Kinder aus dem Umland sollen die Schulen der Hansestadt verlassen - oder die Eltern müssen den Wohnsitz ändern.
Hamburg. Die Schulbehörde will offenbar bei der Aufnahme von Gastschülern aus Schleswig-Holstein an staatlichen Schulen härter durchgreifen. Rechtzeitig zur Anmelderunde für das Schuljahr 2010/11 wurden die Schulen angewiesen, die geltenden Bestimmungen strikt anzuwenden.
"Bislang wurden die Regelungen für die Gastschüler sehr großzügig gehandhabt", sagt Rolf-Dieter Peek, Elternratsvorsitzender des Gymnasiums Lohbrügge. "Nun wird das alles von einem auf den anderen Tag geändert." Die Schule am Stadtrand von Hamburg besuchen 1300 Schüler, darunter auch viele aus dem Umland. Er habe in den vergangenen Tagen zahlreiche Anrufe von verzweifelten Eltern bekommen, so Peek. "Ich bin entsetzt über das Vorgehen der Behörde. Es muss einen Bestandsschutz für Schüler geben, die schon eine Hamburger Schule besuchen."
Die Dienstanweisung der Schulbehörde vom 25. Januar, die dem Abendblatt vorliegt, spricht eine andere Sprache. Danach muss sofort die Rechtsabteilung der Schulbehörde eingeschaltet werden, sollten Zweifel an der Echtheit der Meldebestätigung eines Schülers bestehen. Auch ist ein Schulverhältnis umgehend zu beenden, wenn die Schüler nur kurzfristig einen Wohnsitz in Hamburg begründen, um an einer Hamburger Schule aufgenommen zu werden. Neuanmeldungen von Kindern aus dem Umland sind nur in Härtefällen möglich. Zuständig ist die Schulaufsicht.
Hintergrund der Verschärfung sind ungeklärte Fragen rund um das Gastschulabkommen: Trotz monatelanger Verhandlungen hatte es keine Annährung über die Höhe der Ausgleichszahlungen gegeben. Bislang zahlt Schleswig-Holstein 8,5 Millionen Euro pro Jahr. In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Schulpendler aber massiv gestiegen. Derzeit liegt sie bei 6300, den umgekehrten Weg machen nur etwa 750 Schüler. Hamburg verlangt deshalb mehr Geld und fordert 30 Millionen Euro jährlich. Ende vergangenen Jahres hatten die Unterhändler der Länder sich dann auf eine Übergangsregelung geeinigt, um Rechtssicherheit zu schaffen. Die entsprechende Verwaltungsvereinbarung hat Hamburg aber bislang noch nicht unterzeichnet. "Es gibt noch offene Punkte", sagte die Sprecherin der Schulbehörde Brigitte Köhnlein. Jetzt soll es ein weiteres Treffen geben. Sicher ist: Für die Hamburger Privatschulen, die von dem Weggang der schleswig-holsteinischen Schüler besonders betroffen wären, bleibt in diesem Jahr alles wie bisher. Auch Schüler aus Barsbüttel dürfen weiter Hamburger Gymnasien besuchen.
Für alle anderen wird es schon jetzt schwierig. "Wir müssen jetzt früher prüfen, ob unsere Schüler wirklich in Hamburg wohnen", sagte Michael Koops, Schulleiter des Gymnasiums Lohbrügge. Betroffen sind Schüler der fünften und sechsten Klassen sowie Zehntklässler, die bei einem Wegzug aus Hamburg nur noch bis zum Ende der jeweiligen Stufe bleiben dürfen. Im Lohbrügger Gymnasium fanden sich in der Kartei elf Schüler mit einer Adresse im Nachbarland. "Wir haben die Eltern darauf hingewiesen, dass ab dem Sommer keine Gastschüler mehr beschult werden", so Koops. Faktisch bleiben den Familien zwei Wege: Entweder sie schulen ihre Kinder um, oder sie ziehen nach Hamburg. "Eine kurzfristige Ummeldung reicht nicht." Viele Familien bringt das in eine schwierige Situation. Zumal es bestimmte Ausrichtungen und Profile Hamburger Schulen in Schleswig-Holstein nicht gibt. "Trotzdem müssen wir es umsetzen", sagt Koops. "Ich bekomme keine Mittelzuweisungen mehr für diese Schüler."