Hamburg. Pflegedienst-Mitarbeiter soll Hausschlüssel zur Wohnung einer Seniorin weitergegeben haben. Angeklagter nennt Tat „sehr verwerflich“.
Es war mitten in der Nacht, als die Seniorin spürte, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Ein Fremder stand im Schlafzimmer der 95-Jährigen. Als er merkte, dass die Hamburgerin wach geworden war, verschwand der Mann. Und kurz danach bemerkte Hannelore M. (alle Namen geändert), dass auch zwei ihrer Bankkarten fehlten; ihre Schecks waren ebenfalls nicht mehr aufzufinden. Und nun ging es Schlag auf Schlag. Mehrfach wurde Geld vom Konto der Seniorin abgehoben. Insgesamt waren es mehr als 6000 Euro – ein Schock für die alte Dame.
Jetzt, knapp anderthalb Jahre nach den Geschehnissen vom August vergangenen Jahres, müssen sich zwei Männer in einem Prozess vor dem Amtsgericht verantworten. Die Anklage lautet auf Diebstahl und Computerbetrug. Einer von ihnen, ein 43-Jähriger, arbeitete der Anklage zufolge damals für einen Pflegedienst – und verschaffte sich so den Schlüssel für das Haus von Hannelore M. Nun sei Mehmet I. nachts in das Haus eingedrungen und habe die Girokarte, eine Sparkarte sowie mehrere Schecks, die die Hamburgerin bereits ausgefüllt hatte, gestohlen. In den kommenden Tagen habe er mit den Bankkarten zweimal je 1000 Euro abgehoben.
Prozess Hamburg: 95-Jährige wurde in ihrem Haus bestohlen
Des Weiteren soll Mehmet I. einen der Schecks einem Komplizen gegeben haben, den dieser den Ermittlungen zufolge bei der Bank vorlegte und sich 4370 Euro auszahlen ließ. Mit einem weiteren Scheck ging laut Staatsanwaltschaft ein 39-Jähriger zur Bank und versuchte so, 6500 Euro vom Konto der 95-Jährigen ausgezahlt zu bekommen. Doch ein Bankmitarbeiter bemerkte, dass die Unterschrift auf dem Scheck gefälscht war, und verweigerte die Herausgabe des Geldes.
Hannelore M. ist nicht mehr in der Lage, selber als Zeugin über die damaligen Vorfälle zu erzählen. Das würde die heute 96-Jährige zu sehr aufwühlen, erzählt ihre Tochter jetzt im Prozess. Damals habe ihre Mutter ihr berichtet, dass sie einen Mann im Schlafzimmer gesehen habe. Am nächsten Morgen habe sie ihre Bankkarten vermisst. „Erst dachte ich, dass meine Mutter die Karten vielleicht verlegt hat.“ Als aber kurze Zeit später Geld vom Konto fehlte, war klar: Es haben sich wirklich Diebe bei der Seniorin eingeschlichen und ihr die Bankkarten geklaut. Auch die Pin müssen sich die Täter aus dem Haus der Hamburgerin beschafft haben. Die hatte Hannelore M. offenbar in einem Ordner notiert und diesen mit dem Namen ihrer Bank beschriftet.
Nach und nach hoben Fremde Geld vom Konto der Seniorin ab
Rund zwei Wochen vor dem Diebstahl hatte die Seniorin Besuch von zwei Herren eines Dienstes für Hausnotrufe. Diesen hatte sie alarmiert, weil sie plötzlich erhebliche gesundheitliche Probleme hatte. Die beiden Männer seien „besonders nett“ gewesen, hatte Hannelore M. wenig später ihrer Tochter erzählt. Stutzig wurde die Tochter allerdings, als sie von ihrer Mutter hörte, dass die Herren nach ihrer Versichertenkarte gefragt hatten. Und insbesondere, weil sie sich erkundigten, wo die Seniorin ihre Wertsachen aufbewahrt. Der Mann, der schließlich bei ihr im Schlafzimmer stand, sei einer dieser beiden Männer gewesen, so die 95-Jährige.
Der Angeklagte Mehmet I. räumt über seinen Verteidiger einen Teil der Vorwürfe ein. Er habe die EC-Karte eingesetzt, um Geld vom Automaten abzuheben, teilt der 43-Jährige mit. Nicht richtig sei, dass er derjenige war, der die Bankkarte aus dem Haus der 95-Jährigen entwendete. Er habe sie vielmehr über eine weitere Person, deren Namen er nicht nennen will, erhalten, lautet der Tenor seiner Aussage. Sein Motiv sei gewesen, dass er Schulden gehabt habe und ihm angeboten wurde, diese durch das Abheben von Geld zu begleichen. Heute bedauere er die Taten, und ihm sei bewusst, dass sie „sehr verwerflich waren“.
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Auch der Mitangeklagte Ali C. legt über seinen Verteidiger ein Teilgeständnis ab. Er sei angesprochen worden, ob er für eine weitere Person einen Scheck einlösen könne, so der 39-Jährige. Dem habe er zugestimmt, weil ihm als „Bezahlung“ etwas Kokain angeboten worden seien. Drogen seien damals bei ihm „ein größeres Thema“ gewesen, deshalb habe er zugestimmt. Er habe allerdings nicht gewusst, woher der Scheck kam. Der Prozess wird fortgesetzt.