Hamburg. Bis zu 2500 Menschen demonstrieren gegen den HHLA-Verkauf. Es geht auch um Grundsätzliches. Am Ende muss die Polizei einschreiten.
Der Paukenschlag im Hamburger Hafen ist knapp eine Woche her. Die Schweizer Reederei Mediterranean Shipping Company (MSC) will 49,9 Prozent der Anteile an der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) übernehmen. Seitdem tobt eine politisch-wirtschaftliche Debatte über den Sinn dieser per Vorvertrag geplanten Beteiligung.
Am Dienstag waren die Arbeitnehmervertreter an der Reihe, ihren Unmut über die geplante Transaktion zu äußern. Ver.di hatte die HHLA-Beschäftigten zur Demonstration aufgerufen. Um 17 Uhr trafen sich nach Angaben der Gewerkschaft rund 2000 bis 2500 Menschen auf dem Sankt Annenplatz direkt gegenüber der Zentrale des Umschlagbetriebs. Die Polizei sprach von 700 bis 800 Teilnehmern.
Hamburger Hafen: Demonstration gegen Verkauf der HHLA-Anteile
„Wir fordern die Stadt Hamburg auf, diesen Verkauf zu stoppen“, rief zum Auftakt der Veranstaltung André Kretschmar, der für den Hafen zuständige Fachbereichsleiter bei Ver.di Hamburg. Es sei die Kernbotschaft und das Kernziel der Gewerkschaft, dass die Stadt Hamburg keine Anteile an der HHLA abgebe. „Das wollen wir noch verhindern“, hatte er kurz zuvor im Gespräch mit unserer Redaktion gesagt.
Wut auf MSC-Deal: Demonstranten stürmen den Rathausmarkt
Anschließend zogen die Demonstranten durch die Straße Am Sandtorkai. Dort ist die Deutschlandzentrale von MSC. Und dort wurde es laut. Die Demonstranten bliesen kräftig in die Trillerpfeifen und schlugen mit Stöcken gegen ihre Protestschilder. Auch zwei Böller gingen in die Luft, Rauchtöpfe wurden gezündet. Immer wieder reckten einige den „Stinkefinger“ in Richtung des Schriftzugs der Reederei. Anschließend sollte der Protestzug auf dem Rathausmarkt enden.
Dort drohte die Situation zu eskalieren. Der Rathausmarkt war – offenbar zur Aufrechterhaltung der Bannmeile – durch einen Zaun abgesperrt. Die Demonstranten reagierten mit Wut, räumten den Zaun sofort zur Seite und fluteten den Rathausmarkt. Daraufhin zog eine Hundertschaft der Polizei auf, um das Rathaus vor dem Mob zu schützen. Böller und Bengalos wurden gezündet, woraufhin die Versammlungsleitung auf dem Wagen die Hafenarbeiter bat, das sein zu lassen: „Wir brauchen die Menschen in dieser Stadt auf unserer Seite.“
Die Gewerkschaft möchte wichtige städtische Infrastruktur – und dazu zähle man die HHLA – auch in Zukunft in der öffentlichen Hand wissen. Aus ihrer Sicht habe sich weder der Verkauf von Immobilien aus städtischem Besitz in Privathände noch der Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser an Asklepios bewährt. Deshalb hatte Ver.di auch alle interessierten Bürger zur Teilnahme an der Demonstration aufgerufen. „Eine Stadtgesellschaft hat einen ganz anderen Anspruch an so eine Infrastruktur als ein Privatunternehmen, dem es um Rendite geht“, sagte Kretschmar.
Gewerkschaft fürchtet schlechtere Arbeitsbedingungen
Für die Beschäftigten sehe man überhaupt keinen Vorteil bei der geplanten Veränderung, sagte der Ver.di-Vertreter und befürchtet höhere Effizienz- und Renditeerwartungen. „Wir sehen die Gefahr, dass eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen die Folge sein könnte. Die Kolleginnen und Kollegen machen sich Sorgen, das nehmen wir wahr“, so Kretschmar. Der Ver.di-Fachvorstandsvorsitzende Malte Klingforth sagte, dass der Verkauf nicht auf dem Rücken der Beschäftigten zur Profitmaximierung erfolgen dürfe. Allerdings gibt es auch immer wieder Diskussion über die Bezahlung der Hafenarbeiter, die als sehr hoch gilt.
Die Beschäftigten seien „massiv wütend über das Vorgehen der Stadt“, so Kretschmar. In die Gespräche der Stadt mit MSC sei keiner eingebunden gewesen, weder die Arbeitnehmerseite noch der Aufsichtsrat oder der Vorstand. Das Vorgehen sei „unverständlich“. Allerdings dürften der Stadt wegen der Börsennotierung der HHLA in dem Punkt auch die Hände gebunden gewesen sein.
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Zu der Demonstration kamen laut Ver.di auch Beschäftigte anderer Unternehmen. Von allen Hafenbetrieben Hamburgs wie dem GHB und Eurogate seien Mitarbeiter angekündigt gewesen. Auch aus dem Öffentlichen Dienst und weiteren Bereiche von Ver.di hätten Beschäftigte ihre Teilnahme signalisiert.
Die Arbeitnehmervertreter des MSC-Rivalen Hapag-Lloyd hatten den geplanten Deal schon vor Tagen kritisiert und den Hamburger Senat aufgefordert, besser gemeinsam mit anderen Häfen der Deutschen Bucht einen handlungsfähigen Zusammenschluss im Rahmen der Nationalen Maritimen Strategie zu organisieren. „Jede Privatisierung von öffentlicher Infrastruktur macht gemeinsames Handeln schwieriger, weil private Einzelinteressen an einzelnen Standorten besonders im Vordergrund stehen“, hieß es.