Hamburg. Die neuen Geräte werden gelobt – von einer flächendeckenden Einführung, wie sie die Gewerkschaft fordert, ist man aber weit entfernt.
Die Polizei rüstet deutlich mehr Beamte mit sogenannten Bodycams aus. 64 Kameras, die – wie der Name schon sagt – am Körper und gewissermaßen als Teil der Uniform getragen werden, sollen jetzt an die Streifenwagenbesatzungen der wichtigsten Polizeireviere verteilt werden. Bislang waren Bodycams, mit denen Bild und Ton aufgezeichnet werden, nur in der Innenstadt im Bereich der Davidwache und bei der Unterstützungseinheit (USE) im Einsatz. Mit den neuen Kameras führt die Polizei auch eine neue Software ein, durch die die Sicherung der Aufnahmen deutlich leichter sein soll.
2015 waren Bodycams als Pilotprojekt eingeführt worden. „Unsere Erfahrungen mit dem Einsatz von Bodycams haben gezeigt, dass diese eine präventive Wirkung haben und potenzielle Gewalttäter durchaus von ihrem Handeln abhalten können. Sie sind daher ein gutes und wichtiges Instrument für unseren deeskalierenden Ansatz in Einsatzsituationen“, sagt Polizei-Vizepräsident Mirko Streiber. Im Klartext: Wer weiß, dass er gefilmt wird, reißt sich mehr zusammen.
Polizei Hamburg: Mehr Bodycams für Beamte verfügbar
Das ist auch der Ansatz, den die Polizei zu Beginn der Pilotphase hatte. Denn wenn ein Beamter die Kamera einschaltet, die nur in Gefahrensituationen benutzt wird, kündigt er es vorher an. Diesen „Beruhigungseffekt“ will man jetzt in ganz Hamburg erzielen. Die Wache 11 in St. Georg, die Wache 14 an der Caffamacherreihe sowie die Wachen Altona, Bahrenfeld, Barmbek, Wandsbek Billstedt, Bergedorf und Harburg werden mit Bodycams ausgerüstet. Daneben setzt auch die USE, bestehend aus Bereitschaftspolizisten, die zu besonders brenzligen Lagen gerufen werden, vermehrt Bodycams ein. Damit sind die kleinen Kameras, die von speziell gekennzeichneten Beamten an der Weste getragen werden, in ganz Hamburg 24 Stunden an sieben Tagen die Woche bei nahezu allen Einsätzen verfügbar.
Zum Einsatz kommt eine neue Bodycam vom Typ „Zepcam T2+“. Die alten Gerate vom Typ „Axon Body 2“, von denen sieben Stück schon länger erprobt werden, bleiben bis Mitte des Jahres im Einsatz. Mit den neuen Kameras gibt es auch neue logistische Unterstützung. Denn bisher war die Auswertung umständlich. „Bislang mussten die Daten händisch überspielt werden. Das ging nur zentral. Das heißt, dass so eine Kamera zu unserer IT gebracht werden musste, um die Bilder zu sichern“, so ein Beamter. Das wäre bei dem großflächigen Einsatz, der jetzt stattfindet, extrem zeitaufwendig.
Bodycams für Polizisten: Kameras werden an den Wachen ausgelesen
Zukünftig werden die Kameras an den Wachen über ein System ausgelesen, das der IT-Dienstleister der Polizei, Dataport, entwickelt hat. Dort hat man Zugang zu einem Transferserver. An den Wachen stehen Dockingstationen. Nachdem die Bilder zum Transferserver übertragen worden sind, werden die Daten in der Kamera automatisch gelöscht.
Mit den neuen Bodycams will Hamburg im Vergleich zu den anderen Bundesländern im oberen Feld mitmischen. Zwar haben andere Bundesländer mehr Kameras angeschafft – und in Berlin wird sogar die Feuerwehr mit solchen Geraten ausgerüstet. Hamburg will mit der Einführung der Kameras aber die ganze Stadt rund um die Uhr abdecken können.
Für die Gewerkschaften, die bereits seit Jahren eine flächendeckende Einführung dieser Technik fordern, die schon seit 2005 in Großbritannien im Einsatz ist, ist die Anschaffung von 64 neuen Geräten ein „erster Schritt“. „Das was jetzt passiert ist gut und richtig“, sagt Thomas Jungfer, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). „Wir bleiben aber bei dem Standpunkt, dass so eine Kamera zur Ausstattung eines jeden Beamten gehören muss.“
Polizisten sehen sich komplexen Situationen gegenüber
Jungfer begründet dies mit den oft komplexen Situationen, denen sich Polizisten in Hamburg immer wieder gegenüber sehen. „Wir hatten ja gerade so eine Situation auf der Mönckebergstraße“, so Jungfer in Anspielung auf die Ausschreitungen durch Jugendliche nach einer geplatzten „Verschenkaktion“ eines Modelabels. „Eine Bodycam zeigt lediglich das Geschehen gegenüber einem einzelnen Beamten. Das ist hilfreich, bleibt aber in so einer Situation ein einzelner Ausschnitt. Was drumherum passiert, wird nicht dokumentiert.“
Denn in letzter Konsequenz sind Bodycams nicht nur zu „Beruhigung“ besonders aufgeregter Zeitgenossen da. Die Bilder sind auch Beweismittel, die einerseits Straftatbestände untermauern, Vorwürfe aber auch entkräften können. Das war bereits im Sommer 2015 ein Thema, als die Bodycams in Hamburg erstmals getestet wurden. Damals hieß es: „Mit den anlassbezogenen Aufzeichnungen sollen potenzielle Gewalttäter abgeschreckt werden, da die aufgezeichneten Daten auch in einem sich anschließenden Strafverfahren verwendet werden dürfen.“
Hamburger Polizei rüstet Beamte mit Bodycams aus
Kritik an der Kameras gab es auch. Vor allem, weil Unbeteiligte ebenfalls mit aufgenommen werden können und im Gegensatz zu sonst üblicher Videoüberwachung auch Ton aufgezeichnet wird. Aber auch für Datenschützer hatten die Bodycams schon damals einen gewissen Charme: 2015 hatte der damalige Landesdatenschutzbeauftragte Johannes Caspar sogar gefordert, die Löschfrist für die Aufnahmen zu verlängern. Dabei hatte er weniger das Fehlverhalten vom „polizeilichen Gegenüber“, sondern mehr mögliches Fehlverhalten des Beamten vor Augen – wohl auch mit Blick auf Fälle in den USA, wie den Tod von Michael Brown in Ferguson im Jahr 2014, der von Polizisten erschossen worden war.