Hamburg. Der Baukredit für eine Immobilie kann sich leicht um mehrere Hundert Euro im Monat verteuern. Wie lässt sich das abfedern?
Eigentlich scheint es ganz logisch zu sein: Wer zehn Jahre lang Monat für Monat einen kleinen Teil seines Immobilienkredits abgetragen hat, sollte durch die Anschlussfinanzierung dann weniger stark belastet werden, weil ja schon ein ordentliches Stück des ursprünglichen Darlehens zurückgezahlt worden ist. Doch wenn in der Zwischenzeit die Zinsen stark gestiegen sind, kann die monatliche Belastung in den nächsten zehn oder mehr Jahren sogar deutlich höher ausfallen – und genau diese Situation tritt jetzt für zahlreiche Immobilienbesitzer in Hamburg ein.
Eine Beispielrechnung zeigt, wo das Problem liegt: Hat jemand Mitte 2014 eine Hypothek von 350.000 Euro aufgenommen – eine Doppelhaushälfte kostete zu dieser Zeit in Hamburg im Schnitt 400.000 Euro –, dann kam er beim damals geltenden Zins von 2,0 Prozent und einer durchaus nicht unüblichen Anfangstilgung von zwei Prozent auf eine monatliche Rate von knapp 1167 Euro, die Restschuld beträgt noch 272.580 Euro.
Würde der Hausbesitzer einfach diesen Kredit zum jetzt aktuellen Durchschnittszinssatz von 4,2 Prozent prolongieren, müsste er künftig schon eine monatliche Belastung von 1408 Euro tragen, nach weiteren zehn Jahren blieben bei einer anfänglichen Tilgungsrate von unverändert zwei Prozent aber immer noch 204.974 Euro Restschuld bestehen.
Immobilien Hamburg: Anschlussfinanzierung – Hausbesitzern droht ein Zinsschock
Wer gar nur die Mindest-Anfangstilgung von einem Prozent wählte, weil er sich beim Konsum möglichst wenig einschränken wollte und auf ohnehin steigende Immobilienpreise setzte, zahlte bisher monatlich gar nur 875 Euro. Künftig muss er sich aber wegen der entsprechend hohen Restschuld auf eine monatliche Rate von 1349 Euro einstellen – immerhin ein Plus von gut 54 Prozent. Einen solchen Immobilienbesitzer wird ein echter Zinsschock treffen.
„Wer mit einer niedrigen Tilgungsrate gut leben wollte, könnte jetzt ein Problem bekommen“, sagt dazu Max Herbst, Gründer der FMH Finanzberatung, die Bankkonditionen auswertet. „Es wird Fälle geben, in denen die Anschlussfinanzierung zum Problem wird“, sagt auch Baufinanzierungsspezialist Alexander Krolzig bei der Verbraucherzentrale Hamburg. „Das betrifft aber vor allem Kreditnehmer, die sich für kurze Zinsbindungen entschieden haben.“
Verbraucherschützer hätten jedoch stets dazu geraten, Laufzeiten von 15 oder 20 Jahren zu wählen. „Bei einer Tilgung von zwei bis drei Prozent ist nach 15 Jahren dann schon ein Drittel bis die Hälfte des Kredits abgetragen.“ Krolzig räumt aber ein: „Es gibt Banken, die auch in der Niedrigzinsphase zehnjährige Laufzeiten angeboten haben.“
Immobilien Hamburg: Reallöhne in zehn Jahren nur um gerade einmal zwei Prozent gestiegen
Zwar weist der Finanzexperte darauf hin, dass bei vielen Immobilienbesitzern das Einkommen seit der Aufnahme des ersten Baukredits gestiegen sein wird, was es ihnen möglich machen sollte, nun auch eine höhere Rate zu tragen. Doch laut Daten des Statistischen Bundesamts haben die Reallöhne – also die Löhne abzüglich der Inflationsrate – im Zeitraum seit 2014 um gerade einmal 2,0 Prozent zugelegt. Das ist nicht annähernd genug, um die höheren Belastungen der Kreditraten auszugleichen.
Dabei ist die in den Beispielen dargestellte Situation erst der Anfang. So konnte man etwa im Laufe des Jahres 2016 einen Immobilienkredit zu Zinssätzen von weniger als 1,2 Prozent abschließen. Das führte selbst bei einer Tilgungsrate von zwei Prozent zu einer monatlichen Belastung von nur 933 Euro, aus denen bei einer Prolongation zu den heutigen 4,2 Prozent künftig 1424 Euro werden – ein heftiger Aufschlag von fast 500 Euro, der die Familienkasse empfindlich treffen dürfte.
Natürlich kann ein Immobilienbesitzer eine niedrige Tilgungsrate wählen, um diesen Effekt zu dämpfen. Doch damit verschieben sich die Schwierigkeiten einfach nur weiter in die Zukunft, weil es dann noch viele Jahre länger dauert, bis der Kredit vollständig abbezahlt ist. „Man muss sich fragen, ob ein Darlehen auch im Rentenalter noch finanzierbar ist“, gibt Max Herbst zu bedenken.
Immobilien Hamburg: Bauzinsen könnten Experten zufolge noch weiter steigen
Auf Rückenwind von der Zinsseite können Immobilienbesitzer zumindest auf kürzere Sicht wohl eher nicht hoffen. „Ich denke, wir werden uns in der nächsten Zeit bei den Bauzinsen im Bereich zwischen 3,5 und 4,5 Prozent bewegen“, erwartet Verbraucherschützer Krolzig.
Herbst ist – aus der Perspektive der Kreditnehmer gesehen – noch pessimistischer. „Auch wenn die Europäische Zentralbank die Leitzinsen nicht weiter anhebt, dürften die Marktzinsen ansteigen“, sagt er. Denn in diesem Fall würden die Zweifel von Anleiheinvestoren daran, dass die Notenbank die Inflation wieder in den Griff bekommt, noch zunehmen und sie seien dann nicht mehr bereit, das aktuelle Zinsniveau zu akzeptieren. „Ich kann mir einen Hypothekenzins von 4,5 Prozent problemlos vorstellen“, so Herbst. Eine Rückkehr in den Bereich zwischen zwei und drei Prozent hält er dagegen für unwahrscheinlich.
Immobilienbesitzer, bei denen noch eine Anschlussfinanzierung ansteht, sollten sich nach Einschätzung von Experten schon sehr rechtzeitig vor dem Auslaufen des bisherigen Darlehens mit der Zinssituation und den Handlungsalternativen beschäftigen. Dazu gehört unter anderem die Frage, ob eine simple Prolongation des bestehenden Kredits angestrebt wird oder eine Umschuldung, vielleicht bei einer anderen Bank. Bei einer Prolongation fallen keine Notarkosten und Gebühren für eine Neueintragung ins Grundbuch an. Dafür sind die Zinsen häufig höher als bei einem Neuabschluss, weil man gegenüber der bisherigen Bank keine gute Verhandlungsposition hat. Zudem erlaubt die Prolongation nicht immer eine Anpassung der Tilgungsrate.
Wer überzeugt ist, dass die Kreditzinsen zum Zeitpunkt einer Anschlussfinanzierung höher liegen als heute, kann überlegen, sich die aktuellen Konditionen mittels eines sogenannten Forward-Darlehens zu sichern. Dies ist eine verbindliche Vereinbarung mit der Bank bezüglich der Kreditbedingungen bis zu fünf Jahre im Voraus. Allerdings verlangt die Bank dafür einen kleinen Zinsaufschlag.
Immobilien Hamburg: Verbraucherschützer raten von Bausparverträgen ab
Manche Finanzberater versuchen, Bausparverträge zu verkaufen, mit denen man einerseits einen bestimmten Betrag ansparen kann, der dann den Anschlussfinanzierungsbedarf verringert, und die andererseits mit einem vergleichsweise niedrigen Darlehenszins locken. Der Hamburger Verbraucherschützer Krolzig hält davon nicht viel: „Einen Bausparvertrag würden wir nicht empfehlen. Bei dem dabei üblichen geringen Guthabenzins ist diese Form des Ansparens nicht effizient.“
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Außerdem habe ein solcher Vertrag recht hohe Abschlusskosten, die den späteren Kreditzinsvorteil reduzierten, „und er ist rechtlich gesehen ein ziemlich komplexes Produkt.“ Bausparverträge seien allenfalls für die Finanzierung von absehbaren Renovierungen interessant, weil viele Banken keine Hypothekenkredite von weniger als 50.000 Euro vergeben.
Für Max Herbst besteht die wirksamste Vorsorge darin, jede Chance zu nutzen, den Kreditbetrag so früh wie möglich durch Sondertilgungen oder eine Teilkündigung zu verringern. Wer dafür Geld ansparen wolle, könne auf ein reguläres Tagesgeldkonto zurückgreifen.