Hamburg. Sechs Wochen dauert es, bis Matrosen sich wirklich an Deck des Giganten auskennen. Hamburg lieben sie. Was den Flugzeugträger besonders macht.
Gerade einmal 21 einsatzfähige Flugzeugträger gibt es auf der Welt. Elf davon befinden sich in Besitz der US Navy, zwei Stück haben die Briten – und eines dieser beiden Schiffe, die „HMS Queen Elizabeth“, die von der Namensgeberin 2017 höchstpersönlich getauft wurde, hat in den vergangenen Tagen im Hamburger Hafen festgemacht.
Bis Sonnabendmittag lag der Flugzeugträger der Royal Navy am Kreuzfahrt-Terminal Steinwerder. Inzwischen hat sich das gewaltige Kriegsschiff von Hamburg verabschiedet und ist aus dem Hafen ausgelaufen.
Besuch an Bord in Hamburg: So sieht es auf der „HMS Queen Elizabeth“ aus
800 britische Soldaten hat die „HMS Queen Elizabeth“ – 284 Meter lang, 73 Meter breit, 65.000 Tonnen Verdrängung – mit nach Hamburg gebracht. Theoretisch böte sie sogar Platz für knapp 1600 Crewmitglieder. Auch was das Fluggerät angeht, sind die Briten nur in der „Lightversion“ unterwegs: Lediglich zwei Hubschrauber und ein Dutzend Raketen befinden sich in Hamburg im Hangar des Flugzeugträgers. Bis zu 40 militärische Flugzeuge oder Hubschrauber hätten hier Platz.
Apropos Dimensionen: Wer sich durch die engen Gänge auf der „Queen Elizabeth“ bewegt und auf unzähligen, äußerst steilen Stufen treppauf, treppab steigt, fühlt sich nicht zu Unrecht wie im Labyrinth. Verlorengehen, das ist hier nicht schwer – zumal es kaum Fixpunkte gibt.
Stattdessen sieht es überall gleich technisch-pragmatisch aus: An jeder Ecke winden sich dicke, farbige Kabelstränge, silberne Abzugsrohre verlaufen entlang der Wände und Decken, überall hängen Warn- und Hinweistafeln, dann und wann auch mal mit einer Star-Trek-Referenz versehen („Make it so!“ – Jean-Luc Picard).
Exklusive Einblicke von Bord der „HMS Queen Elizabeth“
Etwas Orientierung verschaffen „Straßenschilder“: Hay Market, Queen Street, West Harbour Road – auf den zehn Decks des gigantischen Flugzeugträgers helfen Straßennamen der Besatzung, sich zurechtzufinden. Ungefähr sechs Wochen dauere es in der Regel, bis sich ein neues Besatzungsmitglied tatsächlich an Bord des gigantischen Schiffes auskennt, erzählt eines der Crewmitglieder.
Flugzeugträger der britischen Royal Navy liegt im Kreuzfahrt-Terminal
Weniger beengt ist es, klar, auf dem Flugdeck. Neben der Start- und Landezone samt Rampe befinden sich auf der etwa drei Fußballfelder großen Fläche zwei sogenannte Inseln – ein Unikum. Die „HMS Queen Elizabeth“ ist der weltweit erste Flugzeugträger, der zwei dieser hohen Aufbauten hat. Eine der Inseln dient maßgeblich zum Navigieren des Schiffs, die andere für die Koordination des militärischen Betriebs auf dem Flugdeck.
Lesen Sie auch
Der Clou: Prinzipiell sind beide Inseln als eigenständige Brücke nutzbar. Im Falle des Falles könnte die „HMS Queen Elizabeth“ also auch mit nur einer Insel sicher weiter steuern. „Dass wir die Insel doppelt haben, verschafft uns sozusagen Resilienz“, beschreibt es Lieutenant Commander Ewan Martin. Zugleich dienen die beiden Aufbauten als „Abzüge“ für die Emissionen des mit zwei Gasturbinen betriebenen Flugzeugträgers, erklärt er. Diese Gasturbinen sind nach Angaben der Royal Navy die leistungsstärksten der Welt. 36 Megawatt generiert jede der beiden – genug Power für eine Kleinstadt.
Und wenn wir schon bei Superlativen sind: Auf See kann die „HMS Queen Elizabeth“ dank hochmoderner Radartechnik Fluggeräte in einem Umkreis von 400 Kilometern detektieren. Selbst Golfball-große Objekte werden in einer Entfernung von bis zu 20 Kilometern erkannt.
Schiff der Superlative im Hafen Hamburg: Vier Meilen Wurst an Bord
Das Schiff hat stets genug Verpflegung geladen, um seine bis zu 1600 Personen starke Besatzung für 45 Tage zu versorgen, heißt es von der Royal Navy. Und Matrosen haben bekanntlich Hunger. Konkret bedeutet das: 66.000 Würste (Gesamtlänge vier Meilen), 28.800 Scheiben Bacon (wiegen mehr als ein Porsche Panamera), 64.800 Eier und 12.000 Dosen Bohnen (Briten eben!) befinden sich an Bord.
Neben Kombüsen und Kajüten gibt es auf der „HMS Queen Elizabeth“ auch ein Fitnessstudio sowie einen medizinischen Komplex samt vollständigem Operationssaal, Chirurgie, Zahnarzt und Apotheke.
Mehr News aus dem Hamburger Hafen
- Diese Kreuzfahrtschiffe kommen 2025 das erste Mal nach Hamburg
- HHLA-Chefin warnt vor „weltweitem Rückfall in den Protektionismus“
- Prognose: Hamburgs Hafen wird geringer wachsen als erwartet
„HMS Queen Elizabeth“ wird nach ihrer Rückkehr zunächst gewartet
Zwei Wochen hat die Überfahrt des Giganten von seinem Heimathafen in Portsmouth an der Südküste Englands bis nach Hamburg gedauert – aber nicht, weil das Schiff so langsam wäre (Geschwindigkeit 27 Knoten), sondern weil die Soldaten an Bord noch Übungen auf hoher See zu absolvieren hatten. Die letzten neun Stunden ihrer Reise sind sie mit dem 73 Meter breiten Koloss die Elbe herauf geschippert.
Für den Flugzeugträger ist es der letzte Besuch in einem ausländischen Hafen vor einer Wartungsperiode. Im kommenden Jahr werden die Soldaten der Royal Navy mit dem Schwesterschiff, der „Prince of Wales“, über den Pazifischen Ozean bis nach Australien fahren.
Nachdem die HMS Queen Elizabeth am Sonnabend wieder ausläuft, warten nur noch wenige Wochen Training auf die Besatzung. Und dann – endlich, betont so manches Crewmitglied – gibt es für die Soldaten erstmal eine Weihnachtspause, die sie bei ihren Familien verbringen dürfen.
Flugzeugträger der Royal Navy in Hamburg: Matrosen auf dem Kiez unterwegs
Übrigens, eines betonen die britischen Matrosen immer wieder: Wie gern sie in Hamburg sind, wie wunderbar die Stadt doch sei. „Nach dem vielen Training hat sich hier jeder auf den Besuch in Hamburg gefreut“, sagt eines der Besatzungsmitglieder. „Die Kulisse der Stadt ist einfach unglaublich, vor allem für die vielen Juniors an Bord, die zum ersten Mal einen ausländischen Hafen besuchen.“ Zuletzt hatte der Flugzeugträger im Jahr 2023 den Göteborger Hafen angelaufen.
Die knappe Woche, in der der britische Flugzeugträger am Cruise Terminal Steinwerder liegt, ist für die Soldaten vergleichsweise wenig trainingsintensiv. Die 800-köpfige Besatzung, vorwiegend Männer, nutzt die Zeit umso intensiver für Landgänge. Darauf deuten auch Informationen der Polizei hin. So seien in den vergangenen Tagen auf St. Pauli verstärkt Streifenwagen der Landesreserve, gestellt durch die Bereitschaftspolizei, im Einsatz gewesen. Nach Abendblatt-Informationen hängt das direkt mit dem Besuch des Flugzeugträgers zusammen.
Denn der Besuch des Schiffs ist einer der mittlerweile seltenen Anlässe, bei denen viele Seeleute Landgang haben. Sie sind traditionell in großem Umfang auf dem Kiez unterwegs. Einen ersten Einsatz im Zusammenhang mit dem Flugzeugträger, eine Schlägerei am Hans-Albers-Platz, gab es bereits.