Hamburg. Die rechtsextreme Verbindung ist an die Jüthornstraße gezogen. Anwohner wollen den Mitgliedern die Lust am Standort vergällen.
Die vom Verfassungsschutz beobachtete und als rechtsextrem eingeschätzte Hamburger Burschenschaft Germania hat ihr Domizil nunmehr in Marienthal, in der Jüthornstraße. Viele Anwohnerinnen und Anwohner sind darüber nicht sonderlich erfreut – und organisieren sich daher unter dem Credo „Marienthal bleibt bunt“.
Die Initiative von Nachbarn für Nachbarn agiert unabhängig von Parteien oder politischen Organisationen. Am Donnerstagabend hatte „Marienthal bleibt bunt“ zu einem Informations- und Vernetzungsabend geladen. Rund 100 Menschen haben sich dazu eingefunden und damit weit mehr, als die Veranstalter sich erhofft hätten. Jetzt wollen die Marienthaler es den Rechten möglichst unbequem machen.
Felix Krebs beschäftigt sich seit mehr als 30 Jahren mit Studentenverbindungen und hat vielfach zum Thema publiziert. Er sprach als Teil des Hamburger Bündnisses gegen Rechts, das sich unter anderem „gegen völkische, elitäre Männerbünde“ engagiert, auf dem Infoabend. Die rein männliche, pflichtschlagende und farbentragende Burschenschaft Germania habe in den vergangenen Jahren immer wieder mit rechtem Gedankengut auf sich aufmerksam gemacht, erzählte Krebs. Frühere und derzeitige personelle Verbindungen unter anderem zur NPD, AfD oder der Identitären Bewegung seien bekannt.
Burschenschaft Germania: Nachbarschaft in Marienthal will informiert und präsent bleiben
Für die Nachbarschaft in Marienthal, die sich gegen die Ideologie der Zugezogenen stellt, gelte es nun, Präsenz zu zeigen sowie vernetzt und informiert zu bleiben, so die Quintessenz der Veranstaltung von „Marienthal bleibt bunt“. Die eigene Sicherheit sollte dabei jedoch nie aus dem Blick geraten.
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Was sich auf dem Infoabend außerdem herauskristallisiert: Um die Burschen in der Jüthornstraße loszuwerden, sollten die Marienthaler ihnen gehörig auf den Zeiger gehen. In ähnlich gelagerten Fällen hätten regelmäßige Kundgebungen oder Demonstrationen Wunder gewirkt.
Ein Thor-Steinar-Laden in Barmbek etwa, ein Geschäft für eine im rechten Spektrum beliebte Bekleidungsmarke, zog 2018 nach nur kurzem Betrieb wieder aus. „Man hat einfach ständig, ständig, ständig genervt“, begründete Thomas Iwan von der Linksfraktion Wandsbek. Die Anwohner belästigten das Geschäft, bis die Existenz des Ladens für den Eigentümer unzumutbar wurde und der Händler infolgedessen schließen musste.
Geschichten wie diese würden zeigen: „Was es definitiv braucht, ist Geduld, was es definitiv braucht, ist Hartnäckigkeit und was es unbedingt braucht, sind die Anwohnerinnen und Anwohner“, so Thomas Iwan. Es gehe darum, typische Nachbarschaftsstreitigkeiten vom Zaun zu brechen, „das Ganze aber positiv eingesetzt. Man muss diese Leute beschäftigen, sonst beschäftigen sie dich“, sagte er auf dem Informationsabend. Außerdem wolle Iwan sich in seiner politischen Funktion gegen die Burschenschaft engagieren — und dazu auf fraktionsübergreifende Anstrengungen setzen, denn „den Kampf gegen Rechts gewinnt man nicht nur von links“, meint er.
Burschenschaft Germania wurde immer wieder wegen Ruhestörung angezeigt
Ihr früheres sogenanntes Germanenhaus in der Winterhuder Sierichstraße hatte die Burschenschaft Germania schon im Frühsommer 2021 geräumt. Die Nachbarschaft hatte sie immer wieder wegen Ruhestörung angezeigt. Damit einher gingen Ordnungsgelder – laut der „taz“ in fünfstelliger Höhe – und Verfahrenskosten.
Der nach dem verstorbenen „Alten Herren“, also einem Verbindungsmitglied nach dem Studium, benannte Verein „Harry Lange“ fungiert wie bereits in Winterhude auch in Marienthal als Träger und Betreiber des Verbindungshauses. In diesen Hausverein zahlen die Alten Herren ein, um den Burschen das Wohnen im Verbindungshaus zu ermöglichen. Der Verein ist als gemeinnützig gelistet.
Während in den 1960er Jahren noch rund die Hälfte der Studierenden in Verbindungen organisiert war, seien es heute gerade einmal ein bis zwei Prozent, berichtete Krebs. „Ich glaube, man muss mindestens ein sehr konservatives Weltbild haben, um da heute noch einzutreten.“