Hamburg. Böses Erwachen für Bahn-Kunden: Wie die App DB Navigator für Ärger mit dem Deutschlandticket sorgt – und warum das teuer werden kann.
Das 49-Euro-Ticket erfreut sich größter Beliebtheit. Seit der Einführung im Mai wurden bundesweit mehr als elf Millionen dieser in ganz Deutschland gültigen Abos für den Nah- und Regionalverkehr (daher der offizielle Name „Deutschlandticket“) verkauft. Allein der Hamburger Verkehrsverbund HVV hat 860.000 solcher Abos abgesetzt und inzwischen mehr als eine Million Abonnenten – rund 30 Prozent mehr als je zuvor. Auch die Fahrgastzahlen steigen und steigen.
Doch mitunter sorgt diese Ticketrevolution, die ganz überwiegend auf digitale Vertriebskanäle setzt, noch für Frust. So mussten in letzter Zeit Deutschlandticket-Inhaber, die ihr Abo bei der Deutschen Bahn abgeschlossen und ihr Ticket in der App DB Navigator gespeichert haben, feststellen, dass es dort nicht mehr auffindbar war – was man unglücklicherweise in der Regel erst dann merkt, wenn die Kontrolleure schon vor einem stehen.
HVV: Wie die Bahn das Verschwinden des 49-Euro-Tickets erklärt
Und dann ist es meist zu spät: Wer den entsprechenden QR-Code nicht vorzeigen kann, wird im HVV-Bereich wie jeder andere Schwarzfahrer behandelt: Aussteigen, Personalien erfassen und einen Bescheid über ein „erhöhtes Beförderungsentgelt“ in Höhe von 60 Euro in Empfang nehmen. „Sehr peinlich“ sei das gewesen, schildert ein Fahrgast, der in der S-Bahn auf dem Weg zur Arbeit nach Hamburg auf den Bahnsteig gebeten wurde – obwohl er doch ein Deutschlandticket hat. Nicht nur er, auch andere davon betroffene Fahrgäste, fragten sich: Warum war das Ticket nicht mehr in der App?
Auf Anfrage des Abendblatts erklärte die Deutsche Bahn das mit dem Update des DB Navigators: Wenn die App auf die neue Version (internes Kürzel: 24.1) aktualisiert werde, die seit Oktober verfügbar ist, würden die Nutzer „automatisch aus der App ausgeloggt“, so eine Bahn-Sprecherin. „Sie müssen sich dann mit ihren Anmeldedaten neu einloggen. Anschließend werden ihre gebuchten Tickets im Menüpunkt ,Reisen‘ automatisch geladen.“
Nutzer des DB Navigator merken nicht, dass ihr Ticket nicht mehr da ist
Das Problem dabei: Über dieses automatische „Ausloggen“ werden die Nutzer nicht informiert. Theoretisch könnten sie es beim Öffnen der App bemerken – doch dafür haben Pendler, die jeden Tag die gleiche Strecke hin- und zurückfahren, im Prinzip keinen Grund. Im HVV-Bereich muss man sein Ticket ja nur bei Kontrollen vorzeigen, und gelegentlich im Bus.
Auch das automatische Laden des Deutschlandtickets beim erneuten Einloggen in den DB Navigator klappte nicht immer. Einige Kunden berichten, dass sie dafür selbst aktiv werden und ihre Abo-Nummer eingeben mussten – die sie aber sponan nicht zur Hand hatten. Wer hat das schon? Kleiner Tipp: Sie steht unter anderem in der E-Mail, mit der der Kauf des Tickets bestätigt wurde – wenn man die denn noch findet ...
Ob das Ticket automatisch geladen wird, könne davon unter anderem abhängen, wie und wo sich Nutzer in die App einloggen, erklärte die Bahn dazu. Erfolge das bei schlechtem Internetempfang, beispielsweise in der U-Bahn, könne das Laden des Tickets zu lange dauern, wodurch der Vorgang abgebrochen werde. Wie man den Abo-Fahrschein dann „händisch“ reaktiviert, erklärt die Bahn auf dieser Webseite – offensichtlich eine Reaktion auf ein vermehrtes Auftreten dieses Problems.
49-Euro-Ticket: Bahn akzeptiert auch andere Nachweise als Fahrschein
Immerhin: „Bei Kontrollen ist die Deutsche Bahn, wie auch andere Verkehrsunternehmen, kulant und erkennt bis zum Jahresende vorübergehend auch die Bestellbestätigung bzw. das bisherige Abo-Ticket als gültigen Fahrausweis an“, so eine Sprecherin. Nur wer nichts davon vorzeigen könne, müsse mit einer „Fahrpreisnacherhöhung“ rechnen, also einer Strafe. „Auf diese wird aber verzichtet, wenn man im Nachhinein ein gültiges Deutschlandticket vorlegen kann“, so die Sprecherin.
Im HVV-Bereich gilt eine etwas andere Regelung: Das „erhöhte Beförderungsentgelt“ in Höhe von 60 Euro könne bei nachträglichem Vorzeigen eines gültigen Tickets auf sieben Euro reduziert werden, so Sprecher Rainer Vohl. Wer ein HVV-Deutschlandticket habe und dieses zum Beispiel in der HVV Switch App speichere, müsse allerdings keinerlei Aktualisierung veranlassen, das geschehe automatisch.
HVV hat schon 860.000 Deutschlandtickets verkauft – Bahn nennt keine Zahlen
In diese Falle sollen auch Bahn-Kunden künftig nicht mehr tappen. Denn für die neue Version des DB Navigators gelte: In dieser App werde den Kundinnen und Kunden zwar nur das Handy-Ticket für den aktuell gültigen Monat angezeigt. Aber, so eine Sprecherin: „Der Gültigkeitszeitraum auf dem Handy-Ticket aktualisiert sich automatisch zum Monatswechsel auf dem vorhandenen Ticket.“
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Die Masse der Deutschlandtickets in Hamburg und Umgebung dürfte über den HVV verkauft worden sein – bislang 860.000. Darunter sind 284.000 Jobtickets sowie nur auf Hamburg bezogen 84.000 Schülertickets und 75.300 Tickets mit Sozialrabatt – alles Fälle, in denen das Ticket sogar noch günstiger als 49 Euro im Monat ist.
Wie viele Deutschlandtickets die Deutsche Bahn im Norden verkauft hat, konnte die Sprecherin nicht sagen – und verwies auf den HVV. Dort zeigte man sich überascht: Man habe nur Angaben zu den eigenen Verkaufszahlen, nicht zu denen anderer Unternehmen.
HVV: 49-Euro-Ticket kann bei jedem Verkehrsverbund erworben werden
Grundsätzlich kann das Deutschlandticket bei jedem Verkehrsverbund im Land erworben werden und ist immer bundesweit gültig. In der Regel werden die Kunden den Verbund in ihrer Heimat auswählen – im Großraum Hamburg also den HVV. Die Bahn dürfte immer dann als Anbieter ins Spiel kommen, wenn die Kunden viel überregional reisen wollen (wobei das 49-Euro-Ticket nicht für Fernzüge wie IC und ICE gilt) oder wenn überregional tätige Firmen allen Mitarbeitern bundesweit Jobtickets anbieten und diese dann nicht bei einem regionalen Verkehrsbetrieb einkaufen, sondern zentral bei der Bahn.