Hamburg. Die Staatsanwaltschaft spricht von versuchtem Mord, die Verteidigung von mangelhafter Beweislage. Verbrennungen im Gesicht.

Sie hätten in Flammen umkommen können. Die Schlafsäcke der beiden Obdachlosen hatten schon Feuer gefangen. Doch dass einer der Männer aufwachte und seinen Kumpel weckte, rettete ihr Leben. Jetzt hat das Drama um zwei Wohnungslose auf St. Pauli ein strafrechtliches Nachspiel: Wegen des Vorfalls vom 31. Januar dieses Jahres muss sich ein 29-Jähriger vor dem Schwurgericht wegen versuchten Mordes aus Heimtücke sowie gefährlicher Körperverletzung verantworten.

Die Staatsanwaltschaft wirft Darian P. vor, er habe in einer Nische an den Landungsbrücken, die die beiden Männer als Schlafplatz nutzten, die Schlafsäcke der beiden Obdachlosen in Brand gesetzt, um sie zu töten. Dann habe sich der 29-Jährige „in der Annahme, die Geschädigten würden in ihren Schlafsäcken verbrennen", vom Tatort entfernt. Doch einer der Männer wurde wach und alarmierte seinen noch schlafenden Kameraden.

Der 32-Jährige und der 43-Jährige konnten ihre zum Teil bereits brennende Kleidung löschen und brachten sich in Sicherheit. Eines der Opfer erlitt unter anderem Verbrennungen im Bereich der linken Hand und der linken Körperseite, der andere trug insbesondere großflächige Brandverletzungen im Gesicht davon.

Wurde das Feuer gar nicht gelegt?

Der Tatverdächtige war aufgrund von Videoaufzeichnungen ermittelt worden. Darian P., ein kräftiger Mann, machte zu der Anklage selbst keine Angaben. Seine Verteidigerin betonte jedoch in einer Erklärung für ihren Mandanten, er stelle sich „dem Vorwurf entschieden entgegen“. Der 29-Jährige gehöre ebenso wie die Opfer dem Obdachlosen-Milieu an. Das von der Staatsanwaltschaft offenbar angenommene Motiv, dass der Angeklagte nämlich mit der Tat seinen früheren eigenen Schlafplatz habe zurückerobern wollen, greife nicht, so die Verteidigerin.

Dass Darian P. die Nische selber genutzt habe, liege lange zurück. „Ein Motiv gibt es schlichtweg nicht“, betonte die Anwältin. Zudem sei nicht einmal sicher, dass das Feuer absichtlich gelegt wurde, weil keine brandbeschleunigenden Substanzen festgestellt worden seien.

Nicht auszuschließen sei, dass sich Kleidung oder Schlafsäcke „ selbst entzündet“ hätten. Auch die Videoaufzeichnung spreche nicht für eine Täterschaft ihres Mandanten, meinte die Verteidigerin. Es gebe einen Zeugen, der den Verbrecher gesehen und ihn beschrieben habe. Weder die Größe noch die Kleidung stimme mit dem 29-Jährigen überein. Außerdem habe der Zeuge betont, dass der Verbrecher einen sehr auffallenden Gang gehabt habe. Als ihm die Videoaufzeichnung mit den Aufnahmen von Darian P. gezeigt wurden, habe der Zeuge gesagt: „Ne, der Täter läuft ganz anders!“ An diesem Dienstag soll eines der beiden Opfer als Zeuge aussagen.