Hamburg. „Uns bleiben Kunden weg“: Händler und Anwohner fühlen sich für durch die Absperrung einer Einkaufsstraße übergangenen.
- Eine Poppenbütteler Einkaufsstraße ist durch den Einbau von Pollern zu einer Sackgasse geworden
- Händler klagen jetzt über Umsatzeinbußen und fordern mit Einwohnern zusammen den Rückbau der Poller
- Die CDU unterstützt Händler und Anwohner bei ihrem Vorhaben
Wer durch die verkehrsberuhigte Straße Moorhof läuft, fühlt sich ein wenig wie auf dem Dorf. Alles wirkt sehr beschaulich und friedlich in diesem Teil von Hamburg-Poppenbüttel. Doch die Händler der kleinen Einkaufsstraße, die nicht weit vom Alster-Einkaufszentrum entfernt ist, sind stinksauer. Seit dem Einbau von Pollern zu Beginn des Jahres ist ihre Straße zur Sackgasse geworden. „Uns bleiben die Kunden weg“, klagt unter anderem Kevin Hoang, der Inhaber des Cosmos Getränkemarkts am Moorhof. Er führt das Geschäft mit seiner Frau seit sieben Jahren. Sie verkaufen neben Getränken auch Blumen und Dekorationsartikel.
Wenn Hoang zweimal die Woche Ware bekommt, fährt ein 7,5-Tonner vor. „Der Lkw fährt vorwärts in die Straße und muss wegen der neuen Poller rückwärts rausfahren“, sagt Hoang. Zu wenden sei für ein Fahrzeug dieser Größe in der recht schmalen Straße nicht möglich. Er habe damit selbst mit seinem kleineren Transporter Schwierigkeiten.
Verkehr Hamburg: Händler in Poppenbüttel klagen über massive Umsatzeinbußen durch Poller
Hoangs Laden ist der letzte vor den Pollern. Vor der neuen Barriere gibt es zwei Behindertenparkplätze, auf denen das Wenden theoretisch möglich ist. „Wenn die belegt sind, wird es schwierig“, sagt der Geschäftsmann. Für seine Kritik bekommt er viel Unterstützung – schon 400 Unterschriften gegen die Poller hat er gesammelt.
Auch der Edeka-Betreiber Roger Bannat ist von den Pollern in Poppenbüttel betroffen: Er sagt: „Wir leben hier alle miteinander. Es gibt viele Synergien. Wir sind hier eine Gemeinschaft und ein Gegenpol zum Alster-Einkaufszentrum.“ Er verzeichne einen spürbaren Umsatzrückgang seit dem Einbau der Poller. Denn seither staue sich der Verkehr sehr häufig von der Harksheider Straße bis zum großen Parkplatz hinter seinem Supermarkt, auf dem freitags auch ein Wochenmarkt stattfindet. „Es kommt keiner rein und keiner mehr raus“, sagt Bannat. Eine Ampel gibt es an der Kreuzung zur viel befahrenen Harksheider Straße nämlich nicht.
Poller-Alarm: CDU unterstützt Anwohner in Hamburg-Poppenbüttel
Die CDU unterstützt die Händler und Anwohner und hat erneut einen Antrag für eine Abschaffung oder Modifikation der Sperre eingereicht, der im Regionalausschuss am kommenden Mittwoch behandelt wird. Der CDU-Abgeordnete Wolfgang Kühl, Regionalsprecher für das Alstertal, kritisiert, dass die Polizei die Sperrung einfach angeordnet habe, ohne darüber vorher mit den Anwohnern und Gewerbetreibenden zu sprechen.
Auf der Novembersitzung des Regionalausschusses Alstertal hatten bereits mehrere Anwohner die massiven Nachteile der Neuregelung beklagt. Einigkeit besteht darin, dass es nur darum geht, den Durchfahrtsverkehr gen Harksheider Straße zu unterbinden, die lokale Erschließung von anliegenden Einzelhändlern aber nicht unnötig zu beeinträchtigen.
Verkehr in Hamburg-Poppenbüttel: Anwohner wünschen sich, dass die Poller verschwinden
Auch viele Bewohner des Moorhofs stören sich massiv an der Sperrung. Claus Melle und seine Familie etwa wohnen seit vielen Jahren in der Spielstraße: „Meine Oma hatte das erste Kolonialwarengeschäft in Poppenbüttel“, sagt er. „Wir haben hier eine schöne Nahversorgung, Ärzte und Massagepraxen. Die Leute müssen hier vernünftig parken können und wieder wegkommen. Aber das ist hier ein großes Problem geworden.“ Er wünscht sich die frühere Situation zurück.
„Die Leute müssen hier vernünftig parken können und wieder wegkommen. Aber das ist hier ein großes Problem geworden.“
Einig sind sich die Beteiligten darin, dass viele Autofahrer zu schnell durch den verkehrsberuhigten Moorhof gefahren sind. „Allerdings waren das meistens Autos mit SE-Kennzeichen, die eine Abkürzung gesucht haben“, sagt Monika Schröder-Mellien, die in vierter Generation in einem denkmalgeschützten Haus lebt. Sie sorgt sich um die Zukunft der Geschäfte. Claus Melle hat sogar ein gewisses Verständnis für Autofahrer, die schneller als mit Schrittgeschwindigkeit unterwegs sind: „Sie achten eher auf Fußgänger und Radfahrer und nicht auf ein Schild, das schwer zu sehen ist.“
Ärger um Poppenbütteler Poller: Bezirk Wandsbek verweist auf Anordnung der Polizei
Beim Bezirksamt Wandsbek heißt es zu den Pollern: „Die Anordnung dieser Maßnahme erfolgte vom Polizeikommissariat.“ Claudia Petschallies, Sprecherin des Bezirks Wandsbek, sagte auf Abendblatt-Anfrage weiter: „Die angrenzenden Eigentümer und Bewohner wurden per Rundschreiben auf die neue Verkehrsführung hingewiesen.“
Im CDU-Antrag werden die zuständigen Behörden im Bezirk Wandsbek gebeten, die jetzige Sperre in der Straße Moorhof abzubauen beziehungsweise zu modifizieren. Beispielsweise könne man die Poller in den Moorhof zwischen Tiefgaragenzufahrt und der Zufahrt zum städtischen Parkplatz verlegen. Dann wäre zumindest das Problem der Sackgasse aufgehoben, der Moorhof als Schleichweg aber unattraktiv.
Verkehr Hamburg: Staus und Umwege durch Poller in Poppenbüttel
Auch Anwohner und Geschäftsleute könnten sich das vorstellen. Roger Bannat sagt, das helfe auch bei der Anlieferung, denn jetzt hätten die Liefer-Lkw durch die ständigen Staus Probleme.
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Auch Heike Post, die seit 42 Jahren das Spielwarengeschäft „Die Kinderpost“ betreibt, erlebt viel Unmut bei ihren Kunden, weil ihr Standort direkt am großen Parkplatz wegen der häufigen Staus viel schlechter erreichbar sei als früher. „Sie beschweren sich hier laufend über die Verkehrssituation. Ich habe große Umsatzeinbußen.“
Die Idee der Polizei, den seit Jahrzehnten verkehrsberuhigten Moorhof plötzlich mit Pollern zur Sackgasse zu machen, ist in ihren Augen ohnehin absurd. „Ich habe da in all den Jahren noch nie ein Kind spielen sehen.“