Hamburg. Merkwürdig gute Stimmung bei Tauffeier im Hamburger Hafen. Doch der geplante Einstieg von MSC bei der HHLA wirft seinen Schatten.
Als wäre nichts passiert: Zur Taufe der „Berlin Express“, des neuen Flaggschiffs der Reederei Hapag-Lloyd, am Containerterminal Burchardkai am Montagnachmittag präsentierten sich Senat und Reederei in bester Laune. Nichts sollte darauf hindeuten, dass vor weniger als drei Wochen eine hafenpolitische Entscheidung des Senats zu erheblicher Missstimmung geführt hat. Kein Wort vom Aufsichtsratschef Michael Behrendt über die Zurücksetzung seiner Reederei durch den Senat. Kein Wort von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) darüber, warum Hapag-Lloyd bei der Suche des Senats nach einem Partner für die HHLA den Kürzeren gezogen hat. Einträchtig marschierte man zum Festzelt, das direkt an der Kaikante, an der der neue Stahlkoloss fest vertäut lag, aufgebaut worden war.
Darüber, dass der Senat die Hamburger Hafen und Logistik AG nun zu knapp 50 Prozent an den Schweizer Reedereikonzern MSC verkaufen will, verlor der Bürgermeister in seiner Rede kein Wort. Und auch der Aufsichtsratschef von Hapag-Lloyd, Michael Behrendt, vermied das Thema und lieferte vielmehr ein klares Bekenntnis der Reederei zu Hamburg. Selbst Vorstandschef Rolf Habben Jansen, der vor zwei Wochen noch in einem Abendblatt-Interview offen mit dem Gedanken gespielt hat, Ladung aus Hamburg abzuziehen, wenn MSC bei der HHLA einsteigt, bemühte sich, die Wogen zu glätten.
Hamburger Hafen: Hapag-Lloyd-Flaggschiff „Berlin Express“ getauft
„Hapag-Lloyd gehört zu Hamburg wie Alster, Michel und Udo Lindenberg“, sagte er in seiner launigen Festansprache. Einen kleinen Seitenhieb konnte er sich dann aber doch nicht verkneifen: „Hapag-Lloyd steht auch weiter zur HHLA, auch wenn hier künftig weniger Labskaus und mehr Käse gegessen wird“, sagte er in Richtung des Schweizer Konkurrenten zur Erheiterung der rund 300 geladenen Gäste aus Politik und Wirtschaft.
Und auch in den Gesprächen in kleinen Kreisen sollte es keine Misstöne geben. „Heute sind wir hier, um eine Taufe zu feiern“, hieß es unisono, sobald die Rede auf den Hafenkonflikt kam. Dass vor der Zufahrt zum Containerterminal rund ein Dutzend Hafenarbeiter mit Transparenten gegen den MSC-Deal protestierten, wurde weggelächelt. Und es war auch eher ein Betriebsunfall, dass die „Valparaiso Express“ beim Auslaufen aus dem Hafen ihrer neuen und größeren Schwester so laut tutete, dass Tschentscher seine Rede unterbrechen musste.
Frau von Bundespräsident übernimmt Patenschaft für Hapag-Lloyd-Flaggschiff
Der Star des Tages war ohnehin eine andere. Elke Büdenbender, Ehefrau des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, hatte zugesagt, die Patenschaft für die „Berlin Express“ zu übernehmen. Freudig strahlend stieg sie aus der Limousine, die sie an den Kai gebracht hatte. „Ich war darauf vorbereitet, dass das Schiff groß ist. Aber wenn ich jetzt davor stehe, bin ich einfach überwältigt“, sagte Büdenbender, die freimütig bekannte, dass sie aufgeregt sei: „Das ist meine erste Schiffstaufe.“ 400 Meter lang, und damit länger als der Berliner Fernsehturm hoch ist, sei das Schiff und mit 61 Metern fast so breit wie das Brandenburger Tor, hatte Habben Jansen zuvor der Gattin des Bundespräsidenten erklärt. 23.664 20-Fuß-Standardcontainer kann das Schiff tragen. Es ist der größte Frachter, der jemals unter deutscher Flagge gefahren ist.
Büdenbender brachte in ihrer Rede die Schiffstaufe mit dem Motto der Einheitsfeierlichkeiten in Einklang: „Horizonte öffnen, das gilt auch für dieses Schiff, das Menschen und Länder miteinander verbindet.“ Mit Mut, Verstand und neuer Technologie würden Horizonte in Sachen Klimaschutz geöffnet. Die „Berlin Express“ würde eine führende Rolle bei der Dekarbonisierung der Schifffahrt übernehmen. Sie ist das erste Schiff von Hapag-Lloyd, das seine Seereisen künftig mit dem weniger umweltschädlichen Flüssigerdgas (LNG) absolvieren wird. Die Motoren sind aber auch darauf ausgerüstet, später einmal mit nicht fossilen Brennstoffen wie synthetischem Gas zu fahren, wenn es davon ausreichend gibt.
Elke Büdenbender benötigt für Flaggschiff-Taufe in Hamburger Hafen nur einen Axthieb
Die Vorstandsvorsitzende der HHLA, Angela Titzrath, nahm in ihrer Begrüßungsrede eben jenen Faden der Nachhaltigkeit wieder auf und verwies auf die Anstrengungen der HHLA, Digitalisierung und Dekarbonisierung voranzutreiben. Den Burchardkai nannte sie in diesem Zusammenhang eine „Zukunftsbaustelle“. Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD), die der Zeremonie beiwohnte, hatte erst in der vergangenen Woche in der Bürgerschaftssitzung erklärt, dass die HHLA bei diesem Transformationsprozess auf die Investitionen angewiesen sei, die MSC in die neue Partnerschaft einbringen will.
Mit nur einem Axtschlag wolle sie es schaffen, die Vorrichtung auszulösen, mit der die Champagnerflasche an der Bordwand zerschellt, hatte Büdenbender zuvor Abendblatt Online verraten. Und es gelang. „Ich wünsche allzeit gute Fahrt und immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel“, sagte sie. Dann durchtrennte sie mit einem Hieb das Seil der Taufvorrichtung, woraufhin die Flasche an der Bordwand zerschellte.
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Auffallend dünn war das Feld der Ehrengäste bei der Taufe. Büdenbender war ohne ihren Gatten gekommen. Bundesminister wurden nicht gesehen. Von den Ministerpräsidenten der Länder hatte nur Daniel Günther aus Schleswig-Holstein (CDU) den Weg in den Hafen gefunden. Die großen Anteilseigner der Reederei waren vertreten: Andrónico Luksic aus Chile, Scheich Ali Bin Jassim Al-Thani aus Katar. Logistik-Milliardär Klaus-Michael Kühne, größter Einzelaktionär von Hapag-Lloyd, war indes auf Mallorca geblieben. Er ließ sich von seinem Aufsichtsrat Karl Gernandt vertreten. Kühne hatte das Vorgehen des Senats in Sachen MSC in den vergangenen Wochen aufs heftigste kritisiert und war daraufhin von SPD-Vertretern abgekanzelt worden.
Die Differenzen sind tief. Trotz gemeinsamer Taufe.