Hamburg. Plazy.travel gibt Städtereisenden individuelle Empfehlungen. Welche Orte die Gründerinnen in ihrer Heimatstadt toll finden.

Kathrin Sander und Inka Schmeling wissen ziemlich genau, welche Informationen für Touristen bei der Reiseplanung wichtig sind. Die Journalistinnen haben gut zwei Jahrzehnte lang beim und für das Reisemagazin „Merian“ aus dem Hamburger Jahreszeiten-Verlag gearbeitet. Sander zuletzt als stellvertretende Chefredakteurin, Schmeling als Ressortleiterin. Gute Tipps und Anregungen geben, ist das Kerngeschäft der Reise-Expertinnen.

Sander und Schmeling machen das jetzt auf eigene Rechnung. Sie haben bei „Merian“ gekündigt und das Internetportal Plazy.travel gegründet. Es ist eine Art Reiseführer – nur anders. Digital statt gedruckt, auf individuelle Vorlieben zugeschnitten statt der ganz große Überblick, vor allem aber: Plazy liefert die Vorschläge, was man in einer Stadt wie Hamburg, Berlin, Wiesbaden, Frankfurt oder Schwerin so machen kann, kostenlos und binnen weniger Minuten. Man kann sagen, dass Kathrin Sander und Inka Schmeling den Reiseführer neu erfunden haben.

Geheimtipp Hamburg: Cafés, Restaurants, Shopping – Journalistinnen erfinden Reiseführer neu

Das hat viel mit dem Wunsch nach Bequemlichkeit zu tun. „Bei der Reiseplanung stundenlang im Internet zu recherchieren ist ja ziemlich aufwendig und anstrengend“, weiß Inka Schmeling. Kathrin Sander sagt: „Bei Merian haben wir von Lesern zuletzt häufig gehört, dass sie nicht unbedingt das ganze Heft wollen, sondern nur die Tipps, die zu ihnen und ihren Interessen passen.“

Das Versprechen von Plazy lautet: „Deine Reise, dein Programm. Für alle, die Freude am Reisen haben – aber keine Zeit für die Planung.“ Daher auch der Name: Das Kunstwort Plazy setzt sich zusammen aus Planung (planning) und lazy (faul, entspannt, bequem).

Deshalb sollten Nutzer anfangs schnell ein paar Fragen beantworten, was ihnen wichtig ist, was sie erleben wollen: Trubelige Szeneviertel oder Spaziergang im Park? Shopping oder eher Sehenswürdigkeiten? Vegane Bowls oder blutiges Steak beim Restaurantbesuch? Oder von allem ein bisschen? Plazy liefert seine Vorschläge prompt.

Geheimtipps Hamburg: In der Hansestadt liegt der Fokus auf Nachhaltigkeit

Auch für Hamburg, die Heimatstadt der Gründerinnen. Sie haben zunächst um die 50 Cafés, Restaurants, Modeläden und grüne Orte in der Stadt in ihre Empfehlungen aufgenommen. Der Schwerpunkt liegt auf vegetarischer und veganer Kost, nachhaltiger Fair Fashion und grünen Orten. „Für Großstädte wie Berlin oder Hamburg einen kompletten Überblick zu geben ist echt schwierig. Auch deshalb haben wir den Fokus auf das Thema Nachhaltigkeit gelegt“, sagt Inka Schmeling. Bekannte Sehenswürdigkeiten wie die Elbphilharmonie lässt Plazy dagegen weg.

Zu jeder empfohlenen Location gibt es ausführliche Informationen und einen Link zur Webseite, man kann sich den Standort auf der Karte und die Route dorthin zeigen lassen. Zudem zeigt Plazy, welche anderen Empfehlungen in der Nähe sind und welche anderen Locations in derselben Kategorie einen Besuch wert wären. Gedacht ist all das zwar vornehmlich für auswärtige Besucher, doch auch Hamburgerinnen und Hamburger, die sich in der Stadt auskennen, können Neues und Unbekanntes entdecken.

Und das sind die Top-Empfehlungen der Plazy-Macherinnen für Hamburg:

Café, Restaurant, Mode, Park – die Plazy-Tipps für Hamburg

Vegane Cafés

  • In guter Gesellschaft (Sternstraße)
  • Mamalicious (Max-Brauer-Allee)
  • Good one (Eimsbütteler Chaussee)
  • Aendrè (Lehmweg)
  • Nord Coast Coffee Roastery (Deichstraße)

Vegetarische Restaurants

  • Klinker (Schlankreye)
  • Tassajara (Eppendorfer Landstraße)
  • Căm on (Eppendorfer Weg)
  • Froindlichst (Daimlerstraße)
  • Happenpappen (Feldstraße)
  • Maui Poké Guys (Lange Reihe)
  • Mirou (Mühlenkamp)
Veganes Frühstück den ganzen Tag lang. Das Good one an der Eimsbütteler Chaussee gehört zu den schönsten Cafés in Hamburg, sagen die Plazy-Macherinnen.
Veganes Frühstück den ganzen Tag lang. Das Good one an der Eimsbütteler Chaussee gehört zu den schönsten Cafés in Hamburg, sagen die Plazy-Macherinnen. © Isabela Pacini / plazy GmbH | Isabela Pacini / plazy GmbH

Fair Fashion und nachhaltige Mode

  • Annette Rufeger (Marktstraße)
  • Rosenblatt und Fabeltiere (Clemens-Schultz-Straße)
  • MyMarini (Eppendorfer Landstraße)
  • Under Pressure (Schanzenstraße)
  • Narah Soleigh (Poelchaukamp)
  • Langbrett (Marktstraße)
  • Him & Laya (Lange Reihe)
  • Werte Freunde (Großer Burstah)

Grüne Orte und Ausflüge

  • Green Kajak
  • Inselpark Wilhelmsburg
  • Baakenpark
  • Planten un Blomen
  • Stadtpark
  • Elbstrand Övelgönne
  • Wohlers Park

Kostenlose Tipps – und wie verdient man damit Geld?

Nur: Wie finanziert man die ganze Arbeit, die in diesem Portal steckt, und wie verdient man damit Geld, wenn die Tipps und Geheimtipps für die Nutzer kostenlos sind? Den Journalistinnen ist eines besonders wichtig: „Wir geben gute Tipps, wir geben keine bezahlten Tipps.“ Eine Empfehlung bei Plazy können Gastronomen und Ladeninhaber sich nicht erkaufen. Sonst wäre die Glaubwürdigkeit beschädigt, sagen die Gründerinnen. „Man kann natürlich eine Anzeige schalten, aber die ist dann auch als Anzeige gekennzeichnet“, betont Kathrin Sander.

Die Blaupause für das Geschäftsmodell Plazy ist das erste Städteprojekt, das das Hamburger Start-up realisierte. Für die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden und deren Kongress- und Marketing-Firma als zahlendem Kunden. „Wir waren mit denen über ein anderes Thema im Gespräch, haben unsere Idee eher beiläufig erwähnt. Man ist dort sehr offen dafür, neue Wege zu gehen. Wiesbaden will mehr Besucher, und Wiesbaden will glückliche Besucher“, erzählt Inka Schmeling. Als klar war, dass das städtische Unternehmen den Auftrag gibt, reichten sie und Kathrin Sander ihre Kündigungen ein.

„Nur wir entscheiden, was wir empfehlen“, sagen die Gründerinnen

Einen „ordentlichen fünfstelligen Eurobetrag“, lasse sich Wiesbaden die Präsenz auf Plazy kosten, heißt es. Hinzu kommt eine Monatspauschale für den laufenden Betrieb. Und auch hier gilt: Der Geldgeber kann zu den Inhalten zwar Vorschläge machen und Anregungen geben, mehr aber nicht. „Wir schauen uns das an, entscheiden aber selbst, was wir gut finden und was passt.“ Es ist eine Art bezahlter, aber dennoch unabhängiger Reisejournalismus.

Für Wiesbaden haben die Gründerinnen mehr als 100 Tipps zusammengetragen, darunter Ausflüge in das nahe gelegene Rheingau. Die Weinregion gehört zu den Zielen, die demnächst ihr eigenes Plazy-Kapitel bekommen. So wie Frankfurt, Schwerin und Berlin. In der Hauptstadt wird es wie in Hamburg den Schwerpunkt Nachhaltigkeit geben. Das hat mit dem Geldgeber zu tun.

My Marini an der Eppendorfer Landstraße ist einer der Plazy-Geheimtipps. Der Laden hat sich auf faire und nachhaltige Bademode für Frauen spezialisiert.
My Marini an der Eppendorfer Landstraße ist einer der Plazy-Geheimtipps. Der Laden hat sich auf faire und nachhaltige Bademode für Frauen spezialisiert. © Isabela Pacini / plazy GmbH | Isabela Pacini / plazy GmbH

Finanziert wurde Plazy für die beiden größten deutschen Städte von der EU aus einem Fördertopf für digitale und nachhaltige Tourismusprojekte. Auch Hamburgs Investitions- und Förderbank sieht in dem Start-up offenbar Potenzial und überwies in der Startphase insgesamt 75.000 Euro Gründerförderung.

Cafés, Restaurants, Shopping – Plazy soll es bald für 20 Städte geben

Das Plazy-Einraumbüro in Eimsbüttel ist dieser Tage oft verwaist, Sander und Schmeling sind viel in Deutschland unterwegs, um neue Aufträge zu akquirieren. „Wir konzentrieren uns zunächst auf spannende Städte in der zweiten Reihe“, sagt Kathrin Sander. Bonn, Trier, Heilbronn – diese Größenordnung etwa. „International kommt sicher auch noch was“, sagt Inka Schmeling. Jedenfalls soll jetzt alles sehr schnell gehen. Mitte kommenden Jahres soll es Plazy bereits für 15 bis 20 Städte und Regionen geben und die Webseite so zur Inspirationsquelle für Kurzurlauber werden, die noch gar nicht so genau wissen, wohin die Reise gehen soll.

Wirtschaftlich laufe es ordentlich, sagen die Gründerinnen: „Die Firma trägt sich.“ Sander und Schmeling zahlen sich selbst ein festes Gehalt, „in überschaubarer Höhe“, heißt es. Längst nicht in jedem Start-up ist das eineinhalb Jahre nach der Gründung so. Die technische Produktion erledigt ein Team von freischaffenden Expertinnen und Experten, das die Jungunternehmerinnen um sich geschart hat.

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Deshalb bleibt ihnen selbst noch die Zeit, sich bei Seminaren und Veranstaltungen in der Hamburger Start-up-Szene zu tummeln und bei Seminaren und Veranstaltungen andere Gründer zu treffen. „Viele sind so Mitte, Ende 20 und wir regelmäßig die mit Abstand Ältesten“, sagt Kathrin Sander und lacht. „Das ist manchmal auch ein bisschen komisch – aber irgendwie cool.“