Hamburg. Hamburger Sammeltaxidienst berechnet Stornierungsgebühr. Eine andere Strafzahlung für unzuverlässige Kunden ist „zeitnah“ geplant

Als der Flieger aus Mallorca auf der Piste des Hamburger Flughafens aufsetzte, drückte Michael K. (Name geändert) auf den Buchungsbutton der Moia-App auf seinem Smartphone. 20 Minuten später, so der Plan, sollte ihn das Sammeltaxi vom Ankunftsterminal zu seiner Wohnung in Winterhude bringen. Doch dann gab es eine Verzögerung auf dem Airport, die Reisenden konnten die Maschine zunächst nicht verlassen. „Als klar war, dass ich den Moia-Bus nicht rechtzeitig erreichen würde, habe ich die Fahrt kurzfristig storniert“, sagt Michael K.

Danach geschah Unerwartetes: Die App fragte nach dem Grund der Stornierung, Michael K. wählte eine der vorgegebenen Antworten aus. „Dann wurde ich informiert, dass die Stornierung 5 Euro kostet, der Betrag wurde auch gleich abgebucht“, sagt der verhinderte Fahrgast. So geht es neuerdings allen Moia-Nutzern, die kurzfristig absagen. Der Sammeltaxi-Dienst hat eine Gebühr eingeführt, wenn Kunden eine gebuchte Fahrt weniger als zehn Minuten vor dem geplanten Beginn stornieren. Dann werden in der Regel fünf Euro fällig. Es sei denn, die Fahrt hätte weniger als fünf Euro gekostet. Dann bucht die App den vollen Fahrpreis ab.

Moia: Wer zu spät absagt, muss jetzt Stornogebühr zahlen

„Wir sind lange kulant mit kurzfristigen Stornierungen umgegangen und haben uns jetzt entschlossen, eine Stornierungsgebühr einzuführen“, sagt ein Unternehmenssprecher auf Abendblatt-Anfrage. Dafür gibt es aus Sicht des Unternehmens eine ganze Reihe guter Gründe: Kurzfristige Stornierungen produzierten unnötige Umwege der Moia-Busse und schadeten der Effizienz des Dienstes, heißt es.

Man wolle Leerkilometer vermeiden, die entstehen, wenn ein Moia-Bus auf dem Weg zu einem Kunden ist, der dann kurz vorher absagt. Fahrgäste, die leichtfertig buchen und dann kurzfristig stornieren, machten das Angebot weniger gut verfügbar für Gäste, die den Service tatsächlich nutzen wollen. „Mit der Gebühr wollen wir dem entgegenwirken“, sagt der Moia-Sprecher. Nach Angaben des Unternehmens werden in Hamburg immerhin mehr als 10 Prozent der gebuchten Moia-Fahrten kurzfristig abgesagt.

Moia macht Ausnahmen bei der Storno-Gebühr

Zugleich betont der Unternehmenssprecher, dass es Ausnahmen gebe: Verspäte sich das Moia-Fahrzeug, bleibe eine Kurzfrist-Stornierung kostenlos. Die Gebühr werde zudem dann nicht berechnet, wenn ein Kunde binnen 60 Sekunden nach einer Buchung wieder storniere. Dies gelte auch dann, wenn der Starttermin innerhalb des 10-Minuten-Fensters liege. Andererseits heißt es auf der Moia-Homepage: „Wenn du zum dritten Mal innerhalb von 15 Minuten stornierst, erheben wir ebenfalls eine Stornierungsgebühr.“ Der Moia-Sprecher sagt auch: „Die Erhebung einer Gebühr auf Stornierungen ist in der Branche nicht ungewöhnlich.“ Tatsächlich hatte der Taxi-Vermittler Free Now sie bereits vor Jahren eingeführt.

Bei Moia sei die Möglichkeit, dass eine Stornierungsgebühr erhoben werde, seit diesem Jahr Teil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, sagt der Unternehmenssprecher. Seit Mitte August würden die Nutzer durch eine In-App-Nachricht informiert, die sich öffne, sobald die App erstmals wieder aktiviert werde. Zudem werde jetzt auf den Monitoren in den Elektrobussen auf die Gebühr hingewiesen. Michael K. hatten diese Informationen bislang noch nicht erreicht.

Moia plant zeitnah „No-Show-Fee“ für Kunden, die gar nicht kommen

Er war zwar überrascht, als die Moia-App die fünf Euro Stornogebühr bei ihm abbuchte, während er noch im Flieger auf dem Vorfeld des Airports saß – aber keineswegs empört. Der Moia-Vielfahrer hat im Gegenteil sogar großes Verständnis für diesen Schritt und erhofft sich, dass ihn das Sammeltaxi künftig schneller ans Ziel bringt: „Es nervt wirklich, wenn eine Fahrt länger als nötig dauert, weil ein anderer Fahrgast dann doch nicht am Haltepunkt steht. Das wird jetzt hoffentlich besser.“

Noch allerdings gibt es für Moia-Kunden, die es sich – warum auch immer – kurzfristig anders überlegen oder einfach nicht rechtzeitig zum Haltepunkt schaffen, ein Schlupfloch: Wer statt kurzfristig zu stornieren gar nicht zum Haltepunkt kommt, zahlt bislang keine Strafgebühr. Doch auch das soll sich „zeitnah“ ändern, sagt der Unternehmenssprecher. „Wir gehen schrittweise vor und werden auch eine sogenannte No-Show-Fee einführen“, kündigt er an. So wie es manche Restaurants bereits tun, müssen also Kunden, die buchen, den Moia dann aber gar nicht nutzen, künftig auch dafür eine Gebühr zahlen. Wie hoch diese sein wird, ließ der Sprecher auf Anfrage offen.

Moia nutzt Erfahrungen in Hamburg künftig in anderen Städten

Zugleich geht das von Sascha Meyer geführte Tochterunternehmen des VW-Konzerns auch in seiner strategischen Ausrichtung und bei seinem Geschäftsmodell neue Wege: Die Erfahrungen, die Moia mit seinen Fahrdiensten in Hannover und seit dem Frühjahr 2019 in Hamburg gesammelt hat, will das Unternehmen nun auch in anderen Kommunen und Verkehrsverbünden nutzen: „Moia erweitert sein Ertragsmodell durch die Einführung eines Lizenzmodells für Ridepooling“, teilte das Unternehmen am Dienstag mit.

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„Mit dem Lizenzmodell ermöglichen wir unseren Partnern, eine schlüsselfertige Ridepooling-Lösung schnell und nahtlos in das bestehende Verkehrssystem zu integrieren“, sagte Moia-Chef Meyer. Das Unternehmen will also künftig Sammeltaxi-Dienste wie den in Hamburg für Auftraggeber konzipieren – die Kunden selbst allerdings sollen dort dann andere Verkehrsunternehmen transportieren.