Schnelle Einigung: Die Klassen werden verkleinert, das Büchergeld abgeschafft, die Stadtteilschulen erhalten eigene Oberstufen.
Der entscheidende Tag der parlamentarischen Einigung über die Schulreform begann mit Geheimverhandlungen. Etwas überstürzt hatte Schwarz-Grün die Linke am Morgen zum Gespräch ins Rathaus gebeten. Im Bürgermeisteramtszimmer saßen unter anderem Bürgermeister Ole von Beust (CDU) und Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) mit Linken-Fraktionschefin Dora Heyenn und der Linken-Abgeordneten Christiane Schneider zusammen.
Der Termin, der eigentlich am Nachmittag stattfinden sollte, war so kurzfristig vorgezogen worden, dass die Lehrerin Heyenn aus dem Unterricht ihrer Schule in Tonndorf geholt werden musste. Nicht nur der Zeitpunkt, auch der Ort des Treffens sollte geheim gehalten werden. Offensichtlich ging es einigen Christdemokraten darum, nicht mit den Linken fotografiert zu werden.
Der abrupte Start tat der konstruktiven Atmosphäre des Gesprächs keinen Abbruch. Nach rund einer Stunde konnten GAL-Fraktionschef Jens Kerstan, CDU-Fraktionsvize Wolfgang Beuß und Dora Heyenn die Einigung verkünden. "Wir waren sehr überrascht, wie stark der Senat uns entgegengekommen ist", sagte Heyenn. Wie für die SPD ist auch für die Linke die Abschaffung des Büchergelds ein wichtiges Element der Einigung. Nur in einem Punkt gab es keine Verständigung. "Wir werden nicht einen Schulfrieden für zehn Jahre unterschreiben. Das ist entschieden zu lang", sagte die Linken-Fraktionschefin. Nach Abendblatt-Informationen hatte die Linke eine Aussetzung der politischen Debatte über Schulstrukturen für höchstens acht Jahre vorgeschlagen.
Direkt im Anschluss an das Gespräch von Schwarz-Grün mit den Linken folgte die Zusammenkunft mit der SPD im Bürgersaal. Nach zwei Stunden konnten von Beust, Goetsch und SPD-Landeschef Olaf Scholz auch hier die Einigung verkünden. Die SPD hatte eine deutliche Verkleinerung der Klassen der Primarschulen durchgesetzt (siehe Text unten). Zusammen mit der Abschaffung des Büchergelds werden die Kosten nach Angaben von Christa Goetsch 20 bis 25 Millionen Euro betragen - allerdings jährlich aufwachsend.
Wichtig war den Sozialdemokraten auch, dass die Stadtteilschulen aufgewertet werden. Die schwarz-grüne Koalition ist bereit, an allen künftigen Stadtteilschulen zum nächsten Schuljahr elfte Klassen einzurichten. So soll der Weg zum Abitur allen interessierten Schülern geebnet werden. Grundsätzlich verständigten sich CDU, GAL und SPD auch darauf, dass jede Stadtteilschule auf Dauer eine eigene Oberstufe erhält. Allerdings sollen Kooperationen von Schulen in räumlicher Nähe möglich sein. "Die Schüler an den Stadtteilschulen müssen sich eingeladen fühlen, das Abitur zu machen", begründete Scholz den Vorstoß.
Doch die Sozialdemokraten konnten sich nicht mit allen Forderungen durchsetzen. Nach Abendblatt-Informationen hatte die SPD zunächst eine Verkleinerung der Klassen aller Schulformen und die Einstellung von 1000 zusätzlichen Lehrern ins Spiel gebracht. Dazu war die schwarz-grüne Koalition nicht bereit.
Auch wenn die Bürgerschaft die Änderungen des Schulgesetzes in der kommenden Woche beschließt, fällt die Entscheidung über die Primarschulreform erst im Sommer: mit dem Volksentscheid.