Hamburg. Taschenhersteller Bree steht zum zweiten Mal vor der Pleite. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz ist Fan des Lederspezialisten.

Es ist die wohl bekannteste Aktentasche der Republik: Das erkennbar benutzte und ziemlich unförmige Modell aus schwarzem Leder, das Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) oft mit sich herumschleppt. Produziert von der Firma Bree stammt es aus den 1980er-Jahren, als Taschen noch vor allem praktisch waren. Die schlichten Umhängetaschen aus robustem Naturleder trafen damals den Zeitgeist, vor allem bei Studenten und Lehrern waren sie schwer angesagt. Bree wurde eine Art Kultmarke.

Nicht ohne seine Bree-Aktentasche: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei einer Sitzung des Bundestags
Nicht ohne seine Bree-Aktentasche: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei einer Sitzung des Bundestags © picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Diese Zeit ist lange vorbei. Die Bree Collection GmbH hat Insolvenz anmeldet. Es ist die zweite Insolvenz binnen fünf Jahren. Als vorläufigen Insolvenzverwalter hat das Amtsgericht Hamburg am 5. Januar 2024 Rechtsanwalt Dietmar Penzlin aus der Hamburger Kanzlei Schmidt-Jortzig Petersen Penzlin bestellt.

Kultmarke Bree meldet Insolvenz an: Hohe Rabatte auf Waren

„Im Fokus der vorläufigen Insolvenzverwaltung steht zunächst die Stabilisierung des Geschäftsbetriebes“, sagte der Sanierungsexperte auf Abendblatt-Anfrage. Angestrebt werde eine Neustrukturierung und Sanierung. Im Klartext: Bis spätestens 1. April wird ein solventer Investor gesucht, der über die erforderlichen Mittel für die Finanzierung einer neuen Kollektion verfügt.

Die 40 Beschäftigten des Taschenherstellers mit Sitz in Hamburg-Bahrenfeld wurden inzwischen auf einer Betriebsversammlung informiert. Sie sollen drei Monate lang Insolvenzgeld erhalten. Die Bree-Shops in Deutschland und in Österreich bleiben zunächst geöffnet. Auch der Onlineshop und das Großkundengeschäft sollen „im Rahmen des Verfahrens bestmöglich fortgeführt werden“, sagte Penzlin. Ein Teil der Warenbestände wird aktuell mit Preisnachlässen von 30 Prozent angeboten.

Gründerehepaar startete Firma vor mehr als 50 Jahren

Der Lederwarenspezialist war 1970 von dem Ehepaar Wolf Peter und Renate Bree im niedersächsischen Isernhagen bei Hannover gegründet worden. Die erste Kollektion bestand aus zehn Artikeln. Der „New-School-Ranzen“ mit Namen Elch – legendär mit den vier Stifthüllen auf der Vorderseite – wurde zum Kultobjekt.

Es war der Beginn der Erfolgsgeschichte der Taschendesigner „made in Germany“, die international zahlreiche Preise bekamen. In den 1980er-Jahren expandierte Bree mit Franchise-Partnern weltweit. Das kleine Unternehmen entwickelte sich rasant. 1993 gab es bereits 27 Bree-Shops in Deutschland und Handelspartner in Hongkong, den USA und der Schweiz. Im selben Jahr zog die Firma nach Hannover. In den folgenden Jahren wurde das Sortiment um weitere Damen- und Herrentaschen und um eine Reisegepäckserie erweitert.

Mehr Wirtschaftsthemen

Als zu Beginn der 2000er-Jahre die Söhne der Gründer, Axel und Philipp Bree, in die Geschäftsführung einstiegen, wurde es unruhig im Unternehmen mit Umsätzen im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich. Es folgte eine Ausrichtung auf das obere Preissegment. Aber schon damals liefen die Geschäfte nicht mehr so glatt. Nachdem sich Philipp Bree bereits 2011 zurückgezogen hatte, verließ 2018 auch Axel Bree das Unternehmen und verkaufte seine Anteile an das bereits beteiligte Investorenkonsortium.

Damals zog Bree mit dem Firmensitz von Hannover nach Hamburg, hatte die Kollektion verjüngt, die Zahl der Beschäftigten verringert und den Onlineshop aufgebaut. Im Mai 2019 meldete der Taschenhersteller erstmals Insolvenz an, zunächst in Eigenverwaltung.

Käufer für Hamburger Kultmarke Bree gesucht

Als Begründung hieß es damals: „Diese Strategie ist leider nicht schnell genug aufgegangen.“ Wenige Monate später kam die Rettung: Der portugiesische Autositzbezughersteller Coindu übernahm den deutschen Taschenhersteller. Eine Abendblatt-Anfrage beim Unternehmen zur aktuellen Situation blieb unbeantwortet. Im letzten im Bundesanzeiger veröffentlichten Jahresabschluss 2021 belief sich der Verlust auf mehr als fünf Millionen Euro, der durch eine Kapitalentnahme ausgeglichen wurde. Auch 2020 hatte der Fehlbetrag in ähnlicher Höhe gelegen.

„Die Insolvenzursachen sind noch aufzuarbeiten. Vorrangig ist zunächst die Fortführung des Geschäftsbetriebes“, erklärte Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin. Er sucht jetzt unter Hochdruck einen Käufer für die Traditionsfirma.