Die zweite Verhandlung gegen die Jugendlichen, die einen Mann wegen 20 Cent getötet haben sollen, wurde nach wenigen Minuten abgebrochen.

Hamburg. Kurzer Prozess: Der sogenannte 20-Cent-Prozess ist am Dienstag bereits nach dem Verlesen der Anklage unterbrochen worden. Ein Verteidiger erklärte, einer der Angeklagten sei erkrankt. Ein Arzt überpfüfte daraufhin die Verhandlungsunfähigkeit des 17-Jährigen im Gerichtssaal. Die beiden angeklagten Jugendlichen sollen einen 44-Jährigen mit Schlägen und Tritten traktiert haben, weil er ihnen 20 Cent verweigerte. Der Mann starb an seinen Verletzungen. Nun soll der Prozess Anfang Juni fortgesetzt werden.

Erst am vergangenen Dienstag waren die Jugendlichen nach einem Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Onur K. und Berhan I. werden der gemeinschaftlichen Körperverletzung mit Todesfolge und des versuchten Totschlags beschuldigt. Am 12. Juni sollen sie den 44 Jahre alten Thomas J. um 20 Cent angebettelt haben. Als der Dachdecker sich weigerte, sollen sie den Mann in einem Fußgängertunnel in der Nähe des Bahnhofs Harburg erst geschlagen und dann, als ihr Opfer bereits wehrlos am Boden lag, auf ihn eingetreten haben. Vier Wochen später starb Thomas J. an der schweren Kopfverletzung, die er sich durch den Sturz aufs Pflaster zugezogen hatte.

Die erste Hauptverhandlung war am 22. April geplatzt. Grund: Eine Richterin war wegen der Vulkanaschewolke nicht rechtzeitig aus dem Urlaub nach Hamburg zurückgekehrt. Das Verfahren konnte deshalb nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von drei Wochen fortgesetzt werden. Folge: Der Prozess musste neu aufgerollt werden. Nach Auffassung des OLG trieb die zuständige Große Strafkammer 27 die Neuauflage des Verfahrens dann aber nicht schnell genug voran. Weil die Halbwüchsigen schon länger als die gesetzlich zulässigen sechs Monate in der U-Haft saßen, hob das OLG den Haftbefehl auf. "Die Kammer ging davon aus, dass eine Verzögerung von drei Wochen vertretbar ist und die Untersuchungshaft aufrechtgehalten werden könnte", sagte Justizsprecher Conrad Müller-Horn.

Die Entlassung der wegen Körperverletzung vorbestraften Jugendlichen stieß in der Öffentlichkeit auf Empörung, im Abendblatt erhob die Mutter des Opfers, 63, schwere Vorwürfe gegen das Landgericht und sprach von "Schlamperei". Auch SPD-Innenexperte Andreas Dressel kritisierte die Justiz. "Ganz Hamburg diskutiert über ein konsequenteres Vorgehen auch der Justiz gegen junge Gewalttäter. Und parallel setzt diese Justiz zwei mutmaßliche Gewalttäter, die ein Menschenleben auf dem Gewissen haben, wegen eines geplatzten und nicht rechtzeitig neu terminierten Strafverfahrens ohne Auflagen auf freien Fuß." Nach dem Jugendgerichtsgesetz ist die Öffentlichkeit auch von der Wiederholungsverhandlung ausgeschlossen.