euro, bei 1100 Prozent 508,75 Euro. Weitere Beispiele:

Beispiel 1: Einfamilienhaus, normale Wohnlage, Grundstücksfläche 1000 m2, Wohnfläche 100 m2. Für Grund und Boden (1000 x 0,04 Euro) werden 40 Euro berechnet, für das Gebäude (100 x 0,50 Euro) 50 Euro. Für das Grundstück gilt die Messzahl 1, es bleibt also bei 40 Euro. Für das Wohngebäude gilt die Messzahl 0,7 und für die normale Lage 0,75, kombiniert also 0,525. Multipliziert mit den 50 Euro für das Gebäude macht das 26,25 Euro. Heraus kommt ein Grundsteuermessbetrag von 66,25 Euro (40 Euro + 26,25 Euro). Bei einem angenommenen Hebesatz von 1000 Prozent wären also 662,50 Euro Grundsteuer fällig.

Grundsteuer: Für Sozialwohnungen und Denkmäler gibt es weitere Ermäßigungen

Beispiel 2: Einfamilienhaus, gute Wohnlage, 1000 m2 Grundstück, 100 m2 Wohnfläche: Hier erfolgt die Berechnung wie in Beispiel 1. Nur ist wegen der guten Lage die Messzahl 1,0 statt der 0,75 für normale Lage anzusetzen, sodass für das Wohngebäude am Ende 35 Euro herauskommen (50 Euro mal 0,7 für Wohnen mal 1,0 für gute Lage). Das ergibt einen Messbetrag von 75 Euro und (bei einem Hebesatz von 1000 Prozent) eine Grundsteuer von 750 Euro.

Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) ist schon 2022 mit dem Infomobil durch die Stadt getourt, um den Bürgerinnen und Bürgern die neue Grundsteuer zu erklären. Im Herbst will er wieder auf Tour gehen.
Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) ist schon 2022 mit dem Infomobil durch die Stadt getourt, um den Bürgerinnen und Bürgern die neue Grundsteuer zu erklären. Im Herbst will er wieder auf Tour gehen. © FFS-HH | Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Beispiel 3: Mehrfamilienhaus mit 20 Sozialwohnungen, normale Lage, 1000 m2 Grundstück, insgesamt 1000 m2 Wohnfläche: Hier fallen für Grund und Boden 40 Euro an (1000 x 4 Cent) und 500 Euro für das Gebäude (1000 x 50 Cent). Zusätzlich werden beide Werte mit der Messzahl 0,75 für Sozialwohnungen multipliziert. Der Wert für das Grundstück sinkt also von 40 auf 30 Euro. Und für das Wohngebäude werden die 500 Euro außer mit der Messzahl 0,7 für Wohnen und mit dem ermäßigten Lagefaktor 0,75 zusätzlich mit einem Sozialwohnungsfaktor 0,75 multipliziert, was 196,88 Euro ergibt. Macht plus die 30 Euro für das Grundstück also 226,88 Euro und bei 1000 Prozent Hebesatz eine Grundsteuer von 2268,80 Euro für die gesamte Immobilie. Die Belastung pro Wohnung (sofern sie alle gleich groß sind) läge also bei 113,44 Euro im Jahr.

Neue Grundsteuer berechnen: So funktioniert es in Hamburg

Beispiel 4: Das gleiche Mehrfamilienhaus wie in Beispiel 3, nur denkmalgeschützt: Die Berechnung erfolgt wie in Fall 3, nur dass für die Wohnfläche (nicht für das Grundstück) zusätzlich zu den dämpfenden Faktoren für Wohnen, Lage und Sozialwohnungen noch eine weitere Ermäßigung (Faktor 0,75) für den Denkmalschutz zum Tragen kommt. Die Messzahl sinkt dadurch auf den niedrigst möglichen Wert 0,2953 (0,7 x 0,75 x 0,75 x 0,75). Die Grundsteuer liegt dann bei einem Hebesatz von 1000 Prozent bei 1776,50 Euro für die Immobilie oder 88,83 Euro pro Wohnung.