Hamburg. Auf St. Pauli wurde fast das Doppelte an Gewalttaten verzeichnet. Auch in anderen Stadtteilen ist die Kriminalität gestiegen.

Um 13,3 Prozent ist die Zahl der Straftaten im vergangenen Jahr im Vergleich zum Pandemiejahr 2021 gestiegen. Die jetzt vorliegenden Zahlen für Hamburg zeigen: Vor allem der Bezirk Mitte ist für diesen steilen Anstieg verantwortlich. Dort ereigneten sich nahezu die Hälfte der Taten, die das Kriminalitäts-Plus in der Stadt begründen. Auf St. Pauli wurde sogar ein Anstieg der Straftaten um mehr als 45 Prozent festgestellt.

Rund 34 Prozent aller Straftaten ereigneten sich im vergangenen Jahr in Hamburg-Mitte. Der Bezirk ist deshalb der Taktgeber der Kriminalität in der Hansestadt. 71.444 Straftaten wurden dort 2022 angezeigt – das sind mindestens mehr als doppelt so viele Taten wie in den anderen Bezirken und nahezu siebenmal so viel wie im Bezirk Bergedorf.

Kriminalität in Hamburg: Über 20.00 Straftaten in St. Georg

Am stärksten belastet durch die Kriminalität ist der Stadtteil St. Georg. 20.699 Taten wurden dort 2022 registriert Auf St. Pauli zählte die Polizei im vergangenen Jahr 12.834 Taten. Auf diese beiden Stadtteile entfallen also knapp 16 Prozent der gesamten Kriminalität in Hamburg.

„Es ist eine Entwicklung, die ich und eigentlich alle in der Polizei so erwartet haben“, sagt Thomas Jungfer, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG).

 Anzahl der Körperverletzungen hat sich auf St. Pauli nahezu verdoppelt

Deutlich unterdurchschnittlich stieg hingegen die Kriminalität in den „Wohnbezirken“ Altona mit einem Plus von drei Prozent, im Bezirk Eimsbüttel mit einem Plus von 7,2 Prozent und in den Bezirken Bergedorf und Nord mit einem Plus von 9,2 und 9,9 Prozent. Auch in Wandsbek blieb die Steigerung der Kriminalität mit 11,3 Prozent unter dem Durchschnitt. Lediglich der Bezirk Harburg legte bei den Fallzahlen um 18,8 Prozent zu und liegt damit deutlich über dem Schnitt.

Auf dem Kiez, ohnehin ein Kriminalitätsschwerpunkt, nehmen Gewaltdelikte wieder stark zu. So hat sich die Zahl der Körperverletzungen in 2022 im Vergleich zum Vorjahr auf 1554 Fälle nahezu verdoppelt. Ähnlich sieht es bei den gefährlichen Körperverletzungen aus. Die Polizei erfasste rund 90 Prozent mehr Taten in diesem Deliktsbereich, insgesamt 725.  Etwa ein Viertel aller in Hamburg angezeigten gefährlichen Körperverletzungen wurden auf dem Kiez oder in St. Georg registriert.

Kriminalitätsrate in St. Georg kaum gestiegen

Eine weit überproportionale Steigerung gab es auf dem Kiez auch bei den Raubtaten. Knapp 72 Prozent mehr Fälle als 2021 wurden auf St. Pauli im vergangenen Jahr gezählt. Insgesamt waren es 206 Fälle. Nur St. Georg kommt mit 355 Raubüberfällen in einem Jahr auf einen noch höheren Wert. Verantwortlich dafür sind viele Taten innerhalb der offenen Drogenszene.

Insgesamt fiel der Anstieg der Kriminalität in St. Georg aber deutlich niedriger aus, als auf dem Kiez. Der Grund: Das Bahnhofsviertel war im Gegensatz zu St. Pauli auch in der Pandemie noch hochfrequentiert. Die Drogenszene machte trotz Corona so weiter wie in den Jahren davor – sämtliche Pandemiebeschränkungen galten für die Szene nicht.

Zahl der Taschendiebstähle hat massiv zugenommen

Explodiert ist mit dem Ende der Pandemie indes die Zahl der Taschendiebstähle. Hier ist die HafenCity führend. Die Zahl der Taten stieg um 500 Prozent auf 149 angezeigte Fälle innerhalb eines Jahres. 2021 hatte es dort lediglich 25 Taschendiebstähle gegeben. Damit ist etwa jede sechste Straftat, die in diesem Stadtteil begangen wurde, ein Taschendiebstahl. Sehr hoch ist die Zunahme bei diesem Delikt auch in der Neustadt, knapp 200 Prozent, auf St. Pauli sind es mehr als 150 Prozent und in St. Georg etwa 114 Prozent.

Auf ganz Hamburg bezogen heißt das: Rund 38 Prozent aller Taschendiebstähle wurden allein in den Stadtteilen St. Pauli und St. Georg begangen. Jungfer: „Die hohen Fallzahlen insgesamt, aber auch in wichtigen Deliktbereichen wie Raub oder gefährliche Körperverletzung zeigen, dass auf St. Pauli und in St. Georg Handlungsbedarf besteht.“

Kriminalität in Hamburg: Andere Delikte sind weniger häufig als iin den Pandemiejahren

Aber es gibt auch erfreuliche Rückgänge im Vergleich zum Pandemiejahr 2021. So sank die Zahl der Autoaufbrüche auf St. Pauli um knapp 28 Prozent. Weniger Autoaufbrüche gab es auch in den
angrenzenden Stadtteilen Neustadt mit einem Minus von knapp 33 Prozent und der HafenCity mit einem Minus von über 35 Prozent. Zudem verzeichnete die Po­lizei auf dem Kiez weniger Wohnungs­einbrüche. Die Zahl der Taten sank um knapp über 21 Prozent auf 15 Fälle. Hingegen nahmen die Drogendelikte noch einmal zu: 1819 Taten wurde auf dem Kiez und 4706 Taten in St. Georg zur Anzeige gebracht. Das entspricht einer Steigerung von rund 14 Prozent und etwas mehr als 28 Prozent.

In den meisten Fällen handelt es sich um sogenannte Konsumentendelikte, bei denen es um den Besitz von Rauschgift zum eigenen Verbrauch geht. Beim Handel mit Drogen ist St. Pauli mit einer Steigerung von knapp über 16 Prozent auf
310 Fälle deutlich vor St. Georg mit einer Steigerung von einem Prozent auf 508 Fälle. Auch diese Entwicklung zeigt, wie vergleichsweise gering die Auswirkungen der Pandemie in St. Georg waren.

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Beide Stadtteile sind Einsatzgebiete der Task-Force gegen Drogen, hier wird die Rauschgiftkriminalität besonders intensiv verfolgt. Ohne den Einsatz der Polizei wäre kein einziges Drogendelikt bekannt geworden. Denn es gibt keine Opfer, und Käufer noch Verkäufer würden Anzeige erstatten – typisch für die sogenannte Dunkelfeldkriminalität. Das sieht man auch an der Aufklärungsquote: Sie liegt immer um die 90 Prozent. Das ist eine Quote, von der die Polizei bei fast allen anderen Delikten nur träumen kann.