Hamburg. Durch die Maßnahmen am Hauptbahnhof ist es am Hansaplatz immer unsicherer geworden. Warum die Polizei damit an ihre Grenzen stößt.

Um 18:13 Uhr schnappt die Falle zu. Von allen Seiten rücken Polizisten zum Hansaplatz vor. Die Aktion am Freitagabend ist Startpunkt einer neuen Phase beim Kampf um die Sicherheit auf diesem jahrzehntelangen Brennpunkt für Alkohol, Drogen und Kriminalität. Ziel ist es an diesem Abend, Informationen darüber zu bekommen, wer sich dort aufhält und Läden zu überprüfen. Es ist auch eine Reaktion auf die Auswirkungen der verstärkten polizeilichen Maßnahmen am Hauptbahnhof, da die Szene sich nun verlagert zu haben scheint. Jetzt sollen dauerhaft Polizeiposten im Bereich Hansaplatz sowie zusätzlichen Streifen in der Umgegend für Sicherheit sorgen. Klar ist aber auch: Damit schöpft die Polizei ihre Möglichkeiten aus.

Vor Ort ist an diesem Abend auch Hamburgs Polizeipräsident Falk Schnabel. Er will damit offensichtlich ein Zeichen setzen und die Wichtigkeit des Einsatzes unterstreichen vor dem Hintergrund der sich zuspitzende Situation am Hansaplatz. „Wir machen im Rahmen der Allianz sicherer Hauptbahnhof eine Menge“, sagt Schnabel. „Das ist erfolgreich, führt aber zu Auswirkungen im Umfeld.“

St. Georg: Problematische Szene verlagert sich zum Hansaplatz hin

Anders gesagt: Die problematische Szene verlagert sich mehr ins Herz von St. Georg, das mit seinem dort ansässigen Hilfseinrichtungen Drogensüchtiger und Alkoholiker, aber auch Kriminelle magisch anzieht. „Diese Verlagerung ist auch unsere Wahrnehmung“, sagt Schnabel, der sich dabei nicht nur auf die Beobachtungen, der in St. Georg eingesetzten Beamte stützt, sondern auch auf die immer aufkommenden Beschwerden der Anwohner und hiesigen Geschäftsbesitzer. „Wir wollen mit den neuen Maßnahmen verhindern, dass sich Störungen und Ordnungswidrigkeiten dort festsetzen“, so der Polizeipräsident.

So soll es in Zukunft vor Ort zwei dauerhafte Polizeiposten geben, in Form von zwei Streifenwagen samt Besatzung, die am Steintorplatz und am Hansaplatz Ecke Bremer Reihe postiert werden. Die Polizisten werden dabei nicht einfach im Fahrzeug Wache halten, sondern sich in der Umgebung aufhalten, dauerhaft ansprechbar sein und selbst aktiv werden. Dazu werden spezielle Streifen die Gegend rund um den Hansaplatz überwachen. Der Mann, der das vor Ort umsetzen wird, ist André Krüger, Chef der Wache St. Georg am Steindamm und ehemaliger SEK-Mann.

Im Ortsteil 114 wird 13 Prozent der Kriminalität registriert

Was in der Gegend los ist, zeigen die Zahlen. „Dreizehn Prozent der erkannten Kriminalität passiert auf 0,2 Prozent der Fläche der Stadt“, sagt Schnabel. Die 0,2 Prozent sind der Ortsteil 114, also nicht ganz St. Georg, sondern der Teil, der an den Hauptbahnhof grenzt. Die deutlich über 20.000 angezeigten Taten ist zum Großteil „importiert“. Nur etwa ein Drittel der ermittelten Tatverdächtigen kommen tatsächlich aus Hamburg.

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Polizisten haben eine Kneipe abgeriegelt, um zu verhindern, dass Zielklientel in dieser abtaucht. © André Zand-Vakili | André Zand-Vakili

Das ist nicht neu: St. Georg ist eigentlich „schon immer“ Kriminalitätsschwerpunkt gewesen. Deswegen gibt es an keinem Ort in Hamburg so Polizeimaßnahmen wie hier – insbesondere am Hansaplatz. Der Bereich wurde bereits in der Vergangenheit als gefährlicher Ort eingestuft, es herrscht sowohl ein Glasflaschen- als auch ein Waffenverbot. Videoüberwachung samt einem Extraarbeitsbereich für einen Video-Operator, der die Bildschirme im Polizeirevier jederzeit im Blick hat, sind eingerichtet worden. Dazu kommen jetzt also noch die Polizeiposten vor Ort. „Ich denke, sehr viel mehr geht rechtlich nicht“, sagt Schnabel. Aber es gibt auch eine Kehrseite der Medaille. Das Revier musste personell deutlich verstärkt werden – vor allem durch Abordnungen, als auf Kosten, von anderen Dienststellen.

St. Georg: Rund 50 Beamte sind an diesem Abend am Hansaplatz im Einsatz

Am Freitagabend sind 50 Beamten im Einsatz, verstärkt mit Hundeführern und vom Bezirksamt flankiert. Sie haben mehrere verdächtige Personen an zwei Ecken umstellt und überprüfen ihre Personalien, insgesamt von 94 Menschen. Für 16 von ihnen gibt es direkt Platzverweise, 18 weitere bekommen ein längeres Aufenthaltsverbot. Vier Personen kommen direkt in Polizeigewahrsam. Dazu gibt es diverse Anzeigen wegen für die Gegend typischer Delikte: illegaler Aufenthalt, Widerstand, Drogenbesitz. „Wir wollen wissen, mit wem wir es dort zu tun haben“, sagt Revierführer Krüger in Hinblick auf die Wichtigkeit der Überprüfungen..

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Auch die Mitarbeiter des Bezirksamtes haben an diesem Abend gefragt. Denn kommt die Polizei, ziehen sich Verdächtige fix in einige Kneipen oder Läden zurück. Dann sind die Mitarbeiter des Bezirksamtes gefragt, die die Geschäfte wegen gewerbe- oder baurechtliche Vorgaben überprüfen. Besonders im Visier sind die Läden, die immer wieder im Rahmen von Beschwerden von Anwohnern genannt werden.

Am Freitagabend gibt es ebenso in diesen Fällen Erfolge für die Beamten zu verzeichnen. In zwei Geschäften stellen sie gravierende Mängel fest – unter anderem beim Brandschutz. Für zwei weiter gibt es eine Nutzungsuntersagung. Sie müssen vorläufig schließen.