Hamburg. FDP-Bundesvorstand Michael Kruse steigt aus der Politik aus und will sich in Zukunft voll seinem Unternehmen widmen.

Er war zwei Jahre lang Landesvorsitzender der Hamburger FDP, Spitzenkandidat der Elbliberalen bei der Bürgerschaftswahl 2020, er ist Mitglied des Deutschen Bundestags, energiepolitischer Sprecher der FDP-Fraktion und Mitglied im Parteivorstand. Auch diese Ämter werden bald in der Vergangenheitsform zu nennen sein. Michael Kruse steigt aus der aktiven Politik aus.

Der 40-Jährige versandte am späten Mittwochabend eine Mail an den Landesverband, die dem Abendblatt vorliegt. Die Mail ist lang, es dauert, bis der Hamburger zu seinem zentralen Punkt kommt, erst schreibt er über Ampel-Aus, Schuldenbremse, Reformen, bevor er seinen Wechsel vom „Hauptamt ins Ehrenamt“ bekannt gibt: „Das Angebot einer erneuten Kandidatur kann ich Euch leider zum aktuellen Zeitpunkt nicht machen“, schreibt er am Ende seiner Mail und verweist auf seine unternehmerische Tätigkeit. Kruse betreibt eine Statistikfirma für klinische Studien. Die Arbeit im Bundestag, so erzählte er einmal, fordere mindestens 60 Wochenstunden.

Hamburger FDP-Politiker Michael Kruse: „Mein Unternehmen ist stark gewachsen“

„Als ich vor fast zehn Jahren Bürgerschaftsabgeordneter wurde, habe ich angefangen, ein Unternehmen mit aufzubauen. Ich wollte immer unabhängig vom Mandat sein“, heißt es in der Mail weiter. „Der Grund, warum ich mich etwa nach der Wahl 2020 so intensiv um die Vermittlung unserer Mitarbeiter kümmern konnte, war, dass ich selbst abgesichert war.“ Die unternehmerische Tätigkeit habe er immer so geplant, dass er sie neben dem Mandat leisten und das Mandat mit großem Ehrgeiz betreiben konnte.

„Ich stand also vor der Entscheidung, meine Unabhängigkeit im Mandat aufzugeben oder mein Unternehmen.“

Michael Kruse
FDP-Bundesvorstand

Nun aber sei das anders geworden, schreibt Kruse weiter: „Das kann ich für die nächsten vier Jahre nicht gewährleisten, denn mein Unternehmen ist stark gewachsen. Ich stand also vor der Entscheidung, meine Unabhängigkeit im Mandat aufzugeben oder mein Unternehmen.“ Er hat sich für sein politisches Mandat entschieden und verweist auf das knappe Scheitern der FDP bei der Bürgerschaftswahl 2020.

2020 verpasste Michael Kruse schon einmal den Wiedereinzug ins Parlament

„Nachdem ich bereits einmal ungewollt aus einem Parlament ausgeschieden bin und Berufspolitikertum mit einiger Skepsis betrachte, möchte ich Euch deshalb mitteilen, dass ich mit Ablauf dieser Legislaturperiode ins politische Ehrenamt zurückwechsle. Es wäre nicht aufrichtig, Euch ein anderes Angebot zu machen, denn ich könnte diese Rolle nicht so ausfüllen, wie ich es von mir erwarten würde und wie Ihr es verdient habt.“

Das Aus bei der Bürgerschaftswahl hatte Kruse 2020 getroffen – damals kamen die Liberalen auf 4,97 Prozent der Stimmen. Aufgrund eines Zahlendrehers hatten die Auszählungen die FDP zunächst im Parlament gesehen. Ein Jahr später kandidierte Kruse dann erfolgreich für den Bundestag. „2021 bin ich in ein politisches Mandat zurückgekehrt, weil das Land nach der Corona-Gesetzgebung an einem Mangel individueller Freiheit und an wirtschaftlicher Schwäche litt“, schreibt er in der Mail. „Die wirtschaftlichen Strukturreformen, für die wir kämpfen, sind seitdem dringender denn je geworden. Mir ist deshalb vollkommen klar, dass Menschen mit meinem Profil im Bundestag dringend gebraucht werden.“

Er selbst ist in Zukunft nicht mehr dabei, eine Nachricht, die nach mehreren Abgängen in der FDP für Unruhe sorgen könnte. Durch die vorgezogenen Neuwahlen im Bund war der ursprüngliche Plan der FDP, die eigene Liste für die Bundestagswahl erst nach der Bürgerschaftswahl aufzustellen, hinfällig geworden.

FDP-Bundesvorstand Kruse verspricht: „Dies ist kein Abschied“

Seine Mail schließt mit dem Versprechen: „Dies ist kein Abschied. Es ist der Hinweis darauf, dass Ihr in Zukunft weiter mit mir rechnen könnt. Ich werde weiter kritische Debatten anstoßen, weiter Themen und Kommunikation liberaler Inhalte vorantreiben, weiter den Mund aufmachen, wenn aus meiner Sicht Menschen unrecht getan wird.“

Das als normales Mitglied: „Dann allerdings aus der Rolle, aus der es etwa 2000 Liberale in Hamburg aus voller Leidenschaft betreiben und bei denen ich besonders stolz bin, sie wie alle Menschen dieses Landes noch für eine Zeit im Deutschen Bundestag vertreten zu dürfen.“

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Hamburger Michael Kruse lobt in seiner Abschiedsmail FDP-Chef Christian Lindner

Ausdrücklich lobt Michael Kruse in seiner Abschiedsmail Parteichef Christian Lindner und die Hamburger FDP-Spitzenkandidatin Katarina Blume als „menschlich und politisch überzeugende Spitzenkandidaten“. Lindner sei er sehr dankbar, dass er die enormen Anstrengungen auf sich nehme, „die insbesondere mit den versuchten Verunglimpfungen seiner Person durch die politische Konkurrenz in den letzten Wochen einhergehen“. Sein Versprechen: „Katarina Blume werde ich bis zum Tag unseres Wiedereinzugs in die Hamburgische Bürgerschaft mit voller Kraft unterstützen, derzeit sind wir bereits auf vielen Veranstaltungen gemeinsam unterwegs.“

Seine Schlussworte: „Auf in zwei erfolgreiche Wahlkämpfe! Euer Michi“.

Wie erfolgreich sie werden, steht allerdings noch dahin. In aktuellen Umfragen in Hamburg lagen die Elbliberalen zuletzt bei vier Prozent, bei der Bundestagswahl schwankt die FDP zwischen drei und fünf Prozent, nach dem Bruch der Ampel-Koalition mit steigender Tendenz.