131 Euro pro Schüler und Jahr zahlen Hamburger Eltern im Durchschnitt für Nachhilfe. In anderen Bundesländern ist die Nachfrage geringer.

Hamburg. Die private Nachhilfe für Schüler boomt in Hamburg. In der Hansestadt geben die Eltern im Durchschnitt pro Schüler und Jahr 131 Euro für Nachhilfe aus, ergab eine Studie der Bildungsforscher Klaus und Annemarie Klemm für die Bertelsmann Stiftung. Damit liegt die Hansestadt zusammen mit Baden-Württemberg bei den Ausgaben für Nachhhilfeunterricht im Ländervergleich auf Platz Eins.

Das wenigste Geld für Nachhilfe geben Eltern in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern aus: 74 Euro pro Schüler und Jahr. Der Bundesdurchschnitt beträgt 108 Euro.

Bundesweit nehmen der Studie zufolge rund 1,1 Millionen Schüler regelmäßig bezahlten Nachhilfeunterricht in Anspruch. Das ist etwa jeder achte (12,2 Prozent) der insgesamt neun Millionen Schüler an allgemeinbildenden Schulen. Eltern geben jährlich zwischen 942 Millionen und knapp 1,5 Milliarden Euro dafür aus.

Der Studie zufolge ist Nachhilfe bereits in der Grundschule an der Tagesordnung. Besonders häufig wird sie in Anspruch genommen, wenn es am Ende der Grundschulzeit um die Empfehlung für die weiterführende Schule geht. Die Sonderauswertung der IGLU-Bildungsstudie aus dem Jahr 2006 ergab, dass im Schnitt aller Bundesländer 14,8 Prozent der Viertklässler Nachhilfe im Fach Deutsch erhalten. Auch hier liegt Hamburg mit 17,2 Prozent der Viertklässler über dem Durchschnitt.

24,2 Prozent der 15-Jährigen Hamburger bekommen Nachhilfe in Mathematik. Nur in Baden-Württemberg lassen sich noch mehr Schüler bei den Matheaufgaben helfen (24,3 Prozent). Im Bundesdurchschnitt bekommen 19,1 Prozent der 15 Jahre alten Schüler Mathenachhilfe.

Nachhilfe sei längst nicht mehr eine zeitlich begrenzte Ausnahmeerscheinung für leistungsschwächere Schüler, so die Autoren der Studie. „Sie hat sich vielmehr zu einem etablierten, privat finanzierten Unterstützungssystem neben dem öffentlichen Schulsystem entwickelt“, heißt es in der Untersuchung. Da sich aber vor allem Kinder aus wohlhabenden und höher gebildeten Familien diese Möglichkeit der außerschulischen Förderung leisten könnten, nehme dadurch die Chancen-Ungerechtigkeit des Bildungssystems tendenziell zu.

Die starke Nachfrage nach privatem Ergänzungsunterricht sei ein deutlicher Ausdruck dafür, dass Eltern mit dem Schulsystem unzufrieden seien, sagte Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. „Sie haben den Eindruck, dass ihre Kinder im Schulunterricht nicht bestmöglich gefördert werden, und Nachhilfe soll diese fehlende individuelle Förderung ausgleichen.“ Ziel eines chancengerechten und qualitativ guten Schulsystems müsse es daher sein, Nachhilfe weitestgehend überflüssig zu machen, forderte der frühere Hamburger Wissenschaftssenator.