4000 Mitarbeiter bundesweit in Sorge. Auch betriebsbedingte Kündigungen möglich. Man bemühe sich um sozial verträgliche Lösungen.
Hamburg. Angesichts schwindender Umsätze und wachsender Konkurrenz aus dem Internet steht das Kerngeschäft der Hamburger Otto-Gruppe vor einem tief greifenden Umbau. Unter dem Codenamen "Fokus" will der weltgrößte Versandhändler die Kosten bei seinen Marken Otto, Baur und Schwab senken und die Bereiche enger als bisher miteinander verzahnen. "Dieser Restrukturierungsprozess kann auch zu einem Arbeitsplatzabbau führen", sagte Unternehmenssprecher Thomas Voigt dem Abendblatt. Betriebsbedingte Kündigungen seien nicht ausgeschlossen, man bemühe sich aber um sozial verträgliche Lösungen.
In der Otto-Belegschaft haben die bevorstehenden Sparmaßnahmen zu einer erheblichen Unruhe geführt. Auf einer turbulenten Betriebsversammlung forderte der Betriebsrat Vorstandschef Hans-Otto Schrader auf, endlich Klartext zu reden und die Beschäftigten nicht länger im Unklaren über die Pläne zu lassen. Man verstehe keinen Spaß, wenn es um Arbeitsplätze gehe.
Wie viele Jobs bei Otto genau auf der Kippe stehen, lässt sich derzeit noch nicht sagen. "Es geht aber nicht um einen Kahlschlag", betonte Voigt. "In erster Linie werden wir versuchen, die Kosten durch organisatorische Veränderungen und materielle Einsparungen zu reduzieren." Insgesamt sind in den betroffenen Bereichen rund 4000 Mitarbeiter beschäftigt, 3500 davon arbeiten in der Otto-Kerngesellschaft. Neben Hamburg betreffen die Maßnahmen voraussichtlich auch die beiden Standorte Burgkunstadt (Baur) und Hanau (Schwab).
+++ Internetfirmen machen Otto zu schaffen +++
Die Federführung für das "Fokus"-Projekt, das im Herbst dieses Jahres umgesetzt werden soll, liegt bei demOtto-Vorstandsmitglied Alexander Birken, der unter anderem für Personal und IT verantwortlich ist. Die Maßnahme wird nach Angaben des Sprechers auch zu einem Umbau der Vorstandsstrukturen bei den Versendern Otto, Baur und Schwab führen. "Künftig soll es eine eigenständige Geschäftsführung für die Otto-Einzelgesellschaft geben", sagte Voigt. Bisher wurde diese Aufgabe von Vorständen des Gesamtkonzerns mit übernommen.
Hintergrund des Sparprogramms sind die wachsenden Probleme, denen sich der Versandhändler durch preisaggressive Wettbewerber wie den Schuhspezialisten Zalando und neue, große Konkurrenten im Online-Geschäft wie Media-Markt und Saturn gegenübersieht. Während der gesamte deutsche Versandhandel durch das boomende Internetgeschäft im vergangenen Jahr um rund zwölf Prozent zulegen konnte, ging der Umsatz des klassischen Otto-Versands um 2,1 Prozent auf etwa zwei Milliarden Euro zurück. Um mit der Entwicklung im Netz Schritt zu halten, setzt das Unternehmen nun immer mehr darauf, sich selbst an jungen Internetfirmen zu beteiligen.
Der Gewinn der gesamten Gruppe dürfte im abgelaufenen Geschäftsjahr 2011/2012 nach vorläufigen Auskünften um mindestens zehn Prozent geschrumpft sein. Eine Rolle spielten hierbei auch Verluste im Frankreich-Geschäft, das der Otto-Vorstand daher insgesamt auf den Prüfstand gestellt hat. "Sanieren oder abstoßen" lautet die Devise.