32 Beschäftigte haben offiziell erklärt, dass sie ihre Arbeit nicht schaffen. Personalratsvorsitzender hält dies für ein Ergebnis „jahrelanger Sparpolitik“.
Hamburg. Die Mitarbeiter des Bezirksamtes Wandsbek sind überlastet und schaffen ihre Arbeit nicht mehr. Auf eine Anfrage der Linkspartei hat die Amtsführung angegeben, dass 32 Mitarbeiter beziehungsweise Teams im vergangenen Jahr sogenannte Überlastungsanzeigen gestellt haben. Sie haben damit erklärt, ihre Pflicht zu vernachlässigen. 2012 hatten dies 26 Mitarbeiter getan. Schwerpunkte der Überlastung sind Jugend- und Familienhilfe, Eingliederungshilfe sowie Wirtschaftsförderung und Bauprüfung.
Die Überlastungsanzeigen seien nur die "Spitze des Eisberges", heißt es
„Praktisch gibt es derzeit im ganzen Amt keinen Bereich mehr ohne Arbeitsrückstände “, sagte der Personalratsvorsitzende Matthias Ebert und verweist auf die „jahrelange Sparpolitik“. Die Überlastungsanzeigen seien nur die „Spitze des Eisberges“.
„Diese Anzeigen kommen für viele Mitarbeiter einer Bankrotterklärung gleich“, sagte Ebert. Viel Arbeit machten die Überlastungsanzeigen auch: Bis zu acht Stunden Arbeit für den Mitarbeiter und zwei Stunden für Beratung durch den Personalrat müssten laut Ebert einkalkuliert werden – unter anderem für das Zusammenstellen der nötigen Angaben.
Linken-Fraktionschef Julian Georg geißelte die Sparpolitik der vergangenen Jahre als „unsoziale, falsche Prioritätensetzung.“ Wachsender Leistungsdruck führe zu Fehlern. Laut Georg muss Wandsbek 2014 noch einmal 60Stellen einsparen. Das Bezirksamt Wandsbek hat insgesamt 1338 Stellen.
Einzelne Behördenmitarbeiter sind dazu verpflichtet, ihre Überlastung anzuzeigen, wenn größere Arbeitsrückstände drohen. Dieses Vorgehen soll Schadenersatzansprüche verhindern und den Vorgesetzten ermöglichen, Abhilfe zu schaffen. Daran aber hapert es offenbar.
„Häufig wachsen die Aufgaben durch neue Gesetze und politische Forderungen schneller als die Aufgabenkritik, die das Amt dann vornehmen muss“, sagte der Personalratsvorsitzende Ebert. Mit anderen Worten: Wer neue Aufgaben übernimmt und kein zusätzliches Personal rekrutiert, muss auch sagen, welche Arbeiten für die neuen Aufgaben entfallen können.
Ebert wies darauf hin, dass die vom Amt vorgelegte Statistik keine Auskunft darüber gebe, ob die Überlastungsanzeigen aus den Vorjahren noch gelten, oder ob die Missstände zwischenzeitlich beseitigt wurden.
„Denn wer 2012 oder 2011 eine Überlastungsanzeige gestellt hat, musste das 2013 nicht wiederholen, wenn keine Besserung eingetreten war“, so Ebert. Auch sei die Dunkelziffer hoch, denn Überlastungsanzeigen würden nicht bei der Bezirksamtsleitung, sondern nur beim direkten Vorgesetzten abgegeben.
Die Beschwerden müssten dringend die Amtsleitung erreichen
Derzeit hat jedes der sieben Hamburger Bezirksämter seine eigenen Regeln im Umgang mit Überlastungsanzeigen. „Ziel von uns Personalräten ist es, dies zu vereinheitlichen“, sagte Ebert. Es müssten transparent und allgemein verbindlich Schritte festgelegt werden, wie solche Anzeigen abzuarbeiten seien. Auch müsse sichergestellt werden, dass Überlastungsanzeigen in jedem Fall die Amtsleitung erreichen.
Mehrere Abteilungen für Soziale Dienste haben auch bereits sozialen Brennpunkten ihre Überlastung angezeigt. Die Ämter für Allgemeine Soziale Dienste (ASD) sind unter anderem für die Beurteilung von Fragen des Kindswohls zuständig, die laut Bezirksamtsleitung „absolute Priorität“ genießen.
„Wirkliche Besserung ist hier erst in Sicht, wenn das in Arbeit befindliche System der Personalbemessung im ASD fertig ist, und die Politik dann auch die erforderlichen Stellen finanziert,“ sagte Ebert. „Es darf nicht sein, dass die Zahl der Fälle im ASD seit Jahren schneller zunimmt als die Zahl der damit beschäftigten Kolleginnen und Kollegen.“ Die Bezirksamtsleitung sprach von akutem Fachkräftemangel im Bereich der sozialen Arbeit.
Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) hatte den Abteilungen für Soziale Dienste zugesagt, für das erforderliche Personal zu sorgen. Grundlage für die Ermittlung der Bedarfe soll die Personalbemessung sein. An der Festlegung eines Messverfahrens und an der Datenerhebung wird gearbeitet. Ende 2014 sollen erste Zahlen vorliegen.