Hamburg. Beamte verfolgen ADFC-Mann und wollen ihn zwingen, den Radweg zu benutzen. Der wehrt sich und behält offenbar recht. Das sind die Regeln.
Da haben sich die Polizeibeamten offenbar den Falschen ausgesucht. Am Mittwoch stoppten drei Polizisten an der Helgoländer Allee einen Radfahrer und forderten ihn auf, statt der Straße den Radweg zu benutzen. Dabei handelte es sich allerdings nicht um irgendeinen Radfahrer, sondern ausgerechnet um den streitbaren Hamburger Sprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC), Dirk Lau. Und der wehrte sich. Nach seiner Aussage war Lau am Mittwochnachmittag in Richtung Millerntor unterwegs, als er gegen 17.30 von der Polizei angehalten wurde. Kurz danach schilderte er dem Abendblatt den Vorfall so:
„Eben wurde ich von der Polizei mit Blaulicht gestoppt, nachdem mir ein Beamter aus dem geöffneten Beifahrerfenster ‚Radweg!‘ zubrüllte. Als ich mit dem Kopf schüttelte und weiterfuhr, überholten sie mich und drängten mich an den Rand. Ich stieg ab und hob mein Rad auf den Bürgersteig. Drei Beamt/-innen kamen raus und wollten meinen Ausweis sehen. Als ich nach dem Grund der Kontrolle fragte, sagte der eine Beamte, dass ich nicht auf dem Radweg gefahren sei. Ich sagte, ich dürfe hier auf der Fahrbahn fahren. Als ich die andere Beamtin fragte, warum sie meinen Ausweis sehen wollte, sagte die ‚allgemeine Kontrolle‘.“
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Er habe den Kopf geschüttelt und gefragt, ob die Beamten nicht wüssten, „dass Fahrräder auf der Fahrbahn fahren müssten“, so Lau weiter. Nach der Ausweiskontrolle seien die Beamten wieder in den Wagen gestiegen und weitergefahren.
Hintergrund des Streits: Wie der ADFC hier erläutert, gibt es seit 1997 keine allgemeine Pflicht mehr, vorhandene Radwege auch zu benutzen. Radfahrer sind nur dann verpflichtet, auf dem Radweg zu fahren, wenn dieser durch die bekannten runden Schilder mit weißem Rad auf blauem Untergrund gekennzeichnet ist. In allen anderen Fällen können Radfahrer die Fahrbahn nutzen, auch wenn es einen Radweg gibt.
Der ADFC weist zudem darauf hin, dass auch ein benutzungspflichtiger Radweg wirklich benutzbar sein müsse. Sei er nicht verkehrssicher, weil zum Beispiel stark beschädigt oder durch Autos zugeparkt, müsse er trotz vorhandener Benutzungspflicht auch nicht benutzt werden. Nach Aussage von ADFC-Sprecher Lau gibt es an der Helgoländer Allee aber gar keine entsprechenden Schilder zur Benutzungspflicht, sodass die Nutzung des Radwegs dort nicht verpflichtend sei.
Polizei Hamburg: Beschwerdestelle nimmt Kontakt mit ADFC-Sprecher auf
Das Abendblatt hat natürlich bei der Polizei nachgefragt, wie sich der Vorfall aus Sicht der Beamten zugetragen hat und ob diese sich womöglich bei der rechtlichen Einschätzung geirrt hätten. Antwort der Pressestelle: „Lassen Sie sich versichert sein: Auch wir sind sehr an einer Aufklärung dieses Sachverhalts interessiert. Unsere Beschwerdestelle wird daher Kontakt zu Herrn Lau aufnehmen und auch die relevanten Erkenntnisse zum Einsatzgeschehen zusammentragen. Erst danach wird es mir möglich sein, Stellung zu nehmen. Hierfür bitte ich um Verständnis.“ Offenbar wurde die Abendblatt-Anfrage also als mittelbare Beschwerde des ADFC-Sprechers gewertet.
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Tatsächlich hat sich die Beschwerdestelle der Polizei mittlerweile an Dirk Lau gewandt. „Ich habe Ihre Beschwerde erfasst und der Leitung des örtlich zuständigen Polizeikommissariates 15 zukommen lassen“, schrieb diese an den ADFC-Sprecher. „Sie erhalten von dort eine schriftliche Antwort. Eine Prüfung des Sachverhalts für eine umfassende Beantwortung Ihrer Beschwerde wird eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen, daher bitte ich Sie um etwas Geduld.“