Hamburg. Hamburger zahlen in der Grundversorgung bei Vattenfall noch 42 Cent für die Kilowattstunde. Das geht deutlich günstiger.

Steffen Preißler

Die Hamburger können in diesem Winter mit einem deutlich günstigeren Strompreis rechnen als im Vorjahr. Denn von Oktober 2022 bis zum Oktober 2023 ist der Preis für eine Kilowattstunde (kWh) Strom um rund 28 Prozent gesunken. Nach Berechnungen des Vergleichsportals Verivox zahlen jetzt Verbraucher im Schnitt 38,55 Cent pro kWh. Vor einem Jahr waren es noch 53,83 Cent.

Bei günstigen Stromanbietern sind aktuell Preise von 31 bis 37 Cent pro kWh bei einem Neuabschluss möglich, inklusive einer Preisgarantie von zwölf Monaten. „Vor allem deutliche Preisrückgänge auf den Rohstoffmärkten sorgen für Entlastung. Viele Versorger geben die gesunkenen Einkaufspreise an ihre Kunden weiter“, sagt Thorsten Storck, Energieexperte bei Verivox.

Strompreis im Großhandel auf 81 Euro pro Megawattstunde gesunken

Strom, der kurzfristig beschafft werden kann, wird an der Börse immer günstiger. Eine Megawattstunde kostet dort rund 81 Euro. Vor einem Jahr waren es noch 143 Euro. Ein Grund ist der Rückgang des Gaspreises, denn auch in Gaskraftwerken wird Strom erzeugt. Mit der schwindenden Angst vor Versorgungsengpässen seien die Großhandelspreise für Energie in den vergangenen Monaten kontinuierlich gesunken, sagt Storck.

Photovoltaik und Wind erzeugen jetzt zumindest tagsüber mehr als die Hälfte der benötigten Energie. „Grundversorger haben in der Regel eine langfristige Beschaffungsstrategie. Daher gehörten sie während der Energiekrise zu den günstigsten Anbietern im Markt. Das Bild hat sich nun gedreht, sinkende Beschaffungskosten kommen bei Neukundentarifen überregionaler Versorger schneller an“, sagt Storck.

Hamburger zahlen noch 42 Cent für Strom in der Grundversorgung von Vattenfall

Hamburger, die ihren Strom noch für rund 42 Cent pro kWh in der Grundversorgung von Vattenfall beziehen, können bis zu 540 Euro durch einen Wechsel im Jahr sparen. Auch im Sommer hatte Vattenfall schon diesen Preis. Seit Ende Juni 2023 hat sich der Tarif nicht mehr verändert.

Doch nicht nur günstigere Preise sprechen für einen Wechsel. Denn wenn es draußen dunkler und kälter wird, steigt der Stromverbrauch in den Haushalten. Nach Berechnungen des Energiekonzerns E.on verbraucht ein Haushalt im Herbst und Winter im Durchschnitt 40 Prozent mehr Strom als in den Sommermonaten. So geht im Herbst und Winter das Licht früher an, aber auch Geräte wie Fernseher und Herd sind deutlich häufiger in Betrieb. Im Sommer reduziert zudem der Urlaub den heimischen Stromverbrauch.

Vor dem Winter lohnt der Wechsel, weil mehr Strom verbraucht wird

Wer ein eigenes Haus bewohnt, sollte noch auf einen anderen Stromfresser achten. Eine ältere Heizungspumpe kann locker 600 kWh Strom pro Jahr verbrauchen. Heizungspumpen dienen der Verteilung des warmen Wassers, das durch die Heizkörper im Haus fließt. Eine moderne Pumpe kommt mit weniger als 50 kWh im Jahr aus.

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„Hamburger sollten jetzt aktiv den Wechsel betreiben, wenn sie nicht noch in langfristigen Verträgen gebunden sind“, sagt Jan Bornemann, Energieexperte der Verbraucherzentrale Hamburg. „Abwarten bringt nichts.“ Aus der Grundversorgung kann mit einer Kündigungsfrist von zwei Wochen gewechselt werden.

Wechsel bringt mehr als die Strompreisbremse der Regierung

Zwar gilt noch die Energiepreisbremse und sie wird auch bis Ende April 2024 verlängert. Danach ist der Preis für den Privatverbraucher für 80 Prozent des Verbrauchs bei 40 Cent pro kWh begrenzt, aber mit einem Wechsel fällt die Einsparung viel höher aus. Außerdem haben Versorger signalisiert, dass der Beschluss der Regierung für eine Anpassung der Abrechnungssysteme viel zu spät gekommen sei.

Das günstigste Angebot für Hamburger beim Bezug von 4000 kWh kommt von Immergrün. Der Preis im ersten Jahr liegt mit 1295 Euro rund 30 Prozent unter dem Preis bei der Grundversorgung von Vattenfall. Gespart werden im ersten Jahr 540 Euro.

Stromanbieter hübschen ihre Tarife mit hohen Boni auf

Allerdings gehen rund 40 Prozent des Einspareffekts auf den hohen Bonus in Höhe von 228 Euro im ersten Jahr zurück. Das gilt auch für viele andere günstige Anbieter (s. Tabelle) wie Montana oder Grünwelt, mit denen sich knapp 500 Euro im ersten Jahr einsparen lassen. Die Konsequenz: Nach einem Jahr muss man sich einen anderen günstigen Anbieter suchen, weil der Bonus dann wegfällt.

Seitdem solche Boni in größerem Umfang wieder erlaubt sind, werden sie von den Stromanbietern massiv genutzt, um neue Kunden zu gewinnen. Es gibt zwar auch Tarife ohne Boni, aber die Einsparungen gegenüber dem Grundtarif bei Vattenfall liegen dann nur noch bei rund 370 Euro im Jahr. Die höchste Ersparnis ohne Boni verspricht noch Anbieter Enercity mit 386 Euro beim Verbrauch von 4000 kWh.

Ohne Boni ist der Arbeitspreis für den Strom günstiger als mit Boni

Selbst vom selben Anbieter gibt es Tarife mit und ohne Boni, wie das Beispiel Grünwelt zeigt. Dabei ist der Tarif ohne Boni sogar günstiger, wenn man nur Arbeits- und Grundpreis vergleicht. So kostet im Boni-Tarif die kWh 33,67 Cent und ohne Boni 32,65 Cent. Auch der Arbeitspreis pro Monat ist ohne Boni mit 12,50 Euro deutlich preiswerter als mit Boni (27,50 Euro). Es ist eine verrückte Tarifwelt.

Wer sich einen Tarif ohne Boni besonders lange sichern will, kann das mit Rhön Energie tun. Der Arbeitspreis von 33,50 Cent und der monatliche Grundpreis von 12 Euro werden bis Ende 2025 garantiert. Alle anderen Tarife in der Tabelle haben nur eine Preisgarantie für zwölf Monate. Die Ersparnis bei Rhön Energie im ersten Jahr liegt bei rund 350 Euro.

Hamburg: Netzentgelte steigen nur unterdurchschnittlich

Die Anbieter übernehmen keine Preisgarantie, wenn sich die Mehrwertsteuer ändert, die Stromsteuer erhöht wird oder eine Anpassung der Netzentgelte droht. Gestiegene Beschaffungskosten auf dem Großhandelsmarkt sind aber kein Grund für eine Preiserhöhung in Verträgen mit einer solchen Preisgarantie, „Wenn man sich für einen Sondervertrag entscheidet, sollte man schon auf eine Preisgarantie achten“, rät Verbraucherschützer Bornemann.

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Allerdings kann es sein, dass mit Beginn des nächsten Jahres auch bei einer Preisgarantie eine Preiserhöhung droht. Denn die Netzentgelte steigen in Hamburg um vier Prozent. Das liegt aber deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von elf Prozent. Mit den Netzentgelten bezahlt der Stromanbieter für die Durchleitung des Stroms zum Kunden. Die Gebühr bekommen die Netzbetreiber. Im Schnitt macht sie knapp zehn Cent des Strompreises aus, wenn man noch die Messung des Verbrauchs einkalkuliert (s. Grafik).

Hohe Einsparung auch ohne Anbieterwechsel möglich – so geht es

Stromdiscounter haben in der Energiekrise im vergangenen Jahr für negative Schlagzeilen gesorgt, weil sie während der Preisgarantie höhere Preise gefordert oder die Belieferung ganz eingestellt hatten. In den Vergleich des Abendblatts wurden nur Anbieter aufgenommen, die beim Vergleichsportal Check24 eine Weiterempfehlungsquote von mindestens 80 Prozent haben. „Allerdings wird dabei meist nur das Prozedere des Wechsels bewertet und nicht Probleme, die sich erst später ergeben“, sagt Bornemann. „In der gegenwärtigen Lage wäre ich aber nicht zu ängstlich, denn die Lage am Strommarkt hat sich entspannt.“

Wer bei den Stromdiscountern nicht abschließen will, findet günstigere Angebote außerhalb der Grundversorgung auch bei bekannten Energiekonzernen wie E.on oder Hamburg Energie. Auch wer sich für Vattenfall entscheidet, kann günstiger als in der teuren Grundversorgung seinen Strom beziehen – unter anderem mit dem Tarif ÖkoStrom12 Hamburg. Damit ist im ersten Jahr eine Einsparung von 513 Euro gegenüber der Grundversorgung möglich. Für die kWh Strom werden dann rund 34 Cent statt 42 Cent fällig. Allerdings arbeitet Vattenfall auch hier mit einem Bonus von 200 Euro im ersten Jahr.