Hamburg. Hamburger Abgeordnete seit Monaten in Russland. Dennoch kassiert sie 5500 Euro monatlich – für nichts. Nun äußert sich der Landeswahlleiter.
- Die umstrittene AfD-Abgeordnete Olga Petersen ist seit Monaten nicht mehr in der Bürgerschaft oder der Bezirksversammlung Harburg aufgetaucht.
- Am Mittwoch berät nun der Verfassungsausschuss in Hamburg über ihren Fall.
- Landeswahlleiter Oliver Rudolf: Kein Wohnsitz mehr in Hamburg - Voraussetzungen für Wählbarkeit „weggefallen“.
Die umstrittene AfD-Politikerin Olga Petersen dürfte vor der Aberkennung ihrer Mandate in der Hamburgischen Bürgerschaft sowie auch in der Bezirksversammlung Harburg stehen. Der Verfassungs- und Bezirksausschuss der Bürgerschaft hatte bereits am Donnerstag dazu beraten. Für die Doppel-Parlamentarierin, die sich offenbar seit Monaten in Russland aufhält, wird es nun richtig eng, wie das Abendblatt mehrfach berichtete.
Das Thema steht nun erneut auf der Tagesordnung des Verfassungs- und Bezirksausschusses am Mittwoch, 11. Dezember, und zwar gleich als erster Punkt: „Anträge auf Feststellung des Verlustes der Mitgliedschaft in der Hamburgischen Bürgerschaft und in der Bezirksversammlung Harburg der Abgeordneten Olga Petersen (Verfahren nach dem Wahlprüfungsgesetz).“
Die Vorprüfung eines Antrags auf Verlust des Mandats ergab, dass die 42-Jährige keinen Wohnsitz und „gewöhnlichen Aufenthalt“ in der Hansestadt mehr hat, wie aus einem Schreiben von Landeswahlleiter Oliver Rudolf hervorgeht, das am Mittwoch in dem Ausschuss beraten werden soll.
Diese gesetzlich vorgeschriebenen Wählbarkeitsvoraussetzungen seien bei Petersen „weggefallen“, heißt es darin. Damit liege „der Tatbestand für den Verlust der Mitgliedschaft in der Bürgerschaft (...) vor.“ Da für ihren Sitz in der Harburger Bezirksversammlung, in die Petersen erst im Juni gewählt worden war, gleiche Voraussetzungen gelten, könnte sie auch dieses Mandat verlieren.
Hamburger AfD-Politikerin kassiert monatlich 5500 Euro – praktisch für nichts
Mittlerweile ist rund ein halbes Jahr vergangen, seit die Hamburger (Noch-)AfD-Politikerin Olga Petersen von Hamburg mutmaßlich mit ihren Kindern nach Russland ausgereist ist. Seither hat die 42-Jährige nicht mehr an Sitzungen der Bürgerschaft oder der Bezirksversammlung Harburg teilgenommen – obwohl sie beide Mandate besitzt. Trotz ihrer Abwesenheit kassiert die Russlanddeutsche aber offenbar weiter ihre Diäten, monatlich je 4448 Euro für das Bürgerschafts- und 1054 Euro für das Harburger Mandat.
Die lange Zeit währende Unklarheit über Petersens Ausreise ist in zweierlei Hinsicht ein Problem: Hat sie ihren Lebensmittelpunkt noch in Hamburg, müsste sie ihre Kinder hier zur Schule schicken. Das erfolgte jedoch nicht, weswegen die Schulbehörde Verfahren wegen Schulabsentismus einleitete und hohe Geldbußen androhte.
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Hat sie ihren Lebensmittelpunkt aber hingegen nicht mehr in Hamburg, sondern lebt nun mit ihren Kindern in Russland, könnte sie hier in Hamburg nicht ihre Parlamentsmandate wahrnehmen – und keine Abgeordnetendiäten kassieren.
Olga Petersen ließ sich im Juni in Bezirksversammlung wählen – aber die AfD-Politikerin erschien nie
Im Sommer hatte Petersen wohl gegenüber den Hamburger Behörden nachgewiesen, dass ihre Kinder in Russland zur Schule angemeldet wurden. Daraufhin hatte die Schulbehörde das Absentismusverfahren wegen des Fehlens der drei schulpflichtigen Kinder eingestellt. Nun ist die Bürgerschaft am Zuge, die für eine mögliche Aberkennung beider Mandate zuständig wäre.
Zu Bürgerschaftssitzungen hatte sich Petersen zwischenzeitlich immer mal wieder gemeldet und etwa für Plenarsitzungen entschuldigen lassen. Zudem stellte sie auch weiterhin Kleine Anfragen. Anders sieht es mit der Bezirksversammlung Harburg aus, in die sich die AfD-Politikerin erst im Juni hatte wählen lassen. Seither ist sie zu keiner Sitzung erschienen. Angesichts des nahenden Termins der Bürgerschaftswahl ist das Mandat in diesem Parlament in dem Fall von kleinerem Gewicht, es wird nach dem 2. März ohnehin anders zusammengesetzt sein. Die Bezirksversammlung Harburg hingegen wird erst in viereinhalb Jahren wieder neu gewählt.
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In seinem Schreiben für den Verfassungsausschuss weist Landeswahlleiter Rudolf auf ein im Internet verbreitetes Video hin, das Petersen in einem Interview zeigt und in dem sie sagt: „Momentan ist es sicherer, sich aus Russland für Deutschland einzusetzen.“ Ende Oktober hatte Petersen bei Facebook auch ein Selfie von sich beim Gipfeltreffen der Brics-Staaten im russischen Kasan gepostet.
Auch der Anwalt Petersens, der sie im von der AfD bereits im Frühjahr angestrengten Parteiausschlussverfahren vertritt, habe sein Mandat inzwischen nach eigenen Angaben niedergelegt, da er Petersen nicht mehr erreichen könne, schrieb Rudolf. „Aufgrund örtlicher Ermittlungen hat die zuständige Meldebehörde den Wegzug der Abgeordneten und ihrer Kinder aus der bisherigen Wohnung festgestellt und mit Wirkung vom 1. September 2024 von Amts wegen nach unbekannt abgemeldet“, heißt es in dem Schreiben weiter.
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In der Bürgerschaft hat die AfD-Fraktion Petersen ausgeschlossen, dort ist sie nun fraktionslos. Auch in Harburg hat sie sich mit früheren Parteifreunden überworfen. Zugleich läuft weiterhin ein Partei-Ausschlussverfahren gegen sie, da sie selbst der AfD zu rechts und zu putinfreundlich sein soll. mit dpa