Hamburg. Joachim Seeler ist erster Nachrücker im Parlament. Senatpolitik beim Teilverkauf der HHLA und dem Elbtower hat er scharf kritisiert.

Es hätte ein Kollateralschaden für den Senat wegen des Rücktritts von Ties Rabe werden können. Ausgerechnet einer der schärfsten Kritiker der Politik der rot-grünen Regierung wäre als Nachrücker der neuen Bildungssenatorin Ksenija Bekeris in die Bürgerschaft eingezogen. Nach einer Nacht Bedenkzeit hat Joachim Seeler heute abgesagt.

„Ich habe heute Morgen die SPD-Fraktion informiert, dass ich das Mandat als Nachrücker nicht annehme“, sagte er dem Abendblatt. „Der inhaltliche Dissens ist aktuell zu groß, als dass ich die SPD Wirtschafts- und Finanzpolitik als Abgeordneter positiv vertreten könnte.“

Hamburger Bürgerschaft: Seeler hatte HHLA-Teilverkauf schwer kritisiert

In der vergangenen Legislaturperiode hatte Seeler für die SPD als wirtschaftspolitischer Sprecher eine wichtige Stellung inne, bei der Bürgerschaftswahl 2021 verpasste er den Wiedereinzug denkbar knapp. Seeler, dessen Vater viele Jahre in der Hansestadt Senator der Sozialdemokraten war, hatte den Einstieg der Großreederei MSC bei der HHLA vehement kritisiert: „Das ist die falsche Ebene, wenn wir die Reederei MSC über die HHLA an allen städtischen Terminals und der Eisenbahngesellschaft Metrans beteiligen: Sie bekommt eine entscheidende Stellung und Zugang zu den Daten der Mitbewerber, etwa über die Terminals in Altenwerder, Tollerort oder Unikai.“

Den MSC-Deal (hier Bürgermeister Peter Tschentscher (r.), die Senatoren Andreas Dressel (l.) und Melanie Leonhard sowie Sören Toft, CEO der MSC) hält Seeler für einen schweren Fehler.
Den MSC-Deal (hier Bürgermeister Peter Tschentscher (r.), die Senatoren Andreas Dressel (l.) und Melanie Leonhard sowie Sören Toft, CEO der MSC) hält Seeler für einen schweren Fehler. © picture alliance/dpa | Christian Charisius

Im September hatten Bürgermeister Peter Tschentscher, Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard und Finanzsenator Andreas Dressel (alle SPD) überraschend verkündet, dass die Genfer MSC 49,9 Prozent an der HHLA erhalte und die Aktien des Hamburger Logistikkonzerns von der Börse genommen würden. Davon versprechen sie sich neue Impulse für den Hafen und Unterstützung für die nötigen Investitionen.

SPD-Politiker Seeler warnt vor Folgen des MSC-HHLA-Deals für Hamburger Hafen

Die Bewertung des Unternehmers Seelers des Deals fällt vernichtend aus: „Nach 800 Jahren Hafengeschichte gibt die Stadt die strategische Kontrolle auf und ein Steuerungsinstrument aus der Hand. Das ist ein historischer Fehler.“ Zwar verbleibe zunächst eine Mehrheit von 50,1 Prozent bei der Stadt. „Aber was ist, wenn eine Kapitalerhöhung ansteht? Kann die Stadt dann mitziehen?“

Er rechnet mit einem Umschlagsverlust im Hafen, der durch die in Aussicht gestellten Zuwächse durch MSC nicht aufgewogen wird. „Wir haben ein Jahr über die Minderheitsbeteiligung von Cosco an dem Terminal Tollerort diskutiert, dafür ist es jetzt angesichts eines viel größeren Deals viel zu leise.“ Er fürchtet, dass Hamburgs Politik nicht nur die Chinesen verprellt hat.

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Seeler glaubt wie Gunther Bonz, der langjährige Chef des Unternehmensverbands Hafen Hamburg, dass MSC die Stadt über den Tisch gezogen hat. „Für Gianluigi Aponte arbeiten absolute Profis – das war für unsere Senatoren, eine Historikerin und einen Verwaltungsjuristen, wohl eine Nummer zu groß.“

Hamburger Bürgerschaft: Zuletzt hatte er den Senat wegen des Elbtowers kritisiert

Auch den Elbtower hatte der SPD-Politiker mehrfach kritisiert. Der Hamburger Senat habe beim Elbtower ein „Problem mit der Anerkennung der Realitäten“, hatte er beim Wirtschaftsnetzwerk LinkedIn kritisiert. „Es gibt einen Grund, warum in Deutschland keine Wolkenkratzer gebaut werden. Die Herstellungskosten für diese Gebäude sind extrem hoch. Der deutsche Markt gibt aber die dafür wirtschaftlich notwendigen Mieten nicht her.“

Ein möglicher Rückkauf des Grundstücks, das Bürgermeister Peter Tschentscher als Option genannt hatte, hält Seeler für unsinnig: „Wenn die Stadt ihr Wiederkaufsrecht für das Grundstück in Höhe von 117 Millionen. Euro ernsthaft zieht, würde sie auf Höhe der viel zu hohen Ursprungsbewertung von einer Milliarde einsteigen.“