Hamburg. Möbelriese übernimmt Traditionsunternehmen aus Hamburg zu 100 Prozent. Das hat Folgen für die Häuser in Halstenbek und Wentorf.

Als der Hamburger Rudolf Schulenburg 1921 in Wilhelmsburg eine Tischlerei eröffnete, konnte er nicht ahnen, dass der Name seines Betriebs hundert Jahre später weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt sein würde. Möbel Schulenburg ist derzeit mit sechs Einrichtungshäusern in Norddeutschland vertreten – in markanter Würfelform und mit knallrotem Namenszug an der Fassade weithin sichtbar unter anderem am langjährigen Stammsitz in Halstenbek und in Wentorf bei Hamburg.

Doch jetzt müssen die Kunden sich auf Veränderungen einstellen. Der Möbelriese XXXLutz hat alle Schulenburg-Filialen zum 1. Oktober komplett übernommen. Künftig firmieren die Einrichtungshäuser unter dem Namen XXXLutz Schulenburg, teilte das Unternehmen auf Abendblatt-Anfrage mit.

XXXLutz übernimmt Schulenburg in Hamburg – auch der Norden ist betroffen

Die Übernahme ist Teil einer größeren Transaktion der XXXLutz-Gruppe mit Sitz im oberösterreichischen Wels. Bereits seit 2019 hält das Unternehmen gemeinsam mit der Tessner-Gruppe aus Goslar jeweils 50 Prozent an den Schulenburg-Standorten sowie an elf Tejo‘s SB Lagerverkauf-Märkten. Mit der jetzt erfolgten Neuordnung übernimmt XXXLutz zum 1. Oktober die Schulenburg-Häuser sowie den Tejo‘s SB Lagerverkauf im schleswig-holsteinischen Schleswig komplett. Dieser soll in die Discount-Marke Mömax eingegliedert werden.

Weiterer Teil des Deals: Der Name Tejo‘s SB Märkte verschwindet vom Markt. Die zehn übrigen Standorte der Vertriebsschiene werden an die Kette Roller angegliedert, ebenfalls ein Gemeinschaftsunternehmen der beiden Partner. Alles noch vorbehaltlich der Zustimmung der Kartellbehörden.

XXXLutz auf Expansionskurs, auch Dodenhof gehört zum Imperium

Der europäische Möbel-Multi arbeitet seit Längerem am Ausbau seines Imperiums auch in Deutschland – und verstärkt damit die Konzentration in der Branche. So hatte sich die Unternehmensgruppe vor fünf Jahren mehrheitlich in die Dodenhof-Einrichtungsstandorte in Kaltenkirchen und Posthausen eingekauft und das operative Geschäft übernommen. Schon 2014 hatte XXXLutz 13 Max-Bahr-Immobilien nach der Insolvenz der Baumarktkette übernommen und will dort eigene Möbelhäuser einrichten, unter anderem ist dies schon mit einem Mömax-Markt in Harburg geschehen. Auch die Möbelhändler Brügge (Neumünster) und Rück (Oberhausen, Pampow, Neubrandenburg) gehören zum Imperium der Oberösterreicher.

Nach dem jüngsten Deal ist die Unternehmensgruppe jetzt hierzulande mit 56 XXXLutz-Einrichtungshäusern und 47 Mömax-Märkten vertreten. Auch die Billigkette Poco gehört über den Giga-Einkaufsverband dazu. Insgesamt betreibt der 1945 gegründete Händler mehr als 370 Einrichtungshäuser in 13 europäischen Ländern. Der Jahresumsatz liegt nach eigenen Angaben bei 5,75 Milliarden Euro. Beschäftigt werden knapp 27.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Anfang 2023 hatte der Möbelriese sich zudem die Mehrheit der Aktien am Onlinehändler Home24 gesichert.

Schulenburg-Eigentümer will sukzessive neue Standards einführen

Zum Hintergrund der aktuellen Neuordnung äußerte XXXLutz sich auf Abendblatt-Anfrage ausschließlich schriftlich. „Die weitere Zentrierung der Vertriebsschienen auf die bekannten Marken XXXLutz und Roller erhöhen zum einen nochmals den Bekanntheitsgrad, zum anderen ermöglichen wir damit eine ideale Verknüpfung von analogem und digitalem Einkaufserlebnis“, heißt es aus der Deutschlandzentrale in Würzburg zum Hintergrund. Eine Anfrage an die Tessner-Gruppe blieb unbeantwortet. Das Familienunternehmen hatte das Stammhaus Schulenburg in Halstenbek von der Gründerfamilie gekauft. Nach der Übernahme des Möbelparks Sachsenwald war der Standort in Wentorf in Schulenburg umbenannt worden.

Dazu, wie es an den bisherigen Schulenburg-Standorten konkret weitergeht, teilte der Möbelhändler eher ausweichend mit: „Grundsätzlich ist es das Ansinnen, die Einrichtungshäuser, Abteilungen und Sortimente in ihrer Struktur und Basis weitgehend so zu belassen. Eine Anpassung entsprechend der XXXLutz-Standards erfolgt sukzessive“.

Auch beim Thema Arbeitsplätze hält sich das Unternehmen bedeckt: Gemeinsame Zielsetzung sei es, sichere Zukunftsperspektiven zu schaffen und Arbeitsplätze als starker Verbund mit internationalen Wachstumschancen langfristig zu erhalten und sogar auszubauen. Bei der Übernahme von Dodenhof in Posthausen etwa waren 2019 Medienberichten zufolge allerdings trotz anderer Ansagen Jobs abgebaut worden.

Möbelbranche steht vor schwierigen Zeiten

Nach dem hohen Nachfrage-Plus während der Corona-Pandemie, in der der Möbelhandel massiv von den Einschränkungen im öffentlichen Leben profitiert hatte, steht die Branche vor ungewissen Zeiten. Damals galt das Motto: Wenn wir schon nicht in den Urlaub können, machen wir es uns zu Hause schön. Inzwischen hat sich der Trend umgekehrt.

Zwar war der Gesamtumsatz mit Möbeln 2022 auf 37,32 Milliarden Euro gestiegen und hatte für ein Plus von 3,9 Prozent gesorgt. Damit lag die Branche nach Angaben des Marktforschungsinstituts EHI Retail Institute allerdings unter dem Niveau des gesamten Einzelhandels, der laut Statistischem Bundesamt ein nominales Plus von 7,8 Prozent erzielen konnte. Schon zum Jahresende 2022 habe sich der Trend zu einer steigenden Anzahl an Firmeninsolvenzen verfestigt, hieß es.

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Eine Prognose für das laufende Jahr sei angesichts rasant gestiegener Energiepreise, Rekordinflation und der Konsumzurückhaltung von Verbrauchern schwierig, so der Geschäftsführer des Handelsverbands Möbel und Küchen, Christian Haeser, im Frühjahr. „Es bleibt abzuwarten, wie lange der Trend zum Homing anhält und wie der Ukraine-Krieg sich weiterhin auf die Weltwirtschaft auswirkt.“ Darüber hinaus sei es sehr wahrscheinlich, dass nach den Entbehrungen der vergangenen drei Jahre die Tourismusbranche wesentlich höhere Umsätze erzielen werde, welche zumindest in jüngster Zeit zum Teil in die Home- und Livingbranche geflossen seien.

Diese Entwicklungen könnten dem Expansionshunger von XXXLutz in die Karten spielen. Zu den Zukunftsplänen heißt es, man werde den Wachstumskurs sowohl in Deutschland als auch international fortsetzen.