Hamburg. Hamburgs langjähriger Polizeipräsident Ralf Martin Meyer über belastende Einsätze und die Probleme mit sozialen Medien.
44 Jahre bei der Polizei Hamburg, davon fast zehn Jahre deren Präsident. Kaum jemand kennt den „Laden“ besser als Ralf Martin Meyer, auch wenn er seit einigen Wochen im Ruhestand ist.
Das Abendblatt hat mit ihm während des Langzeitprojekts zur Belastung der Hamburger Polizei über die Ausbildung der Polizeischüler, Gewalt gegen Beamte, den Umgang der Hamburger mit der Polizei und deren Generationenwechsel gesprochen.
Ralf Martin Meyer: Hamburgs langjähriger Polizeipräsident über …
… die Vorbereitungen der Polizeischüler auf belastende Einsätze:
„Wir rekrutieren unsere Ausbilder aus der Praxis und bringen sie als Fachlehrer oder Lehrgruppenleiter an die Akademie. Der Anspruch ist, unseren Nachwuchs bestmöglich auf den Polizeialltag vorzubereiten. Wichtig ist dabei, eine der jeweiligen Situation angemessene Kommunikation und die richtige Ansprache zu lehren. Es geht hier um Fertigkeiten, die man braucht, um Konflikte zu minimieren oder sich auf der Straße Gehör zu verschaffen. Viele Jüngere bringen diese Fähigkeiten noch nicht mit, wir müssen sie erst mit ihnen entwickeln.“
… Gewalt gegen Polizei:
„Ich habe kein Verständnis, wenn man Polizisten angreift, und dagegen müssen wir auch entschieden vorgehen. Aber wir dürfen uns deswegen auch nicht das Berufsbild schlechtreden lassen. Mit denen, die im Einsatz verletzt werden, führe ich Gespräche. Ganz oft höre ich dann: ‚Ich weiß, dass das zu meinem Beruf gehört.‘“
… Fälle mit psychisch auffälligen Tätern:
„Die Zahl der Einsätze mit psychisch auffälligen Personen steigt spürbar. Das ist, was die Kolleginnen und Kollegen Tag für Tag wahrnehmen. Das Schwierige ist: Menschen in psychischen Ausnahmesituationen sind im Hinblick auf ihr Verhalten häufig wenig steuerbar. Das kann im Einsatz erhebliche Risiken mit sich bringen. Wichtig ist daher, dass die Kolleginnen und Kollegen bestmöglich geschützt und mit der notwendigen Ausrüstung in die Einsätze gehen. Den Einsatz der Schusswaffe gilt es zu verhindern, er muss das allerletzte Mittel bleiben. Deshalb erproben wir weiterhin den Einsatz von Tasern. Unsere Bodycams sind ebenfalls ein wichtiges Einsatzmittel zur Deeskalation.“
… den Umgang mit der Polizei:
„Es gibt örtliche Bereiche, in denen es selten zu Konflikten mit der Polizei kommt. Es gibt aber eben auch Personengruppen, mit denen wir häufiger zu tun haben: Jugendliche, junge Erwachsene, die ihre Freizeit auf der Straße verbringen. Hier wird die Polizei oftmals als ‚Spielverderber‘ empfunden. Auch bei Menschen, die sich nicht zugehörig zum Land fühlen und die sozial schwächer gestellt sind, bemerken wir eine kritischere Haltung. Die Polizei wird dann als personifizierter Staat wahrgenommen. Der Erklärungsanspruch der Menschen ist insgesamt stärker geworden. Menschen wollen mitreden und fordern ihre Rechte ein, auch vermeintliche Rechte. Daraus können Konflikte entstehen, besonders bei Uneinsichtigkeit. Der überwiegende Alltag ist aber positiv, mit sehr viel Lob und Zuspruch.“
… den Generationswechsel bei der Polizei:
„Ich bin 1979 zur Polizei gekommen, wir waren 680 Auszubildende in meinem Jahrgang. Damals als große Welle gekommen, gehen wir jetzt als große Welle in Pension. Mit einem solchen Generationswechsel geht eine Menge Erfahrung verloren. Er bietet aber auch Chancen, denn es folgen viele neue Köpfe mit neuen, kreativen Ideen. Darunter befinden sich Nachwuchskräfte mit einer anderen Vorstellung von der Arbeitswelt. Dem Bedürfnis nach einer ausgewogenen Work-Life-Balance müssen wir uns stellen.“
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… soziale Medien:
„Immer wieder kommt es dazu, dass das Einschreiten unserer Einsatzkräfte gefilmt wird. Das ist ein Zeitgeist, der Einsätze stören und beeinflussen kann. Damit müssen wir professionell umgehen. Schwierig wird es aber insbesondere, wenn Videos im Anschluss unkommentiert oder auch bewusst selektiv bzw. aus dem Zusammenhang gerissen im Netz hochgeladen werden.“