Hamburg. Mit welchen Anreizen der Verkauf von Neubau-Eigentumswohnungen angekurbelt wird. Manche Bauträger übernehmen Grunderwerbsteuer.

Wenn die letzten Handwerker das Neubauobjekt verlassen haben, ist es höchste Zeit, endlich einen Käufer zu finden. Das Parkett ist verlegt, die Innentüren eingebaut und die Fenster längst geputzt. Nur die Käufer für die Eigentumswohnung in Hamburg lassen auf sich warten. „Der Neubau ist so gut wie tot. Wir haben nur noch vereinzelt Abschlüsse zu Finanzierungen eines Neubauobjekts“, sagt Frank Lösche vom Baugeldvermittler Dr. Klein.

Da müssen sich Makler etwas einfallen lassen: Kaufpreisreduzierungen bis zu 300.000 Euro oder Übernahme der Grunderwerbsteuer, immerhin ein fünfstelliger Betrag, sollen helfen, den schwer angeschlagenen Neubaumarkt in der Hansestadt wieder anzukurbeln.

Immobilie Hamburg: Kaufpreissenkung aber nur für ausgewählte Kunden

Um die Preise nicht ganz zu versauen, erfahren von den Kaufpreisreduzierungen zunächst nur die vorgemerkten Kunden. „Als Abonnent unseres Newsletters möchten wir Ihnen heute die verfügbaren Wohnungen exklusiv zu einem Vorzugspreis anbieten“, schreibt Icon Immobilien am Mühlenkamp schon Anfang August seinen Kunden.

Die Preisreduzierung betrifft eine Villa im Park nahe Eppendorf mit sechs großzügigen, bezugsfertigen Eigentumswohnungen. Wohnung Nr. 5 mit knapp 140 Quadratmetern kostet statt 1.649.000 Euro jetzt nur noch 1.345.000, also gut 300.000 weniger. Wohnung Nr. 3 mit 180 Quadratmetern wurde um knapp 190.000 Euro günstiger und kostet jetzt 1.610.000 Euro.

Neubau Hamburg: Kaufpreisreduzierungen von bis zu 18 Prozent für Luxusobjekte

Verkauft sind diese Immobilien noch nicht. Aber mit Preisreduzierungen zwischen zehn und 18 Prozent je Wohnung, was stets sechsstelligen Beträgen entspricht, wurden inzwischen zwei der sechs Einheiten veräußert. Bereits Anfang Februar 2022 startete die Vermarktung des Objekts.

Doch zu diesem Zeitpunkt begann auch die Wende am Immobilienmarkt. Die Zinsen für Hypothekendarlehen stiegen, Russland begann den Angriffskrieg gegen die Ukraine und in der Folge explodierten die Energiepreise. Hohe Inflationsraten sind die Folge. Eine Immobilie können sich immer weniger Hamburger leisten.

Immobilie erwerben: Wer später kauft, kann viel Geld sparen

Während bei Bestandsbauten Preisreduzierungen beim Verkauf die Regel sind, argumentierte die Branche lange, dass das im Neubau gar nicht möglich sei.

„Die Projektentwickler haben die Grundstücke zu hohen Preisen eingekauft und sind auch mit den gestiegenen Materialkosten und höheren Zinsen für die Zwischenfinanzierung bis zum Verkauf belastet“, sagt Frank Stolz, Geschäftsführer Wohnen-Neubau des Hamburger Maklers Grossmann & Berger.

Preisreduzierungen waren der Branche bis zum Beginn der Immobilienkrise unbekannt. Kaum hatte die Vermarktung der Projekte begonnen, setzte der Ansturm der Kaufwilligen ein. Mit niedrigen Zinsen von einem Prozent konnten auch hohe Kaufpreise finanziert werden. Für die Vermarkter war die hohe Nachfrage ein Indiz, dass bei den Preisen noch etwas geht. Sie wurden einfach erhöht. Belohnt wurde, wer früh kaufte, ohne dass von dem Neubau schon etwas zu sehen war. Jetzt zahlt sich für Kaufwillige abwarten aus. Denn die Preise für Neubauten sind seit Anfang 2022 zum Teil deutlich gesunken (siehe Grafik).

Neubau Hamburg: Preisreduzierungen locken mehr Kaufwillige an

Wie beim Objekt Habichthorst in Niendorf. Die Vermarktung der sechs Eigentumswohnungen, die zwischen 72 und 113 Quadratmeter groß sind, begann schon im Sommer 2021. Drei Interessenten kauften zu den noch höheren Preisen. Doch jetzt wirbt Icon Immobilien seit Mitte August auch hier mit einer Preissenkung von bis zu 70.000 Euro für die drei verbleibenden Einheiten, die noch im Bau sind. Wohnung Nr. 6 kostet jetzt 869.000 Euro statt bisher 939.000 Euro, was einer Preisreduzierung von 7,5 Prozent entspricht.

Abschlüsse gibt es noch keine. „Aber die Preisreduzierungen haben das Interesse deutlich gesteigert, es gibt mehr Interessenten“, sagt René Schwigon, Mitglied der Geschäftsführung von Icon Immobilien. „Die Preise sind jetzt marktgerecht, weitere Preisreduzierungen wird es bei diesen Immobilien nicht geben. Solche Erwartungen können wir im persönlichen Gespräch auch ausräumen.“

Immobilie Hamburg: Makler beklagen langsame Vertriebsgeschwindigkeit

Mit der Vermarktung des Wohnprojekts Mühlenau Gärten in Pinneberg begann Grossmann & Berger im Mai 2023. Die Kaufpreise beginnen bei 368.000 Euro. Von den zunächst 27 Wohnungen sind erst zwei verkauft, allerdings ist die Fertigstellung erst Ende nächsten Jahres geplant. Der einzige Vorteil für die Käufer bisher: Sie müssen keine Courtage zahlen.

„Die Vertriebsgeschwindigkeit von Neubauwohnungen blieb in den letzten Monaten hinter den Erwartungen zurück“, sagt Stolz. Vor allem sei der Vertrieb schwer planbar. „Mal verkaufen wir bei einem Projekt fünf Einheiten in einem Monat, dann ein oder zwei Monate lang nur ein bis zwei Wohnungen.“ Allerdings ziehe die Nachfrage gerade wieder an.

Wohnungen in Hamburg-Barmbek leicht im Preis reduziert

Aber auch Grossmann & Berger räumt Preisreduzierungen ein. „Es gibt verschiedene Spielarten, wie man den Kunden in der gegenwärtigen Situation entgegenkommen kann“, sagt Stolz. Dazu gehören Preisreduzierungen, über deren Größenordnung Stolz nicht sprechen möchte. Oder dass der Kaufpreis erst bei Fertigstellung gezahlt werden muss, was den Käufern die Zinsen für die Zwischenfinanzierung und eine längere Doppelbelastung erspart. „Oder es gibt eine hochwertigere Ausstattung zum Ursprungspreis“, so Stolz. „Wir klären schon, wenn wir Projekte in den Vertrieb übernehmen, welchen Verhandlungsspielraum es gibt.“

An den 63 Wohnungen in Barmbek mit dem Projektnamen Louise versucht sich jetzt mit Grossmann & Berger schon der zweite Makler. Bei diesem Objekt gab es „leichte Preisreduzierungen“, wie Stolz sagt. Von den 63 Wohneinheiten sind erst 14 verkauft.

Bauträger Behrendt bezahlt für Käufer die Grunderwerbsteuer

Bereits seit dem Frühjahr ist das Wohnungsprojekt 371 Barmbek-Süd mit 20 Einheiten von Behrendt fertiggestellt. Die Vermarktung begann schon vor anderthalb Jahren. Sieben Wohnungen zwischen 495.000 Euro und 984.000 Euro sind noch nicht verkauft, zwei weitere zumindest reserviert. Doch Reservierung heißt in diesen Zeiten nicht viel, denn mitunter platzt bei aller Kaufbereitschaft die Finanzierung. Die Banken sind jetzt rigider bei der Kreditvergabe.

Das Projekt 371 Barmbek-Süd: Sieben von 20 Wohnungen sind noch nicht verkauft.
Das Projekt 371 Barmbek-Süd: Sieben von 20 Wohnungen sind noch nicht verkauft. © Behrendt Gruppe | Behrendt Gruppe GmbH & Co. KG

Um Käufer anzulocken, übernimmt Behrendt die Grunderwerbsteuer in Höhe von 5,50 Prozent beim Kauf der Immobilie. Bei einer noch verfügbaren Drei-Zimmer-Wohnung mit 96 Quadratmetern Wohnfläche und einem Preis von 984.000 Euro sind das rund 54.000 Euro, die die Käufer sparen. Auch bei dem Projekt Freiraum in Jenfeld wird die Grunderwerbsteuer übernommen. Allerdings gibt es dort nur noch eine Wohnung für rund 600.000 Euro. Auch Sparda Immobilien bot bis Ende August für mehrere Neubauprojekte von Eigentums- und Ferienwohnungen die Übernahme der Grunderwerbsteuer an.

Immobilie Hamburger Umland: Pro Monat nur eine Wohnung verkauft

Noch schwieriger ist der Verkauf von Neubauwohnungen außerhalb Hamburgs. Nicht verwunderlich bei Quadratmeterpreisen von knapp 7000 Euro. Etwa bei dem Projekt Reinlage in Rellingen. Von den insgesamt 53 Wohneinheiten sind jetzt noch 22 verfügbar, Anfang Mai waren es noch 27. Pro Monat wurde gerade einmal eine Wohnung verkauft. Doch hier hält sich Behrendt mit Kaufanreizen noch zurück. „Die Fertigstellung ist erst im Sommer 2024. Vielleicht kommt uns noch die Zeit entgegen“, sagt eine Sprecherin von Behrendt.

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Noch schwieriger ist es für die Unternehmen, wenn die Wohnungen bereits bezugsfertig sind. Etwa bei dem Projekt Rosenredder von Bonava in Uetersen mit 36 Einheiten. Zwischen Ende November 2022 und Mitte Oktober wurden lediglich zwölf Wohnungen verkauft, also rund eine Wohnung pro Monat.

Bonava: Elf bezugsfertige Wohnungen noch nicht verkauft

Dort warten noch elf bezugsfertige Wohnungen auf Käufer, zum Beispiel 60 Quadratmeter für 275.000 Euro. Leerstehende Wohnungen sind in Zeiten der Wohnungsnot für ein Unternehmen nicht gut.

Dabei hatte das Unternehmen bereits Ende 2022 mit einer Sparedition für dieses Objekt Schlagzeilen gemacht. Durch Eigenleistungen der Käufer konnte der Kaufpreis um bis zu 50.000 Euro reduziert werden. „Wir rechnen daher weiterhin damit, dass bis zum Abschluss der Arbeiten alle Wohnungen vergeben sind“, sagte Projektleiter Frederic Kilian Wieg damals. Doch durchschlagenden Erfolg hatte das offensichtlich auch nicht.