Ottensen. Verein fürchtet zusätzliche Probleme für Bahnhof Altona und will „Bündnis für den Bahnfrieden“. Wie der Hauptbahnhof entlastet werden soll.

  • Hamburg hat 15 schwierige Jahre im Bahnverkehr vor sich, so der Verein Prellbock. Statt eines besseren Angebots drohten massive Einschränkungen und Störungen.
  • Immer mehr Verbindungen nach Altona sind bereits weggefallen.
  • Verein will „Bündnis für den Bahnfrieden“ und zweite Eisenbahnelbquerung im Westen der Stadt.

Sie lieben die Bahn – und leiden an ihr. Seit bald zehn Jahren kämpft der Verein „Prellblock Altona“ gegen den Umzug des Fernbahnhofs nach Hamburg-Diebsteich. Und weil das Großprojekt weiter auf sich warten lässt, geht dieser Kampf unverdrossen weiter. Am Donnerstag lud die Initiative zur Jahrespressekonferenz in die Alte Druckerei Ottensen.

„Hamburg hat 15 schwierige Jahre im Bahnverkehr vor sich“, sagte Sprecher Michael Jung zur Begrüßung. „Statt eines besseren Angebots drohen massive Einschränkungen und Störungen.“ Auf insgesamt 16 Folien arbeiten sich die Streiter für eine Verkehrswende am Status quo, vor allem aber an den Planungen der Bahn, des Bundes und der Stadt ab. Konziliant im Ton, kompetent in Details, knallhart in der Sache.

Neuer Bahnhof Diebsteich: Prellbock fürchtet zusätzliche Probleme für Hamburg-Altona

Als langjährige Nutzer des Fernbahnhofs Altona, der bis auf Weiteres im Herzen von Ottensen liegt, kennen sie den Verfall. So sei der Fahrplan systematisch ausgedünnt worden. „1994 waren noch 250 Ziele ohne Umsteigen von Altona aus erreichbar, jetzt sind es 98“, kritisiert Jung. Interessante Verbindungen, ob nach Aarhus, Oslo, Breslau oder Mailand, seien weggefallen. Und die Verschlechterungen setzten sich fort, fürchtet der Verein. Der geplante Abbruch des Überwerfungsbauwerks Langenfelde im kommenden Frühjahr werde Kapazität, Leistungsfähigkeit und Fahrplanstabilität in Altona weiter beeinträchtigen, warnt Andreas Müller-Goldenstedt von Prellbock.

Den Umzug nach Diebsteich will Prellblock verhindern – auch weil ein Ausstieg noch möglich scheint. Der Bau des großen Bahnhofsgebäudes hat noch nicht begonnen. Das Projekt hakt auch, weil der Verbindungsbahnentlastungstunnel (VET) 2019 völlig überraschend vonseiten des Bundes in die Hamburger Planungen hineinschneite. Dahinter steckt das Vorhaben, zur Ertüchtigung des Hauptbahnhofs einen neuen S-Bahn-Tunnel von der Innenstadt nach Diebsteich zu bauen.

Großprojekt in Hamburg: Prellbock ist gegen den Verbindungsbahnentlastungstunnel

Prellbock ist gegen das Milliardenprojekt, bezweifelt auch dessen Realisierung. „Die Trassenentscheidung sollte bis Jahresende fallen, das Schweigen im Senat aber ist auffällig“, sagt Jung. Wegen der ungeklärten Verteilung der Kosten zwischen Bund und Hamburg dürfte das Projekt nun durch das Ampel-Aus verzögert werden.

Für den Verein keine schlechte Nachricht: „Der VET ist wegen vieler Schnittstellen schädlich für die Realisierung anderer Verkehrsprojekte“, sagt Jung. Aufgrund der langen Bauzeit sei er zudem eine Belastung für den Wirtschaftsstandort Hamburg. Eine mögliche Volksinitiative gegen das Tunnelprojekt sieht er aber skeptisch. „Die Hürden für Volksentscheide sind sehr hoch. Und viele Bürger werden erst wach, wenn die Bagger rollen.“

Michael Jung
Michael Jung von Prellbock bei der Pressekonferenz in Ottensen. Für den Hauptbahnhof, den angeblich „dreckigsten in Deutschland“, gab es als Schmähpreis die „rostige Bahnschiene“.  © Matthias Iken | Matthias Iken

Prellbock geht es nicht um die Ablehnung um der Ablehnung willen. „Wir sind nicht aus der Kategorie Krötenzähler“, sagt Jung. „Die Bahn ist als Verkehrsmittel für die Mobilitätswende zu wichtig, als dass man ihrem weiteren Zerfall tatenlos zusehen kann.“ Er wirbt für ein „Bündnis für den Bahnfrieden“, der sich am erfolgreichen Schulfrieden orientieren soll, und eine Bürgerbeteiligung auf Augenhöhe. Die Deutsche Bahn müsse sich für neue Vorschläge öffnen.

Bahn in Hamburg: Der Verein plädiert für eine weitere Elbquerung im Westen

Für eine Idee trommelt Prellbock schon länger. Der Verein will eine zweite Eisenbahnelbquerung im Westen der Stadt. Die zusätzliche Querung mache das System nicht nur widerstandsfähiger gegen Störungen, sondern zugleich auch den VET überflüssig. Außerdem könne eine Querung im Westen den Hauptbahnhof spürbar entlasten. Die Machbarkeit der Elbquerung sei in Studien belegt worden.

Noch ein weiteres Problem treibt die Eisenbahnfreunde um: die Sanierung der Elbbrücken, die von 2028 bis 2036 geplant ist. „Das wird ein Mega-Bauprojekt“, warnt Jung, sei aber wohl unumgänglich. Er fürchtet monatelange Totalsperrungen auf der Strecke, während der Bauzeit seien massive Kapazitätseinschränkungen unvermeidlich. Besonders schwierig und risikobehaftet sei die Sanierung beziehungsweise der Neubau der Norderelbbrücken. Jung zitiert einen Bahn-Manager, der das Vorhaben mit „Tapezieren durchs Schlüsselloch“ verglichen haben soll.

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Angesichts der Projektfülle dürfte Prellbock noch einiges zu tun bekommen. Im März aber will der Hamburger Verein erst einmal seinen zehnten Geburtstag feiern. Und Verkehrssenator Anjes Tjarks hat ein Grußwort versprochen.