Hamburg. Hamburgerin bezahlte Polizisten viel Geld, um Betrüger aufzuspüren. Jetzt steht er selbst vor Gericht – und könnte Beamtenstatus verlieren.

Es ist ein emotionaler Moment, als Frank N. (Name geändert) seine Vita in einer knapp halbstündigen Fassung vor der Richterin und den Anwesenden verliest. Immer wieder hält er inne, um sich zu sammeln. Zwischendurch schlägt die Richterin vor, sein Anwalt könne den Text vortragen. Aber das lehnt er ab und erzählt weiter von seinen Töchtern, die zu ihm stünden. Von seiner überwundenen Krebserkrankung und seinen psychischen Belastungen durch die Anklage im vergangenen Jahr. Und dann von seiner geschäftlichen Beziehung zu Sophia L. (Name geändert), wobei er die Beziehung teilweise als nicht besonders professionell beschreibt.

Der gebürtige Hamburger steht an diesem Montag ein zweites Mal wegen des mutmaßlichen Betrugs an der Millionenerbin Sophia L. vor Gericht. Gegen den Kriminalbeamten war bereits im März vergangenen Jahres eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, verhängt worden. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der 51-Jährige hatten Berufung gegen das Urteil eingelegt, das Landgericht befasst sich jetzt mit dem Fall. Dabei geht es für den Angeklagten neben einer möglichen Verurteilung auch um seinen Beamtenstatus. Denn dieser endet, sollte eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr rechtskräftig verhängt werden.

Prozess in Hamburg: Millionenerbin fühlt sich von Polizisten betrogen

Was war passiert? Der Kriminalbeamte soll die Millionenerbin, Ärztin und Inhaberin eines Secondhandgeschäfts für Luxusartikel, bereits 2018 betrogen haben. Die 58-Jährige hatte sich damals Hilfe bei dem Beamten gesucht, nachdem ein ehemals mit ihr befreundetes Paar sie betrogen hatte. Die beiden „falschen Freunde“ hatten ihr – nach ihrem Verständnis – Leihgaben nicht mehr zurückgegeben. Dabei soll es sich um eine Luxushandtasche im Wert von etwa 10.000 Euro, ein Werk des Künstlers Andy Warhol sowie um ein Autodarlehen von etwa 37.000 Euro gehandelt haben.

Nachdem die Polizei den Fall nach eher überschaubaren Bemühungen für geklärt abgestempelt hatte, wendete sich die wohlhabende Ärztin an einen befreundeten Anwalt sowie den Kriminalbeamten, der sich bereits mit dem Fall befasst hatte und darüber hinaus auf die Bekämpfung von Betrugsdelikten spezialisiert war. Der kostspielige Vorschlag des Beamten: Man könne die beiden vermeintlichen Betrüger mehrere Wochen rund um die Uhr mittels Kameras und Helfern beobachten.

Eine Luxustasche als „kleines Dankeschön“

Der Angeklagte besteht in seinem immer wieder emotionalen Statement fest darauf, dass er der 58-Jährigen das immense Ausmaß der Kosten und den gleichzeitig relativ geringen Sinn des Ganzen nicht vorenthalten habe. Die Millionenerbin habe aber auf den Plan bestanden und versichert, dass sie keine Kosten scheuen werde.

Dass sie generell großzügig mit ihrem Geld umgeht, das gibt Sophia L. – die mehrere Stunden neben ihrem Anwalt im Zeugenstand verbleibt – selbst zu. Beispielhaft geht es im Gerichtssaal immer wieder um eine Tasche einer Luxusmarke, die sie dem Kriminalbeamten als „kleines Dankeschön“ geschenkt haben soll. Etwas später zeigt sich: Die Tasche soll geschätzt etwa 1000 Euro gekostet haben. Auch Abendessen, „Salonabende“ und Brunches, zu denen Frank L. ebenfalls häufiger eingeladen war, sollen nicht gerade günstig gewesen sein.

Prozess Hamburg: Vertrauen ausgenutzt oder schlecht kommuniziert?

Betrug oder einfach fehlende Kommunikation? Für Sophia L. handelt es sich eindeutig um illegale Machenschaften, Frank L. besteht auf dem Letzterem. Denn seiner Meinung nach habe er immer wieder versucht, die geforderte Leistung zu erbringen und der Millionenerbin bei dem Fall zu helfen.

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Aufgrund ihrer geringen Bereitschaft, hilfreiche Unterlagen vorzulegen und „mitzuarbeiten“, sei dies aber nicht möglich gewesen. Die 58-Jährige ist sich aber sicher: Sie wurde betrogen und ihr Vertrauen ausgenutzt. Sie habe ihrem damaligen befreundeten Anwalt zu sehr vertraut, der ihr den Kriminalbeamten ans Herz gelegt hatte. Anfang November soll der Prozess fortgesetzt werden.