Hamburg. 20 Abiturienten wollen von Freitag bis Sonntag fast durchgängig für ein Fach büffeln. Warum die Schüler sich das antun.

Dass die Schülerinnen und Schüler des Wandsbeker Charlotte Paulsen Gymnasiums sowie des Matthias-Claudius-Gymnasiums selbst auf die Idee gekommen sind, einen 60-stündigen Dauerunterricht im Fach Geschichte zur Abiturvorbereitung zu absolvieren, klingt schier unglaublich. Jetzt müssen sie zeigen, wie echt ihre Motivation ist.

An diesem Wochenende – von Freitag um 8 Uhr bis Sonntag um 20 Uhr – löffeln sie die Suppe aus, die sie sich eingebrockt haben. Ausschließlich Geschichte büffeln müssen sie aber nicht.

Schule Hamburg: Abiturienten pauken 60 Stunden am Gymnasium

„Wir sind von dem Ehrgeiz und der Motivation unserer Schülerinnen und Schüler schon jetzt sehr beeindruckt und hoffen, sie mit diesem Angebot bestmöglich bei der Vorbereitung auf die schriftlichen Abiturprüfungen im Fach Geschichte zu unterstützen“, sagt Geschichtslehrer Maximilian Kecht vom Charlotte Paulsen Gymnasium. Innerhalb des sogenannten Kolloquiums „wollen wir den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit geben, überblicksartig sämtliche Inhalte im Fach Geschichte der Oberstufensemester eins bis vier zu wiederholen.“

Dank des Engagements einiger Lehrer aus dem Fachbereich Geschichte dürfte die außergewöhnliche Angelegenheit jedoch nicht nur lehrreich, sondern auch ziemlich unterhaltsam werden. Denn selbstverständlich pauken die rund 20 Schüler aus dem Kultur-Profilkurs nicht durchgängig.

Schule Hamburg: Lernmarathon in Wandsbek – mit Karaoke-Pause

Ihr historischer Ritt vom Absolutismus über die Französische Revolution, Industrialisierung, Marx und Engels bis hin zur Frauenbewegung der 1970er-Jahre wird alle zwei Stunden von einer aktivierenden oder entschleunigenden Pause unterbrochen.

Einige Eltern haben sich um Nervennahrung für die Abiturienten gekümmert, die Schulband und DJ-Arbeitsgemeinschaft unterhalten mit musikalischen Intermezzi, auf Schülerwunsch ist Karaoke geplant und außerdem wird ein Völkerball-Match für sportlichen Ausgleich sorgen. Der Dauerunterricht sollte bei den Lernenden also nicht als reine Büffelei, sondern schöne Schulerinnerung hängenbleiben.

Wandsbeker Schüler lernen bis in die Nacht und schlafen in Schule

Das Unterrichtsprogramm ist dennoch straff – und zieht sich bis weit in die Abendstunden. Die „Soziale Frage“ etwa wird erst am Sonntag kurz nach Mitternacht abschließend erörtert. Dann ist ein kurzes Nickerchen drin, selbstverständlich ebenfalls in der Schule, genauer im „Waldhaus“ – einem Gebäude auf dem Hof.

Nur wenige Stunden später, um 4.15 Uhr, müssen die Schülerinnen und Schüler wieder hochkonzentriert im Klassenraum sitzen. Denn dann geht es schon mit „Staatlichen und betrieblichen Lösungsansätzen im Vergleich“ weiter. „Wir machen das nach dem System ,mitgehangen, mitgefangen’“, sagt Kecht, „um die Situation zu vermeiden, nachts um drei nur zu viert im Unterricht zu sitzen. Für uns Lehrer bedeutet das ja auch eine gewisse Belastung.“

Im Übrigen übertrifft sich das Charlotte Paulsen Gymnasium mit dem Dauerunterricht selbst: Bereits vor rund 20 Jahren hatte es eine ähnliche Aktion in der Schule gegeben. Damals lernten die Schülerinnen und Schüler aber „nur“ 30 Stunden am Stück. Als die jetzigen Wandsbeker Abiturienten von dieser Anekdote hörten, wussten sie – diesen Rekord gilt es zu knacken.