Hamburg. Schüler, Lehrkräfte, Eltern legen Positionspapier vor: So soll die Qualität an Hamburger Schulen verbessert werden. Modernere Prüfungen.
Es ist schon ein ungewöhnlich breites Bündnis, das sich vor der Bürgerschaftswahl 2025 in Hamburg zusammengefunden hat. Die Mission dieses bildungspolitischen Bündnisses: Hamburgs Schulen besser machen. Dazu sollen unter anderem die Bildungspläne modernisiert, das Berufsbild der Lehrkräfte gewandelt und ein Bildungsrat eingerichtet werden, der Zukunftsperspektiven für die Schulen der Hansestadt entwickelt.
Schüler-, Eltern- und Lehrerkammer, der Verband Hamburger Schulleitungen und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) haben gemeinsam ein Positionspapier erarbeitet, das am Freitag in der Hansestadt vorgestellt wurde. Mit dabei sind auch die Vereinigung der Schulleitungen der Hamburger Stadtteilschulen in der GGG, der Grundschulverband Hamburg, der Verband der Leitungen Hamburger Gymnasien und Studienseminare (VLHGS), der Verband für Stadtteilschulen (GGG Hamburg) sowie die Gemeinschaft der Elternräte an Stadtteilschulen (GEST). Zusammen haben sie eine ganze Reihe von Forderungen aufgestellt.
Schulen Hamburg: Das erwartet Bündnis zur Bildungspolitik nach der Bürgerschaftswahl 2025
Der nationale Bildungsbericht 2024 zeige, vor welchen Herausforderungen auch das Hamburger Bildungssystem steht: Durch Flucht würden auf absehbare Zeit mehr Kinder mit vielfältigen kulturellen Hintergründen unsere Schulen besuchen werden. Zugleich sei die Bildungsgerechtigkeit noch immer nicht gegeben. Die Abhängigkeit des Bildungserfolgs der Kinder und Jugendlichen von ihrem sozioökonomischen Hintergrund hat sich laut der aktuellen PISA-Studie erneut vergrößert. Ferner fehlten Pädagoginnen und Pädagogen an den Schulen, sodass die Gewinnung von qualifiziertem Personal auf absehbare Zeit eine zentrale Herausforderung bleibt.
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„Der produktive Umgang mit kultureller Diversität, die Steigerung der Chancengerechtigkeit in unserer Gesellschaft und die Gewinnung von Fachkräften sind also große Herausforderungen für die Entwicklung unserer Schulen“, heißt es in einem Positionspapier. „Unsere Hamburger Schulen müssen zukunftsorientiert weiterentwickelt werden. Wir erwarten in diesem Zusammenhang überzeugende bildungspolitische Konzepte aller demokratischen Parteien, die sich 2025 in Hamburg zu Wahl stellen.“ Vor dem Qualitätsproblem an Hamburgs Schulen dürfe man nicht die Augen verschließen.
Neue Rolle für Lehrer, andere Prüfungen, Bildungsrat für Hamburg
In vier großen Handlungsfeldern sieht das Bündnis besonderen Entwicklungsbedarf:
- Schülerinnen und Schüler bräuchten in der modernen Welt vor allem vier Kompetenzen: Kommunikation, Kollaboration, Kreativität und kritisches Denken. Auch die Art der Leistungsrückmeldungen müsse sich mit entwickeln. „Im Angesicht dessen fordern wir eine grundlegende Überarbeitung der Bildungspläne und modernere Prüfungsformate. Durch individuellere Prüfungen und Leistungsrückmeldungen können wir auch die Bildungsungleichheit stärker bekämpfen“, so Thorben Bauer, Vorsitzender der Hamburger Schüler:innenkammer.
- „Den Lehrkraft-Beruf müssen wir vom Image des veralteten Einzelkämpfers zu einem modernen Teamberuf entwickeln“, sagt Thimo Witting, Sprecher der Vereinigung der Schulleitungen der Hamburger Stadtteilschulen in der GGG. Deshalb dürfe nicht nur die Zeit vor der Klasse Kernaufgabe sein und mit Arbeitszeit abgebildet werden, sondern zu gleichen Teilen auch die Zeit für die eigene und systemische Professionalisierung und Weiterentwicklung sowie Beratungsleistungen für Schüler und deren Eltern.
- Schulen brauchten stabile und verlässliche Regeln, die nicht durch kurzfristige Eingriffe von Behörden umgeworfen werden. Diese Rahmenbedingungen sollten gemeinsam mit den Schulen und der Schulgemeinschaft entwickelt und Lehrer, Eltern sowie Schülerinnen und Schüler in die Entscheidungsprozesse eingebunden werden. „So sind die Anforderungen an eine Grundschule in Altona andere als an ein Gymnasium in Wandsbek. Deshalb müssen viele Entscheidungen zur Umsetzung der Bildungsziele direkt vor Ort getroffen werden. Jede Schule soll den Freiraum bekommen, eigene Lösungen zu entwickeln, die genau auf die Schüler und das Umfeld zugeschnitten sind,“ sagt Simone Kohl, Vorsitzende der Elternkammer Hamburg.
- Das Bündnis erwartet nach der Bürgerschaftswahl eine Gesetzesinitiative der Parteien in der Bürgerschaft zur Einrichtung eines Bildungsrats Schule für Hamburg und dessen gesetzliche Verankerung. Dieser soll mittel- und langfristig Perspektiven für das Hamburgische Schulwesen entwickeln. Neben Abgeordneten sollen auch die Kammern und der Landesschulbeirat, Schulleitungs- und weitere Bildungsverbände sowie die Gewerkschaften eingebunden werden. „So können wir das Hamburger Schulwesen nachhaltig entwickeln“, sagt der Hamburger GEW-Vorsitzende Sven Quiring.