Die Umweltbehörde will die Areale festsetzen, ohne die Nachteile für betroffene Grundeigentümer mit Ausnahmeregelungen abzufedern. Behördenpläne hatten Proteststurm ausgelöst. Kritik auch von der SPD.
Hamburg. Die Umweltbehörde bleibt dabei: Die neu festzusetzenden Überschwemmungsgebiete (ÜSG) sollen auch in Siedlungen wie an der Berner Au und der Lottbek ausgewiesen werden. Zwar dürften die alten Häuser stehen bleiben, Ersatz- oder Neubauten aber nur als Ausnahmen genehmigt werden. Damit bliebe die Behörde deutlich hinter den Möglichkeiten zurück, die sie zur Milderung der Härten für die Bürger hätte. Das ergab die Stellungnahme der Behörde zu einem Antrag der Bezirksversammlung Wandsbek.
Die Behördenpläne zur Festsetzung der ÜSG hatten einen Proteststurm ausgelöst. Die zunächst in die Ferien gelegten Einspruchsfristen hatten auch die SPD-Bürgerschaftsfraktion auf den Plan gerufen, die der Behörde mehrfach eine Verlängerung der Fristen und eine Bürgeranhörung vor Ort abringen konnte (wir berichteten). In dieser Anhörung hatten Behördenvertreter unter anderem dargelegt, dass schon die geplante Verordnung Ersatzbauten erlauben könne. Gehe demnach durch Brand oder Jahrhunderthochwasser ein Gebäude verloren, könne es gemäß Verordnung wiedererrichtet werden, ohne die komplizierten Prüfungen auf Vorliegen der Ausnahmetatbestände nach Paragraf 78 Wasserhaushaltsgesetz durchlaufen zu müssen.
In der jetzt vorgelegten Stellungnahme wird der skizzierte Verordnungsweg nicht erwähnt. SPD-Fraktionschef Andreas Dressel äußerte „die Erwartung, dass die Behörde die rechtlichen Spielräume zugunsten der betroffenen Eigentümer maximal ausschöpft.“ Es gehe um einen möglichst umfassenden Katalog von Ausnahmen vom Bauverbot.
Grundsätzlich darf in ÜSG gar nicht gebaut werden. Alles, was im Falle von Hochwasser-Ereignissen das Wasser auf Nachbargrundstücke drücken könnte, ist zu unterlassen, die Grundstücke dürfen von ihren Eignern nicht „verteidigt“ werden. Die etwa 305 betroffenen Grundstücke an der Berner Au (hamburgweit sind es 2180), die noch in den vergangenen Jahren marktüblich gehandelt und oft neu bebaut wurden, gelten Maklern mittlerweile als kaum verkäuflich.
Die Behörde argumentiert, dass nach ihrer Vermessung der gesamten Stadt die jetzt als ÜSG vorgesehenen Flächen im Falle eines Jahrhunderthochwassers ohnehin überflutet werden würden. Es seien diejenigen gewässernahen Gebiete, die am tiefsten liegen. Die Ausweisung diene dem Schutz der Bürger und helfe auch den Bewohnern der betroffenen Gebiete, weil sie daran gehindert würden, durch weitere Bauten in gefährdetem Gebiet ihren Vermögensschaden zu vergrößern. Auch verlange das EU-Recht die Ausweisung von ÜSG.
„Das sind keine Schutzmaßnahmen, sondern Schutzbehauptungen“, sagt Matthias Dickmann von der Bürgerinitiative „Kein ÜSG Berner Au“. „Die Stadt kann nicht wachsen und Baugebiete entwickeln, ohne zugleich die Infrastruktur Gas, Strom, Wasser und eben auch Abwasser zur Verfügung zu stellen.“ Das 700.000 Quadratmeter große ÜSG Berner Au würde das Regenwasser von 19 Millionen Quadratmeter Fläche aufnehmen, sein Einzugsgebiet reicht weit nach Volksdorf und Rahlstedt hinein. Mit der starken Bautätigkeit in den letzten Jahrzehnten wurden immer mehr Flächen versiegelt, sodass weniger Regenwasser versickert und mehr über die Berner Au Richtung Alster fließen muss. Für die Bürger wolle sich die Stadt nur mit einer billigen Rechtsverordnung vor teuren Maßnahmen zur Gewässerpflege drücken. Am Sonnabend soll am Mönckebergbrunnen demonstriert werden.