Hamburg. Die Reaktionen auf die Vorschläge des Milliardärs zeugen weder von Höflichkeit noch von Klugheit.
Wenn Klaus-Michael Kühne spricht, löst das in der Politik nur selten Begeisterungsstürme aus. Anders als der 86-Jährige, der ein offenes wie klares Wort pflegt, sind die Senatsvertreter oft gefangen in Absprachen, Sondierungen und schwebenden Verfahren, einer Kommunikation auf dem kleinsten Nenner.
Während ein Unternehmenspatriarch schnell und einsam entscheiden kann, bedarf es in der Politik der Abstimmung und des Kompromisses. So erklären sich manche reservierte Reaktionen auf die Ideen des Wahlschweizers und Herzenhamburgers, die Kühne Mitte der Woche im Abendblatt kundtat.
Grüne Hafenexpertin schießt scharf
Manche Äußerungen aber lassen sich so nicht erklären. Dass die Linken Klaus-Michael Kühne stets mit seinem Steuersitz in Verbindung bringen, ist erwartbar und altbekannt. Dass aber die Grünen die Linkspartei in Sachen Populismus und Schärfe überholen, durfte dann doch überraschen.
„Hamburg ist kein Selbstbedienungsladen für in der Schweiz ansässige Milliardäre“, haute die hafenpolitische Sprecherin der Grünen, Miriam Putz, ordentlich auf den Putz: Die vielen Ideen von Herrn Kühne nehme man zwar zur Kenntnis, aber die HHLA sei bei der Stadt in guten Händen.
So? Die fallenden Aktienkurse und sinkende Umschlagszahlen stützen diese Deutung nicht unbedingt. Loriotesk klang die Putz’sche Presseerklärung zum Hafenentwicklungsplan: „Wir müssen nun mit konkreten Maßnahmen schnell ins Handeln kommen.“ Bei so viel rhetorischer Dynamik wird dem Zuhörer schwindelig – und der Hafen sicher ganz schnell wieder pumperlgsund.
SPD-Fraktionschef ist bei der Oper nicht auf dem neuesten Stand
Auch der SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf ritt auf dem Nachrichtendienst X (vormals Twitter) eine populistische Attacke: „Danke für das ,Angebot‘, Herr Kühne, aber einen Ausverkauf der HHLA wird es nicht geben. Thema durch. Wo bleibt eigentlich u. a. die Oper? Wenn Herr Kühne wirklich etwas für Hamburg tun möchte, gibt es sicherlich viele andere sinnvolle Möglichkeiten ...“
Puh. Das war nicht nur billig, sondern auch ziemlich peinlich: Eigentlich sollte Kienscherf wissen, dass der Mäzen mit dem Kultursenator Carsten Brosda (SPD) seit Längerem in Gesprächen zur Oper steht und auch schon gemeinsam Architekten im Ausland besucht hat. Ausverkauf, Selbstbedienungsladen – das sind Begrifflichkeiten die auf eine Gewerkschaftsdemo passen, aber kaum zu einem vernünftigen Diskurs über die Zukunft des Hafens. Zumal es ja zwischen einem Komplettverkauf und etwa der Abgabe von 30 Prozent der Aktien einen himmelweiten wie elbetiefen Unterschied gibt.
Warum denkt niemand an den Erfolg von Hapag-Lloyd
Und wie lauteten die Reaktionen, als Kühne 2008 eine Milliarde in Hapag-Lloyd investierte? Damals sprach niemand von Ausverkauf oder Selbstbedienungsladen. Warum auch – Kühne half mit, eine Perle des Hafens und der Stadt zu retten. Eingefädelt hatte den Deal übrigens der ehemalige Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU), dem jeder den Verkauf städtischer Immobilien vorwirft, aber kaum jemand den Hapag-Lloyd-Coup dankt.
Die Stadt hat damit inzwischen Milliarden verdient – allein durch die Dividenden. In diesem Jahr durfte der rot-grüne Senat dank der Beteiligung an Hapag-Lloyd mehr als 1,534 Milliarden Euro zusätzlich ausgeben, im vergangenen Jahr waren es 852 Millionen Euro. Bei der Reederei arbeiten die Stadt und der Milliardär Kühne erfolgreich zusammen – was spricht dagegen, es auch bei der HHLA zu wagen?
Die Stadt schimpft – und profitiert
Während Vertreter des rot-grünen Senats noch schimpften, profitierte Hamburg parallel von dem Interview, das Kühne gegeben hat: Der Kurs der HHLA-Aktie gewann seit dem Abendblatt-Interview fast zehn Prozent an Wert hinzu – auf dem Papier wurde die Stadt damit rund 50 Millionen Euro reicher.
Die Ausschläge an der Börse zeigen zweierlei – die Märkte reagieren anders als die Politik auf die Offerte nicht beleidigt, sondern begeistert. Offenbar steckt mehr Logik darin, als manche wahrhaben wollen.
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Und weil wir gerade bei Logik sind: Ein altes Sprichwort besagt, dass man die Hand nicht beißt, die einen füttert. Man muss vor einem Mäzen, der 300 Millionen Euro für eine Oper zu geben bereit ist, nicht in Ehrfurcht und Unterwürfigkeit erstarren.
Aber man sollte freundlich-zugewandt im Gespräch bleiben. Immerhin: Der Bürgermeister und die betreffenden Senatoren Carsten Brosda und Melanie Leonhard beteiligten sich nicht am rot-grünen Hamburger Scheibenschießen.