Hamburg. Erst Klaus-Michael Kühne, nun Thomas Eckelmann: Weiterer großer Hafenunternehmer geht gegen Pläne des Senats vor.
Das Vorhaben des Senats, einen Großteil des Hafens an den Reedereikonzern MSC zu verkaufen, sorgt in Hamburg für große Aufregung. Nach der Ankündigung von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), den Schweizer Konzern zu 49,9 Prozent an der HHLA beteiligen zu wollen, schlagen die Emotionen hoch. Auch der bekannte Hafenunternehmer Thomas Eckelmann, der allgemein als medienscheu gilt, meldet sich nun zu Wort. Dem Abendblatt sagt er: „Dieser Deal wäre eine Katastrophe für den Hamburger Hafen. Deshalb erwäge ich für die Eurokai-Gruppe, dem Senat ein Gegenangebot zu MSC zu unterbreiten. Zu den gleichen Konditionen.“
MSC Deal: Eurokai-Chef Eckelmann erwägt Gegenangebot für HHLA
Nach dem Milliardär Klaus-Michael Kühne, der ebenfalls überlegt, ein Gegenangebot zu machen, ist dies nun schon der zweite große Logistikunternehmer, der gegen die Senatspläne vorgeht. Kühne hatte am Mittwoch dem Abendblatt gesagt: „Ich kann Hapag-Lloyd nur dringend raten, selbst und sofort ein Übernahmeangebot für 49,9 Prozent der HHLA-Aktien abzugeben. Wenn Hapag-Lloyd es nicht tun würde, erwägt meine Kühne Holding AG, es kurzfristig zu tun.“
Eckelmann sieht die Gefahr, dass bei einem Einstieg der weltgrößten Reederei in die HHLA-Spitze, der neue Hafenkonzern für viele andere Reedereien ein Grund sein könnte zu wechseln. Für sein Unternehmen Eurokai und das zusammen mit der BLG betriebene Eurogate-Terminal in Hamburg sieht Eckelmann die Situation ohne Sorge: „Für Hamburg ist der Deal schlecht, für uns könnte er sich aber als Glücksfall erweisen.“
Hafen Hamburg: „Es könnte für Eurogate einen Zugewinn bedeuten“
Zwar würde MSC als Partner von Eurogate zu den HHLA-Terminals wechseln und am Ende etwa 25 bis 30 Prozent an Eurogate-Umschlag mitnehmen. „Das wäre ein schmerzhafter Verlust. Aber im Gegenzug könnten viele HHLA-Kunden zu uns wechseln. Wir sind für jeden offen. Am Ende könnte das für Eurogate sogar einen Zugewinn bedeuten“, sagte er dem Abendblatt.
Thomas Eckelmann ist Hauptaktionär des Eurokai-Konzerns mit Sitz in Hamburg. Eurokai ist einer der führenden europäischen Terminalbetreiber und hat zusammen mit Partnern Umschlaganlagen in zahlreichen italienischen Häfen, in Marokko, auf Zypern sowie in Bremerhaven und Hamburg.
Zudem gehört der Terminalbetreiber Eurogate zu 50 Prozent zu Eurokai. Nach früheren Plänen sollten eigentlich Eurogate und die HHLA fusionieren, doch dieses Projekt scheiterte.
Senat weist Angebote von Eckelmann und Kühne zurück
Der Senat weist die Ansinnen von Kühne und Eckelmann indes zurück. „Der Senat hat keine Auktion begonnen, sondern gestern eine strategische Partnerschaft vorgestellt, die die Stärkung des Hafenstandortes und des Unternehmens zum Ziel hat“, sagte ein Sprecher der Wirtschaftsbehörde.
Der hafenpolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Götz Wiese, ermahnte daraufhin den Senat, seine Haltung zu überdenken. „Am Tag danach zeigt sich, dass der MSC-Deal offensichtlich hundsmiserabel vorbereitet war: Hapag-Lloyd, an der die Stadt beteiligt ist und die Anteile am HHLA-Terminal Altenwerder hält, Kühne, mit dem man bei Hapag-Lloyd seit Jahren erfolgreich zusammenarbeitet, und Eurogate, das lange als natürlicher Partner für die Containerterminals in Hamburg galt und das noch einen Zugriff auf den Petroleumhafen hat, wurden brutal vor den Kopf gestoßen, ebenso die Reedereien, die weniger eng mit Hamburg verbunden sind, und nicht zu vergessen die Nachbarländer, allen voran Bremen. Das kann sich noch bitter rächen“, sagte Wiese.
Was das bedeuten könnte, deutete der Vorstandschef von Hapag-Lloyd, Rolf Habben Jansen, in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters an. Hamburgs Traditionsreederei denkt als Konsequenz aus dem Einstieg der weltgrößten Containerreederei MSC beim Hamburger Hafenbetreiber HHLA über die Verlagerung von Transportvolumen nach. „Wir wickeln im Moment fast 100 Prozent unseres Volumens, das nach Zentraleuropa geht, über Hamburg ab“, sagte Habben Jansen. „Ich könnte mir auch ein Szenario vorstellen, in dem das nur noch 70 oder 80 Prozent sind.“ Er glaube auch nicht, dass das Umschlagvolumen in Hamburg stark wachsen werden. „Umschlagvolumen wird man künftig nicht in Hamburg gewinnen, sondern in Wilhelmshaven oder vielleicht auch in Bremerhaven“.
Hafenarbeiter werden zur Demo aufgerufen
Wie berichtet hat Hamburg am Mittwoch den Einstieg der Containerreeder MSC bei dem größten Terminalbetreiber der Stadt angekündigt. MSC soll sich mit knapp der Hälfte der Anteile an der HHLA beteiligen. Die Hansestadt reduziert ihren Anteil von 69 Prozent auf 50,1 Prozent. MSC hat im Gegenzug versprochen, eine neue Deutschlandzentrale in Hamburg zu bauen und die Zahl der Mitarbeiter auf 700 zu verdoppeln.
Nicht nur Hafenunternehmer üben Kritik. Auch die Beschäftigten der HHLA wehren sich gegen den Deal. Unter dem Motto „Unser Hafen, nicht Euer Casino“ ruft die Gewerkschaft Ver.di für den kommenden Dienstag zu einer Demonstration der Hafenarbeiter vor der Unternehmenszentrale in der Speicherstadt auf. Die Gewerkschaft übt harsche Kritik an den Plänen des Senates. „Die HHLA gehört den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt“, sagte André Kretschmar, für den Hafen zuständiger Fachbereichsleiter bei Ver.di. Er kritisiert unter anderem den Umgang mit den Beschäftigten.
HHLA-Vorstand wurde von dem Deal überrascht
„Die Kolleginnen und Kollegen haben morgens aus den Medien von den Senatsplänen erfahren und sind geschockt. Die Pläne wurden komplett hinter verschlossenen Türen geschmiedet, Aufsichtsrat und Arbeitnehmervertreter waren nicht eingebunden, damit hat der Senat viel Vertrauen bei der Belegschaft verspielt. Die Vertrauensleute berichten uns von Zukunftsangst in der Belegschaft, aber auch von dem Gefühl, verraten und verkauft worden zu sein.“ Der Betriebsrat rief für Donnerstag und Freitag zu Pausenversammlungen auf.
Selbst der Vorstand der HHLA war in die Verhandlungen des Senats mit MSC nicht eingebunden, sondern wurde erst benachrichtigt, als die Übereinkunft mit MSC bereits feststand. Eine Sprecherin der HHLA erklärte, das Unternehmen sei von seinem Hauptaktionär, der Freien und Hansestadt Hamburg (FFH), darüber informiert worden, dass diese sich im Rahmen einer Investorenvereinbarung mit MSC über eine strategische Beteiligung an der HHLA verständigt habe. „Im engen Austausch mit dem Aufsichtsrat der HHLA wird der Vorstand nun das angekündigte Angebot im besten Unternehmensinteresse und unter Wahrung der Interessen aller Stakeholder prüfen und bewerten.“
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Positiv äußerte sich derweil der Schifffahrtsexperte Jan Tiedemann des maritimen Branchendienstes Alphaliner: „Nach der Hapag-Lloyd-Beteiligung am CTA und der Cosco-Partnerschaft am Containerterminal Tollerort hat der Senat nun einen dritten Global Player dauerhaft und strategisch an Hamburg gebunden. MSC ist nicht nur die größte Reederei der Welt, sondern aktuell auch die mit der höchsten Wachstumsdynamik.“ Er hoffe, dass damit endlich ein Ruck durch den Hafen gehe und sich andere regionale Player neu aufstellen, so Tiedemann.