Hamburg. Ermittler bewerten Hinweise als glaubhaft. Der untergetauchte Linksextremist soll sogar in einem Hamburger Bezirk gearbeitet haben.
Der jüngste Verdacht der Ermittler klingt unglaublich: Ist Burkhard Garweg in Hamburg untergetaucht, hat er gar in der Hansestadt unter falschem Namen gearbeitet? Das legen zumindest neueste Hinweise zum Verbleib des früheren RAF-Terroristen nahe.
Der untergetauchte 56-Jährige soll sich laut Zeugenaussagen in Hamburg aufgehalten haben, zumindest zeitweise. Mehrere Menschen hätten angegeben, den Gesuchten noch Ende Oktober in der Hansestadt gesehen zu haben, sagte Philipp Hasse, Sprecher des Landeskriminalamts Niedersachsen, dem Abendblatt.
Um wie viele Hinweise es sich genau handelte, wollte Hasse mit Blick auf die laufenden Ermittlungen nicht sagen. Jedoch seien es nicht nur „ein oder zwei“ gewesen, sondern wesentlich mehr. Damit seien diese auch „gewichtiger“, als wenn sie nur von einem Menschen stammten. Zuvor hatte die „Bild“-Zeitung berichtet.
Zeugen wollen RAF-Terrorist Garweg in Hamburg gesehen haben
Zudem seien die Hinweise von den Ermittlern als „plausibel und glaubhaft“ eingestuft worden. Der letzte stammte demnach aus dem Oktober 2024 und bezog sich auf eine Sichtung Garwegs in Hamburg. Zuvor hätten sich bereits Zeugen aus Schleswig-Holstein und dem Kreis Herzogtum Lauenburg gemeldet. Seit dem letzten Zeugenaufruf im September 2024 seien mehr als 100 weitere Hinweise auf Garweg bei der Polizei eingegangen, so Hasse.
Vor der Festnahme seiner einstigen RAF-Gefährtin Daniela Klette im Februar dieses Jahres hat sich Garweg möglicherweise ziemlich ungezwungen in Hamburg bewegen können. Das LKA Niedersachsen schließt nicht aus, dass Garweg zwischen 2016 und Anfang 2024 als Fotograf oder als Assistent eines Fotografen im Bezirk Altona gearbeitet hat – unter anderem für Kataloge und Zeitungen. Das sei insofern plausibel, so der Polizeisprecher weiter, als dass Garweg in Berlin bis 2016 eine Fotoschule besucht haben soll. Zudem kennt der 56-Jährige die Hansestadt gut: Er verbrachte seine Jugend in Hamburg, hat hier Familie. In den 1980er-Jahren mischte Garweg in der Hausbesetzer-Szene an der Hafenstraße mit.
Trio soll zwischen 1999 und 2016 Geldtransporter und Supermärkte überfallen haben
Seit Jahren wird gegen ihn, Daniela Klette (66) und Ernst-Volker Staub (70) wegen versuchten Mordes sowie versuchten und vollendeten schweren Raubes ermittelt.
Zwischen 1999 und 2016 sollen sie Geldtransporter und Supermärkte überfallen haben, vor allem in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, um ihr Leben im Untergrund zu finanzieren. Allerdings hatten die Taten keinen terroristischen Hintergrund. Einer dieser Coups ereignete sich unweit von Hamburg, in Stuhr bei Bremen. Am 6. Juni 2015 wurde dort vor einem Real-Markt ein Geldtransporter überfallen. Zwar machten sie bei diesem Vorfall keine Beute. Insgesamt sollen dem RAF-Trio im Zuge der Beutezüge mehrere Hunderttausend Euro in die Hände gefallen sein.
Die drei gehörten der sogenannten dritten Generation der linksextremistischen Roten Armee Fraktion (RAF) an. Die RAF, die mehr als 30 Menschen tötete, erklärte sich 1998 für aufgelöst. Klette wurde im Februar in Berlin festgenommen, inzwischen wurde Anklage gegen die 66-Jährige erhoben.
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Nach ihrer Festnahme solidarisierte sich unter anderem die Rote Flora – Schaltzentrale der linksextremistischen Szene in Hamburg – mit Klette, Staub und Garweg. Dort stand geschrieben: „Wir stehen zusammen! Für Euch Gesundheit & Glück!“
Auch „Aktenzeichen XY“ suchte nach Burkhard Garweg
Zumindest scheint sich Garweg bester Gesundheit zu erfreuen. Auf etlichen Fotos und Videos sieht man ihn inzwischen: mal beim Nudelnessen, mal mit seinen Hunden.
Im September dieses Jahres dann veröffentlichte „Aktenzeichen XY ... Ungelöst“ eine kurze Videosequenz. Die Haare zerzaust und mit ärmellosem Hemd blickt Garweg, der Liebschaften mit mehreren Frauen gehabt haben soll, auf einem Wagenplatz im Berliner Stadtteil Friedrichshain in eine Handy-Kamera, lächelt und wünscht einer Frau namens „Karin“ viel Erfolg bei einer offenbar anstehenden Prüfung. Der 56-Jährige soll lange in einer Bauwagensiedlung im Zentrum von Berlin gelebt haben.
Hinweise, die dazu führen, den flüchtigen Ex-RAF-Terroristen zu fassen, nimmt das Landeskriminalamt Niedersachsen unter der Telefonnummer 0511/98 73 74 00 oder jede andere Polizeidienststelle entgegen.
mit dpa