Hamburg. Erneut rückt die Hochschule für bildende Künste wegen eines Vorfalls in den Fokus. Jetzt äußert sich Präsident Martin Köttering.

Eine Protestaktion sorgte in der Hochschule für bildende Künste (HFBK) am 16. Oktober für Aufsehen. Pünktlich zu Semesterbeginn hatte vermutlich eine Gruppe von Studentinnen und Studenten in der Aula-Vorhalle großflächige Banner aufgehängt, darauf standen die Parolen „Occupation is a Crime. Ukraine to Palestine“ und „Deutsche Waffen, deutsches Geld morden mit in aller Welt“. Außerdem wurde Kunstblut auf dem Boden vergossen. Die Hochschule in Hamburg griff nicht ein und schaltete auch nicht die Polizei ein. Allerdings informierte HFBK-Präsident Martin Köttering die zuständige Wissenschaftsbehörde per E-Mail über den Vorfall.

„Die Aula-Vorhalle ist ein Ort, an dem regelmäßig Ausstellungen stattfinden, er ist an der HFBK als Art and Performance Space etabliert. Nach juristischer Beratung kommen wir bisher zu dem Ergebnis, dass es sich um keine strafrechtsrelevante Äußerung, sondern um eine etwas unbeholfene künstlerische Aktion handelt. Allerdings mit dem Ziel, sich pazifistisch zu positionieren“, so Köttering gegenüber dem Hamburger Abendblatt. Damit reagiert er auf eine Kleine Anfrage der CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Anke Frieling.

Semestereröffnung HFBK
Kunstblut als Symbol für Blutvergießen in Kriegen und Protestbanner in der Eingangshalle: So begann am 16. Oktober 2024 am Lerchenfeld das akademische Jahr. © Tim Albrecht | Tim Albrecht

Auf einem Banner wird die HFBK als „Komplize im Genozid“ bezeichnet

Frieling wirft der Hochschule vor, die Transparente und Schmierereien zu verharmlosen. „Dies war keineswegs ein ‚unbeholfenes pazifistisches Statement‘, sondern sei purer und widerwärtiger Antisemitismus sowie Sachbeschädigung“, erklärt die wissenschaftspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion. „Dass die Hochschulleitung dies einfach hingenommen und die Polizei nicht eingeschaltet hat, zeigt, dass Antisemitismus hier offensichtlich doch toleriert wird.“ Der Senat antwortet darauf, die Hochschule habe die Aktion als künstlerische Performance bewertet, die sich politisch ganz generell gegen Krieg und die Lieferung von Waffen aus Deutschland richtete.

Allerdings entfernte die Hochschule ein Transparent umgehend, das im Zuge des Protests an der Außenwand der Hochschule angebracht worden war. Dieses zeigte einen Slogan, der der HFBK vorwarf, „complicit in genocide“ zu sein. „Diese Entscheidung wurde getroffen, da das Plakat mit dem Aufdruck ‚genocide‘ eine Grenze dessen überschritten hat, was innerhalb eines konstruktiven Diskurses an der Hochschule angebracht ist“, sagt Martin Köttering.

Semestereröffnung HFBK
Bei der Verleihung des Finkenwerder Kunstpreis am 30. Mai 2024 in der ICAT-Galerie am Lerchenfeld kam es zu einer studentischen Protestaktion gegen den Sponsor Airbus. © Tim Albrecht | Tim Albrecht

Protestaktion an der Hochschule: Waffenproduzent Airbus spielt zentrale Rolle

Das Plakat habe vermutlich einen Bezug zu der laufenden Diskussion um den Finkenwerder Kunstpreis. Der Finkenwerder Kunstpreis wird durch Gelder von Airbus finanziert und seit 2022 alle zwei Jahre auch an ehemalige Studierende der HFBK vergeben. „Einige Studierende protestieren gegen diesen Preis, beziehungsweise den Sponsor, da Airbus auch Waffen und grenzsichernde Infrastruktur herstellt.“ So sei es schon bei der Preisverleihung am 30. Mai dieses Jahres zu einer entsprechenden Plakataktion vor der ICAT-Galerie der Hochschule gekommen.

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Frieling wünscht sich von Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) ein beherzteres Eingreifen, denn nach Angaben der Hochschule sei Fegebank bei der Semestereröffnung anwesend gewesen und habe ein Grußwort gehalten. „Im Anschluss hat sie (Fegebank) diese Aktion in der Eingangshalle nur peripher wahrgenommen“, erklärt eine Sprecherin der Hochschule. „Um sie über unsere ergriffenen Maßnahmen in Kenntnis zu setzen, haben wir sie im Nachgang per Mail informiert.“ Die Wissenschaftsbehörde war, so die Deutsche Presse-Agentur, zunächst nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

Staatsschutz ermittelt wegen Hamas-Symbolen und antisemitischen Parolen

Es ist nicht das erste Mal, dass über den Umgang der HFBK mit Antisemitismus diskutiert wird. Nach dem Ende der Kunstausstellung documenta fifteen in Kassel waren im Oktober 2022 zwei Mitglieder des indonesischen Künstlerkollektivs Ruangrupa als Gastprofessoren nach Hamburg gekommen. Die documenta war von einem Antisemitismus-Eklat überschattet worden. Ruangrupa hatte die Ausstellung künstlerisch geleitet.

An der Universität Hamburg im Grindelviertel waren zum Beginn des Wintersemesters 2023/24 Symbole der palästinensischen Hamas und antisemitische Parolen entdeckt worden. Der Staatsschutz der Polizei nahm Ermittlungen wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen auf.

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Die HFBK hat auf die Vorfälle und antisemitischen Vorwürfe reagiert und nicht nur zur documenta fifteen ein mehrtägiges Symposium mit hochrangigen Gästen im Februar 2023 veranstaltet, sondern auch immer wieder in den Fachkursen zu den Themen diskutiert. Außerdem gibt es seit gut einem Jahr eine Antisemitismus-Beauftragte am Lerchenfeld, an die sich Studierende, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wenden können. Seit April dieses Jahres hat die Hochschule für bildende Künste eine Kooperation mit der Universität Haifa.

In der Senatsantwort auf die CDU-Anfrage heißt es, dass niemand die israelische Gasthochschule bisher besucht hätte. Das sei laut Martin Köttering nicht zutreffend. Er selbst habe die Hochschule im Frühsommer 2023 besucht. Die Dekanin der School of Fine Arts in Haifa, Professorin Sharon Poliakine, war im Sommersemester 2024 als Gastprofessorin in Hamburg. Eine vom HFBK-Präsidenten initiierte und organisierte Reise der Präsidentinnen und Rektoren mehrerer deutscher Kunsthochschulen wurde aufgrund der aktuellen Sicherheitslage in Israel vom November 2024 auf den März 2025 verschoben. 

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