Die Corona-Sonderregelung läuft aus. Wichtige Gastronomen in Hamburg reagieren. Worauf sich die Kunden jetzt einstellen müssen.
- Die Mehrwertsteuer in der Gastronomie soll wieder steigen – Betroffene schlagen Alarm
- Für viele Gastronomie-Betriebe in Hamburg könnte es das Aus bedeuten
- Dabei kämpfen jetzt schon viele mit den Folgen von Inflation und Pandemie
Hamburg. Jens Stacklies ist sauer. Sehr sauer. „Das, was sich gerade in Berlin anbahnt, ist eine Katastrophe für die Gastronomie“, sagt Hamburgs stellvertretender Chef des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga). Es geht um den Mehrwertsteuersatz für Speisen in Restaurants und Cafés. Dieser war vorübergehend von 19 auf sieben Prozent gesenkt worden, um die Betriebe in der Corona-Krise zu entlasten. Jetzt plant die Ampelkoalition zum Jahreswechsel Berichten zufolge die Rückkehr zum ursprünglichen Steuersatz.
Die Aufregung ist riesengroß. In den vergangenen Wochen hatte die Branche vehement für eine erneute Verlängerung der Sonderreglung gekämpft. Noch ist das Ende nicht im Bundestag beschlossen, aber die Zeichen stehen angesichts der angespannten Haushaltslage nicht gut. Wird Essengehen bald Luxus? „Alles wird um zwölf Prozent teurer“, warnt Stacklies vor neuerlichen Preiserhöhungen als Folge der höheren Steuerbelastung.
Restaurant Hamburg: So wollen Gastronomen wie Block House ihre Preise erhöhen
Die Auswirkungen der Pandemie, die Steigerungen der Energie- und Lebensmittelpreise, höhere Lohnkosten und die anhaltende Konsumzurückhaltung – schon seit Jahren stehen viele Betriebe massiv unter Druck. „Da ist oft kein Puffer mehr“, so der Chef der Stacklies-Gruppe mit 250 Beschäftigen, zu der die Privatbrauerei Gröninger, die Fischauktionshalle und die Restaurants Schönes Leben gehören.
Statt Steuerfairness zu schaffen und Essen einheitlich mit sieben Prozent zu besteuern, würden Tausende Existenzen gefährdet, der Verlust von Lebensqualität und gastronomischer Vielfalt provoziert, kritisiert der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband. „Wir sind die Wohnzimmer der Stadt. Die Frage ist, wie lange noch?“, fragt Stacklies, der etwa 6000 Gastronomie-Betriebe in Hamburg vertritt. Inzwischen höre er von immer mehr Unternehmen, die aufgeben wollten. 400 Restaurants sieht er bedroht. Bundesweit könnten nach Angaben des Verbands 12.000 Restaurants in Folge der Mehrwertsteuer-Erhöhung schließen.
Block-Gruppe: Preise für Steaks steigen
„Die Zeiten werden hart werden“, sagt auch Stephan von Bülow, Vorsitzender der Geschäftsführung der Block-Gruppe und stellvertretender Präsident des Dehoga-Bundesverbandes. In den Häusern des von Eugen Block gegründeten Unternehmens werden Steaks & Co. wohl ebenfalls teurer. Bei einem Umsatzanteil von 75 Prozent durch Speisen und 25 Prozent über Getränke, fehlten nach der Rückkehr zum alten Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent unter dem Strich zehn Prozent netto in der Kasse, rechnet der Block-Chef vor. Das lasse sich nicht an anderer Stelle einsparen.
Schon Ende Oktober waren die Preise in den Block-House-Restaurants um 5,3 Prozent angehoben worden. Damit wollte das Unternehmen die gestiegenen Kosten für Lebensmittel, Löhne und Energie auffangen. Die Folge: Bestseller Mrs. Rumpsteak etwa steht inzwischen mit 22,50 Euro auf der Speisekarte. Dabei wird es nicht bleiben. Demnächst werden wohl neue Speisekarten gedruckt. „Auf wahrscheinlich sechs bis sieben Prozent“ beziffert von Bülow die nächste Preisrunde.
Restaurant-Preise seit 2021 um 20 Prozent gestiegen
Die Block-Gruppe ist kein Einzelfall. Bundesweit sind die Preise in Restaurants, Cafés und Bars in den vergangenen beiden Jahren deutlich gestiegen: Nach Zahlen des Statistischen Bundesamts kosteten „Gaststättendienstleistungen“ im Oktober 2023 etwa 20 Prozent mehr als im Januar 2021. Im Vergleich zu Februar 2022, also dem Monat, in dem der Ukraine-Krieg begann, liegt das Plus bei etwas mehr als 14 Prozent.
Gastronomie Hamburg: Bündnis plant weitere Aktionen
In der Branche herrscht Katerstimmung, nachdem zuletzt die Hoffnung auf einen weiteren Aufschub für das Ende der Pandemie-Sonderregelung gestiegen waren. „Es gab sehr gute Signale aus Berlin“, sagt Kemal Üres, Hamburger Gastronom (La Paz, Daily You) und Blogger (Gastroflüsterer). Er hatte Anfang Oktober mit dem Aktionsbündnis Vereint für die Gastro eine bundesweite Kampagne „Rettet die Vielfalt“ für den Erhalt der sieben Prozent Mehrwertsteuer gestartet und Firmen wie Lieferando, Metro oder TransGourmet als Mitstreiter gewonnen.
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„Es kann nicht sein, dass unsere Branche ausbaden muss, was die Politiker nicht auf die Reihe bekommen“, sagt Üres im Hinblick auf die aktuelle Haushaltsdebatte. Aufgeben will er den Kampf nicht. „Wir gehen in die zweite Runde“, sagt er. Details könne er noch nicht nennen. „Aber es wird schon in der nächsten Woche etwas passieren, auch sichtbar auf der Straße.“
Auch Gastronom und Dehoga-Vize Jens Stacklies plant als Reaktion auf die Pläne der Berliner Ampelkoalition einen drastischen Schritt. „Wir werden die Preise für alle Gerichte um zwölf Prozent erhöhen“, sagt der Hamburger. Auf seinen Speisekarten solle es dann auch einen Hinweis geben, dass die Steuererhöhungen der Grund für die teureren Preise sind.