Hamburg. Weniger Diebstähle und Einbrüche 2024 in Hamburg und neue Debatte um Polizeieinsätze und Raubtaten am Hauptbahnhof und in St. Georg.

Sie sehen gut aus, die Halbjahreszahlen 2024 der Polizei zur Kriminalität in Hamburg. Danach könnte man mit einem Rückgang der Taten um 4,9 Prozent rechnen. Doch die Sache hat einen Haken. Tatsächlich stagniert die Kriminalität etwa auf Vorjahresniveau. Der Grund ist die Art und Weise, wie die Statistik geführt wird.

119.309 Straftaten hat die Polizei Hamburg im ersten Halbjahr dieses Jahres registriert. Das sind 5120 Taten weniger als im selben Vorjahreszeitraum. Zwei Bereiche stechen besonders ins Auge. Die Zahl der Diebstähle ging um 5166 Fälle, die der Sachbeschädigungen um 1038 Fälle zurück. Das sind deutliche Rückgänge von 9,5 Prozent und 10,3 Prozent bei diesen Massendelikten. Das Problem hierbei: Es ist eine sogenannte Ausgangsstatistik. Das bedeutet, dass sich die Fälle in der Statistik niederschlagen, die von der Polizei fertig ermittelt und an die Staatsanwaltschaft abgegeben wurden.

Polizei Hamburg: „Crash-Days“ brachten zusätzliche Fälle in die Statistik

Im vergangenen Jahr gab es bei der Polizei sogenannte „Crash-Days“. An den Tagen wurden von der Kripo alte Fälle, die auf Halde lagen, in die Hand genommen und abgearbeitet. So wurde die Statistik im vergangenen Jahr künstlich aufgebläht. Auch dadurch waren die Diebstahlsdelikte im vergangenen Jahr um 16,8 Prozent, die der Sachbeschädigungen um 6,8 Prozent gestiegen. In diesem Jahr gab es keine „Crash-Days“. Die Zahl der Fälle ging folglich wieder zurück.

Hamburger Kripo-Experte sieht Statistik nur bedingt aussagekräftig

„Die Statistik ist, und das ist seit Langem unsere Aussage, wenig geeignet, die tatsächliche Kriminalitätsbelastung abzubilden. Es ist mehr ein Arbeitsnachweis der Polizei“, sagt Jan Reinecke, Landesvorsitzender des Bunds Deutscher Kriminalbeamter. „Andere Leute sagen, dass sie das Beste ist, was wir haben.“

Zudem könne und werde die Statistik stark durch Schwerpunktsetzung beeinflusst. So hängt das Aufkommen von Ladendiebstählen stark mit der Bereitschaft der Wirtschaft zusammen, Ladendetektive einzusetzen. Genau so verhält es sich mit dem Delikt „Leistungserschleichung“, hinter dem das Schwarzfahren in Bussen und Bahnen steckt. Viele Kontrollen bringen viele Taten – in der Regel mit dem Täter. So wird auch noch die Aufklärungsquote gepusht.

Hamburger Hauptbahnhof und St. Georg: In einigen Bereichen ist selbst Raub ein „Kontrolldelikt“

Selbst bei den Raubdelikten, ein Verbrechen, bei dem man davon ausgehen kann, dass es angezeigt wird, beeinflusst in Hamburg die Arbeit der Polizei das Fallaufkommen. Durch die verstärkte Präsenz auf der Straße in St. Georg werden Taten bekannt, die im Obdachlosen- und Drogenmilieu untereinander begangen wurden. Im Normalfall wären diese Taten vermutlich nicht angezeigt worden. So ist auch die Zahl der Raubdelikte im ersten Halbjahr 2024 um 20,1 Prozent auf 1205 Fälle im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen.

St. Georg und St. Pauli sind Treiber der Raubkriminalität

Auffallend ist der hohe Anstieg der Taten, die im öffentlichen Raum begangen wurde. Das Wachstum dieser Fälle entspricht ziemlich genau der Zahl von Taten, die die Steigerung aller Raubtaten ausmacht. Polizeiintern wird geschätzt, dass um die 20 Prozent der in diesem Jahr erfassten Raubtaten ohne die neue Präsenz in St. Georg nie angezeigt worden wäre. Dazu passen die Zahlen. Im Bereich St. Georg hat sich die Zahl der anzeigen wegen Raubtaten im öffentlichen Raum auf 228 nahezu verdoppelt. Die zweite auffallende Steigerung gab es auf St. Pauli, wo die Zahl der erfassten Taten um 40,4 Prozent auf 125 Taten anstieg. Passend dazu gab es einen Anstieg bei den Widerstandsdelikten um 22 Prozent. Die Kontrollen in St. Georg bringen eben viel Konfliktpotenzial mit sich.

CDU weist auf Straßenraub und „nicht-deutsche Tatverdächtige“ hin

Die CDU beklagt mit Blick auf eine Anfrage an den rot-grünen Senat einen „besorgniserregenden Anstieg an Straßenraubdelikten“. Neben St. Georg und St. Pauli zeigten auch Altona, Eimsbüttel, Hamburg-Nord und Harburg eine signifikante Zunahme der Fallzahlen. „Unter den 522 ermittelten Tatverdächtigen besaßen über 60 Prozent keine deutsche Staatsangehörigkeit.“

CDU-Fraktionschef Dennis Thering sagte: „Anders als vom Innensenator (Andy Grote, die Red.) behauptet, beschränkt sich die Steigerung nicht allein auf das Obdachlosenmilieu rund um den Hauptbahnhof.“ Auch an anderen Orten als dem Hauptbahnhof brauche es mehr Polizeipräsenz auf den Straßen. Thering sagte: „Der hohe Anteil an nicht-deutschen Tatverdächtigen ist alarmierend. Es ist unerlässlich, dass bei all diesen Tätern umgehend alles dafür getan wird, dass sie unser Land nach Verbüßung der gerechten Strafe schnellstmöglich verlassen.“

Mehr zum Thema

Es gibt aber auch wirklich positive Entwicklungen. Die Zahl der „Straftaten gegen das Leben“, worunter vor allem Mord oder Totschlag fallen, ist signifikant gesunken. Bei den Totschlagsdelikten verzeichnet die Polizei einen Rückgang von 42,3 Prozent. Allerdings ist die absolute Zahl der Taten klein. Im ersten Halbjahr dieses Jahres wurden 15 Fälle erfasst.

Eine erfreuliche Entwicklung zeichnet sich bislang bei den Einbruchsdelikten ab, die in der Regel ebenfalls schnelle bearbeitet werden. Sowohl die Zahl der Wohnungseinbrüche ging um 10,9 Prozent oder 210 Taten zurück wie auch die Zahl der Einbrüche in Keller oder Böden (minus 26,3 Prozent oder 533 Fälle).