Hamburg. Gütetermin um fristlose Kündigung nach wenigen Minuten gescheitert. Jetzt dürften alle Vorwürfe gegen den UKE-Chefarzt öffentlich werden.

Der UKE-Chefarzt, gegen den intern schwere Vorwürfe erhoben wurden, hat sich mit dem Uniklinikum Eppendorf nicht auf eine einvernehmliche Vertragsauflösung einigen können. Der prominente Hamburger Operateur, der vom UKE freigestellt worden war und dessen Name nicht genannt werden soll, pocht darauf, wieder auf seinen Arbeitsplatz zurückzukehren. „Der Kläger möchte arbeiten“, hieß es bei einem Gütetermin am Dienstag vor dem Hamburger Arbeitsgericht. Und damit war dieses juristische Schattenboxen in Anwesenheit eines Richters bereits beendet.

Denn das UKE wird mit allen Mitteln verhindern wollen, dass der Chefarzt in sein großes Team einer bedeutenden Klinik des UKE zurückgeht. Weil es zwischen dem Krankenhaus und dem Top-Mediziner keine gütliche Trennung gab, hat das UKE ihm bereits fristlos gekündigt und „hilfsweise“ fristgerecht, wie die Juristen das nennen. Das heißt: Reichen die schweren Vorwürfe nicht aus, ihn wegen seines Verhaltens sofort rauszuwerfen, würde die Uniklinik den sanfteren Weg wählen.

UKE: Chefarzt-Affäre belastet gesamte Hamburger Krankenhauslandschaft

Das zeigt die Entschlossenheit. Und die ist auf beiden Seiten dieser Affäre zu spüren. Es habe Bemühungen um eine einvernehmliche Trennung gegeben, hieß es aus beiden Lagern. „Aber wir sind zu weit auseinander.“ Üblicherweise geht es bei solchen Trennungen im Bereich mittlerer sechsstelliger Jahresgehälter um eine Abfindung, den Zeitpunkt der Vertragsauflösung und ein „sauberes“ Zeugnis. Schließlich will der Kläger in einem Kündigungsschutzverfahren einen neuen Arbeitgeber finden.

Da die gütliche Einigung trotz einiger Gespräche zwischen den Anwälten von UKE und Chefarzt nicht gelang, drohen jetzt die nach Abendblatt-Informationen unschönen Details der Affäre vor Gericht ausgebreitet zu werden. Denn der Richter beraumte für den 28. Januar einen Verhandlungstermin an. Dort dürften die Vorwürfe auf den Tisch kommen, die UKE-Mitarbeiter gegen den Chefarzt in teils anonymen und teils mit Adressaten gezeichneten Schreiben aufgeworfen hatten. Gleichzeitig dürfte der Arzt vorbringen, dass ihm kein medizinisches Fehlverhalten vorzuwerfen sei. Denn das hat ein externes Gutachten ergeben. Möglicherweise findet der Kläger auch Fehler im Vorgehen des UKE bei der Aufarbeitung der Vorwürfe.

UKE-Mitarbeiter verfolgen im Gerichtssaal die gescheiterte Einigung

Wie sehr das UKE von der Chefarzt-Affäre durchgerüttelt wurde, sah man im Gerichtssaal. Eine Handvoll Mitarbeiter verfolgte „in der Mittagspause“ jeden Move des Klägers, der in dem 15-Minuten-Termin zwischen seinen Anwälten saß. Der Fall bewegt tatsächlich die gesamte Hamburger Krankenhauslandschaft und die niedergelassenen Ärzte, die ihre Patientinnen und Patienten zu Operationen nach Eppendorf schicken. Außerdem wurde das Kuratorium informiert, in dem unter anderem Julia Jäkel und Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) sitzen.

Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes für ihn und die Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte am Eppendorfer Uniklinikum sind Details nur spärlich veröffentlicht worden. In einer externen Begutachtung wurden nach Abendblatt-Informationen jedoch sprichwörtlich meterhohe Aktenberge (im UKE ist nahezu alles digitalisiert) akribisch auf medizinisches Fehlverhalten untersucht. Ergebnis: keins. Dem Professor war in seinem ärztlichen Tun nichts vorzuwerfen, heißt es aus Kreisen, die mit dem Fall betraut waren. Das UKE selbst teilte mit, nach Angaben der Fachgutachter habe es keine Behandlungsfehler gegeben. Patienten sind nicht zu Schaden gekommen. Unterschiedliche fachliche Einschätzungen zwischen mehreren Ärzten sind dabei nichts Ungewöhnliches

Gutachten sieht kein medizinisches Fehlverhalten bei UKE-Chefarzt

Die entsprechende UKE-Klinik funktioniert offenbar mit einem Stellvertreter gut weiter. Denn der Chefarzt wurde nach den internen Vorwürfen zunächst aus dem OP-Team genommen und schließlich freigestellt. Er soll sich unter anderem gegenüber Mitarbeiterinnen abfällig geäußert haben. Die Team-Atmosphäre soll vergiftet gewesen sein. Die Anwälte des Chefarztes hielten die Argumentation des UKE für die Freistellung nicht für plausibel und wollten per einstweiliger Verfügung ein sofortiges Wiedereinsetzen auf den Posten erreichen. Das scheiterte zunächst.

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Im UKE waren nach Informationen vom Dienstag augenscheinlich mehrere Institutionen wie Personalrat und Gleichstellungsbeauftragte mit den Vorwürfen über Monate beschäftigt. Das Klinikum hat eine Reihe interner Meldesysteme und die Aussagen der Mitarbeiter ernst genommen. Auch der Beschuldigte wurde angehört. Er arbeitet, das wurde beim Gerichtstermin am Dienstag deutlich, gerade zwei Jahre im Haus. Das UKE muss nun haarklein begründen, was eine fristlose Kündigung rechtfertigt.