Eine Einigung ist vorerst nicht in Sicht. SPD-Mann Ties Rabe: “Die Schüler dürfen nicht Opfer von politischen Schachzügen werden.“
Hamburg. Das Hickhack um das Gastschulabkommen zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein geht in die nächste Runde: Nachdem die Schulbehörde angekündigt hatte, schärfer gegen Schüler mit Wohnsitz in Schleswig-Holstein vorzugehen, wächst der Widerstand. Politiker aus beiden Ländern fordern, den schwelenden Streit um die Ausgleichszahlungen nicht auf dem Rücken der Eltern und Schüler auszutragen. Die Schulbehörde zeigte sich gestern unbeeindruckt von den Protesten. "Wir haben Verantwortung gegenüber dem Steuerzahler", sagte der stellvertretende Sprecher Jan Bruns.
In dem politischen Tauziehen geht es um viel Geld: Bislang hat Schleswig-Holstein für seine Gastschüler jährlich 8,5 Millionen Euro bezahlt, nun verlangt Hamburg 30 Millionen für die etwa 6300 Schulpendler. Weil sich die Nachbarländer nicht auf einen neuen Betrag einigen konnten, kündigte Hamburg das Gastschulabkommen. Ein neuer Vertrag ist nicht in Sicht.
Angesichts der schwebenden Verhandlungen verlangt Hamburg nun, dass die geltenden Regeln für die Aufnahme von Gastschülern anders als in den vergangenen Jahren buchstabentreu angewandt werden. Im Klartext: Schüler aus Schleswig-Holstein müssen nach dem Ende der Sekundarstufe I und mit Erreichen des mittleren Bildungsabschlusses ihre Schule in Hamburg verlassen - wenn sie nicht als Härtefall anerkannt sind. Das gilt auch für die Aufnahme neuer Schüler. Bei Zuwiderhandeln droht die Behörde mit der Streichung von Mitteln für Ausstattung, Personal- und Sachmittel. Laut Schulbehörde gelten als Härtefall u. a. ein besonders langer Schulweg zu einer entsprechenden Schule in Schleswig-Holstein, sonderpädagogischer Förderbedarf oder die Betreuung von pflegebedürftigen Angehörigen in Hamburg.
Kein Härtefall ist dagegen, wenn ein Schüler von einem G-8-Gymnasium in Hamburg auf ein G-9-Gymnasium in Schleswig-Holstein wechseln muss. "Mit dem Versetzungszeugnis nach Abschluss der 10. Klasse können die Schüler direkt in die 12. Klasse an einem Gymnasium in Schleswig-Holstein springen, an dem es noch kein Turbo-Abi gibt", so Bruns.
Die Oberstufen in den beiden Ländern sind aber unterschiedlich strukturiert. "Man muss im Einzelfall entscheiden, ob ein Schüler diesen Übergang schaffen kann", sagte beispielsweise der Direktor des Gymnasiums Wentorf, Hans-Joachim Mayer. Andernfalls müsste der elfte Jahrgang wiederholt werden.
Inzwischen schlagen die Wellen hoch. "Die Schüler dürfen nicht Opfer politischer Schachzüge werden", sagte Ties Rabe, Schulexperte der Hamburger SPD. Wer auf eine Hamburger Schule gehe, dürfe nicht abgeschult werden. Auch Landespolitiker in Kiel reagierten empört: "Das Vorgehen der Hamburger Schulbehörde wird mit Sicherheit die Verhandlungen belasten", sagte der Reinbeker Abgeordnete Marc-Oiver Potzahr (CDU). Die schulpolitische Sprecherin der Grünen, Ines Strehlau, sagte: "Wir müssen die Interessen der Schüler in den Mittelpunkt stellen und nicht die Finanzen."