Seit zweieinhalb Jahren kann der TSC Wellingsbüttel seinen Kunstrasenplatz kaum nutzen. Wegen der Nachbarn. Ein Versöhnungsgespräch schien das Eis gebrochen zu haben. Jetzt ist es schlimmer als vorher.
Hamburg. Der Frieden schien schon in Sicht zu sein. Einvernehmlich gelockerte Nutzungseinschränkungen wegen zu lauter Fußballspiele an der Waldingstraße 91 waren in greifbare Nähe gerückt. Doch im sich lichtenden Pulverdampf der alten Scharmützel zwischen Nachbarn, Bezirksamt Wandsbek und TSC Wellingsbüttel tauchten keine geräuscharmen Fußballer beim Sonntagskick auf, sondern die Titelseite der Vorstadt-Gazette Alstertal-Magazin. „Sport-Aus?“ und „Lärmdiskussion in Wellingsbüttel wirft Schatten auf Olympiabewerbungen“ stand da in empörend großen Buchstaben. Die Anwohner der Sportanlage fühlten sich hintergangen.
Gerade noch hatte der Vereinsvorsitzende Volker Helm im gemeinsamen Gespräch um Entschuldigung gebeten für seine verzerrte Darstellung des Lärmstreits in der Öffentlichkeit (wir berichteten). Jetzt verkündete er im Kleingedruckten unter der Überschrift „Lärmfarce in der Sportstadt“, dass er sich „nicht auf das Niveau seiner Nachbarn begeben“ wolle. Anwohner-Anwalt Ulf Hellmann-Sieg erklärte daraufhin die Gespräche um die Lockerung der Nutzungseinschränkungen für gescheitert. Die „herablassende“ Äußerung verletzte die getroffenen Vereinbarungen für ein respektvolles Miteinander, schrieb Hellmann-Sieg an das Bezirksamt. Die für die Anwohner außerordentlich belastende und verzerrte Berichterstattung in der Presse hätte Helm demnach nicht mehr „aktiv unterstützen“ dürfen. „Wir bitten um Verständnis darum, dass wir jedes weitere Gespräch ablehnen, solange Herr Helm Vorsitzender des TSC Wellingsbüttel ist.“
Vier Anwohner waren gegen die 2010 erteilte Baugenehmigung zur Sanierung des alten Fußballplatzes auf der Anlage an der Waldingstraße 91 vorgegangen und hatten massive Nutzungseinschränkungen für den neuen Kunstrasenplatz durchgesetzt. Wer saniert, muss in der Regel neue Lärmgrenzwerte einhalten und damit den Lärm mehr als halbieren. Es drohte die Stilllegung der Baustelle, das Gericht war bereits eingeschaltet. Bauherr war die Stadt. Sie schloss einen Vergleichsvertrag mit den Anwohnern.
Doch trotz Errichtung einer sechs Meter hohen Lärmschutzwand dürfen die Nutzungseinschränkungen für die Anlage erst aufgehoben werden, wenn Lärmmessungen nachweisen, dass die Grenzwerte der 18. Bundesimmissionschutz-Verordnung eingehalten werden. Die fehlenden Messungen stehen für das Frühjahr an. Nach der Auswertung der Ergebnisse können die seit etwa zweieinhalb Jahren geltenden Nutzungseinschränkungen aufgehoben werden. In der Woche darf nur bis 20.30 Uhr gespielt werden, am Sonnabend sechs Stunden und am Sonntag vier. Der TSC müsste aber am Wochenende bis zu 16 Heimspiele austragen können.
Um die Lockerung dieser Einschränkung schon vor Vorliegen der Messungen war am 23. Januar im Bezirksamt verhandelt worden. Und um eine Basis für ein auskömmliches Miteinander in der Zukunft. Am 31. Januar erschien der unsportliche Artikel im Alstertal-Magazin.
TSC-Chef Volker Helm sprach von einer „bedauerlichen Entwicklung. Mir tut das auch Leid, dass der Artikel erschienen ist, aber ich hatte das Interview schon vor dem Gespräch mit den Anwohnern, ihrem Anwalt und den Vertretern des Bezirksamtes geführt.“ Falsch zitiert worden sei er nicht. Im Termin mit den Anwohnern das Interview wenigstens zu erwähnen sei ihm nicht eingefallen. „Ich saß da allein zehn Leuten gegenüber, die alle was von mir wollten. Ich hatte genug damit zu tun, alle Anwürfe abzuwehren. Und dass die Anwohner sich über die Presseberichte so geärgert haben, war mir nicht klar.“
In früheren Beiträgen vor allem des Boulevard-Fernsehens hatten die beschwerdeführenden Anwohner immer als kleinkarierte Spielverderber am Pranger gestanden. Außerdem hatte es immer wieder geheißen, die Anwohner seien fußballfeindlich eingestellt und allein auf ihren persönlichen Vorteil bedacht. Die rechtliche Situation, die auch den Anwohnern von Sportanlagen ein Recht auf Freiheit von Lärmbelastungen einräumt, war für ihren Geschmack deutlich zu kurz gekommen.
Helm sagte, er habe noch andere Presse-Anfragen gehabt und zum Beispiel RTL einen Korb gegeben. „Das weiß das Bezirksamt auch. Ich habe schon eine ganze Menge dazu beigetragen, nicht weiter Öl ins Feuer zu gießen“, sagte er. Nun kämen auf die zweieinhalb Jahre Einschränkungen eben noch einmal vier Monate drauf. „Aber ich trete auch sofort zurück, wenn es den Fußballern hilft und eine nennenswerte Zahl von Mitgliedern es fordert.“ Helm glaubt nicht, dass es dazu kommen wird. „Es war schon schwierig, vor dem Gespräch mit den Anwohnern und ihrem Anwalt im Amt den Vorstand darauf einzuschwören, dass ich mich entschuldige“, sagt er.