Hamburg. In Hamburg vermelden Parteien Schwemme an Eintritten. Ein Neu-Mitglied erzählt, warum sie sich gerade jetzt politisch engagieren will.

Die Parteien in Hamburg verzeichnen regen Zulauf. In einer kleinen Serie im Abendblatt erzählen Hamburgerinnen und Hamburger, aus welchen Gründen sie jetzt als Neu-Mitglied in unterschiedliche Parteien eingetreten sind.

Den Beginn macht Tomke Harste aus Hamburg. Für sie war es nicht das Ampel-Aus, das sie hin zur CDU trug. Ihre Gedanken, sich einer Partei anzuschließen, schwirren vielmehr seit Jahren im Kopf der Dreifach-Mutter umher. „Eigentlich war es eine andere Frau, die mich aufhorchen ließ“, erinnert sich die 40-Jährige. Sie sitzt beim Gespräch in Winterhude, im Café Fabric in der Alsterdorfer Straße, und berichtet gern, warum ihr das reine Wählen gehen nicht mehr ausreicht. Wie es dazu kam, dass sie wie auch viele andere vor einigen Wochen in die Hamburger CDU eingetreten ist.

Politik statt Netflix: Hamburgerin von einer anderen Mutter schwer beeindruckt

Der Grund dafür liegt eigentlich schon Jahre zurück: „Mich hat Kristina Schröder sehr beeindruckt.“ Das sei im Jahr 2017 gewesen, ihr habe sie gerne zugesehen und zugehört, außerdem sei sie ein wahres Rollen-Modell (Role-Model) gewesen.

„Ich meine, sie war die erste Politikerin in Deutschland, die im Amt ein Kind bekommen hat“, sagt Harste. „Ich hätte nicht gedacht, dass eine solche Biografie möglich ist: Die als liberal-konservativ bezeichnete Politikerin hat Mütter repräsentiert, das gab es vorher kaum, und es hat mir gezeigt, dass man als junge Frau und Mutter Politik aktiv mitgestalten kann.“

Nach ihrer Zeit als Familienministerin bis Dezember 2013 und Bundestagsabgeordnete bis 2017 trat Schröder den Rückzug aus der Politik an. Offen sprach sie aus, dass dies vor allem wegen ihrer damals zweijährigen Tochter Lotte geschehe. Dies und ihr Eintreten für mehr Sichtbarkeit von Familien und mehr Rechte für diese haben Harste nachhaltig berührt.

Mutter aus Hamburg: Bundestagsdebatten statt Netflix wegen Kristina Schröder

„Sie hat mich damals in meiner privaten Lage komplett abgeholt, auch ich bin damals schon arbeitende Mutter zweier Töchter gewesen, und ihre Meinungen in Sachen Familienpolitik trafen viele Punkte, um die ich mir auch Gedanken gemacht habe.“ Etwa die Wahlfreiheit, zu Hause bleiben zu können für die Begleitung der kleinen Kinder, frei entscheiden zu können, wie lange man in Elternzeit bleiben möchte, und nicht aus wirtschaftlichen Zwängen heraus agieren zu müssen. Auch Modelle von Teilzeitarbeit für Eltern interessierten Harste, die Geschichte und Politik studiert hat und als Lehrerin in Teilzeit in Hamburg arbeitet.

Tomke Harste
Eine Woche mit Christoph Ploß: Tomke Harste aus Hamburg absolvierte im Sommer ein Praktikum in Berlin im Büro des CDU-Politikers. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Nach diesem ersten Interesse, „da kam dann mein Leben immer wieder dazwischen“, wie Harste beschreibt und lächelt, während sie einen Schluck Kaffee trinkt: Ein drittes Kind, ihr Mann machte sich selbstständig, ein Umzug, die bekannte Rushhour des Familienlebens. Doch ihr Interesse an Politik, vor allem den Thesen der CDU, blieben im Fokus der Mutter, die abends, wenn alle Kinder schlafen, gern mal Bundestagsdebatten statt Netflix-Serien streamt.

Hamburgerin erlebt Politik selbst hautnah in Berlin

Und die CDU ist aus ihrer Sicht in Hamburg sehr präsent, gerade Christoph Ploß ein umtriebiger, für mache gar omnipräsenter Politiker. Der Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der CDU Hamburg begegnet ihr auf vielen Plakaten. „Ich habe dann begonnen, mich mehr damit zu beschäftigen, wofür die CDU in Hamburg steht, und das hat mir sehr zugesagt, da wollte ich tiefer eintauchen.“

Und das tut sie auch: Vergangenen Sommer, ihre Töchter und Sohn sind aus dem Kleinstkindalter heraus und finden ihren Weg zu mehr Selbstständigkeit, bewirbt sie sich für ein Praktikum in Ploß‘ Büro in Berlin, und es klappt. Harste begleitet den Politiker eine Woche im Bundestag, bei Sitzungen ist sie dabei, Besprechungen, Treffen mit Interessenverbänden.

Nach Sommerfest in Hamburg: Mutter wird Mitglied in CDU

Unmittelbar danach tritt sie beim Sommerfest in die CDU Hamburg ein. Und jetzt? Wie genau geht es für sie weiter? „Ich bin noch dabei, meinen Weg zu finden“, sagt Harste, „aber ich bekomme nun viele Einladungen, beispielsweise von der Frauen Union, und kann mir überlegen, wie ich meine Zeit, die neben der Familie bleibt, aufteilen kann.“ Ob sie einen Wahlstand mit begleite oder eher im Hintergrund bleibe, in einigen Lebensphasen eher passiv, dann auch aktiver dabei sei, Harste schätzt es, dass sie selbst bestimmen kann, wie viel sie machen möchte zu welchem Zeitpunkt. „Langfristig möchte ich mich allerdings schon mehr einbringen.“

Tomke Harste
Grundschulkonzept für Hamburg, Sportförderung und Bildung sind der Lehrerin und CDU-Neumitglied Tomke Harste aus dem Alstertal sehr wichtig. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Neben CDU-Hamburg-Themen wie mehr Sicherheit im öffentlichen Raum oder das Grundschulkonzept erachtet sie bessere Freizeitangebote für Familien wie unter anderem rascher verfügbare Schwimmkurse oder den Ausbau von Bauspielplätzen oder Sportförderung in Vereinen für enorm wichtig. Ebenso empfinde sie die CDU-Ansichten zur wirtschaftlichen Entwicklung unterstützenswert. „Mein Mann ist selbstständiger Unternehmer, also interessiert mich das naturgemäß privat, aber eben auch die gesamtdeutsche Wirtschaftsentwicklung habe ich im Fokus.“

„Sehe an meinen Töchtern, wie unterschiedlich Kinder in der Schule aus der gleichen Familie sein können.“

Ein Herzensthema ist für Harste, die seit Jahren zum einen als Lehrerin, aber auch als Mutter zweier Schulkinder junge Menschen in Schulen begleitet, die Bildung. „Die differenzierte Hilfe und ein breites Wahlangebot für Schüler in Hamburg“, das sei enorm wichtig. „Ich sehe an meinen Töchtern, wie unterschiedlich Kinder in der Schule aus der gleichen Familie sein können, deshalb muss es für jeden und jede das passende Förder- und Forderangebot geben.“

Mehr zum Thema

Politisch versiert und interessiert war Harste übrigens schon in ihrer Schulzeit – allerdings gab sie ihre Stimme da einer anderen Partei. „Um die Jahrtausendwende herum war ich Gemeinderätin für die Grünen in meiner Heimatgemeinde“, erzählt die Norddeutsche, „über den Vater einer Freundin kam ich so zur Politik.“ Etwa zwei Jahre lang saß sie mit älteren Herrschaften dann bei Gemeinderatssitzungen zusammen und bekam mit, welchen Stellenwert Netzwerke haben.

Von den Grünen führt Tomke Harstes Weg zur CDU

„Es war ein gutes Gefühl, Verantwortung zu tragen und mich zu engagieren“, sagt sie, „zeitgleich war ich damit komplett überfordert. Mit den Fachbegriffen beispielsweise, aber auch mit den lang gewebten Verbindungen“, sagt sie. „Ich fürchte, man hat da eine junge Frau für den Stimmenfang vorgeschoben“, so Harste, die nach zwei Jahren ihr Amt abgab, da sie zum Studium nach Frankfurt zog.

„Für Politik, da braucht man Lebens- und Berufserfahrung.“ Beides hat sie in den vergangenen Jahren sammeln können.